Der Einsatz von Folter ist in syrischen Gefängnissen weit verbreitet. Die internationale Gemeinschaft muss handeln. © (photo: Imran Uppal)
Der Einsatz von Folter ist in syrischen Gefängnissen weit verbreitet. Die internationale Gemeinschaft muss handeln. © (photo: Imran Uppal)

Syrien Überlebende schildern 31 Foltermethoden

14. März 2012
Zum Jahrestag der ersten Massenproteste in Syrien gibt Amnesty International den Opfern von Menschenrechtsverletzungen eine Stimme. In einem neuen Bericht beschreiben Überlebende die systematischen Foltermethoden, die Sicherheitskräfte, Militär und regierungstreue Banden anwenden.

Wer bei den Verhaftungswellen in Syrien festgenommen wurde, landet in einer Albtraum-Welt mit systematischer Folter. Dies belegen Schicksale, die Amnesty International am ersten Jahrestag des Beginns der Massenproteste veröffentlicht. Im neuen Bericht «I wanted to die» beschreiben Überlebende und Augenzeugen 31 Methoden, wie syrischen Sicherheitskräfte, Militär und regierungstreue Banden, so genannte «Shabiha», systematisch Folter gegen Demonstrantinnen und Demonstranten einsetzen.

Amnesty International hat festgestellt, dass in Syrien Folter und Misshandlungen von Inhaftierten einem bestimmten Muster folgen. Viele Opfer berichten, dass sie beim «Empfang» in den Haftzentren mit Stöcken, Gewehrkolben, Peitschen, Fäusten und Seilen zusammengeschlagen wurden.

Das grösste Risiko besteht jedoch während der Befragung. Verschiedene Überlebende erzählten davon, dass sie in einen Autoreifen gezwängt, aufgehängt und mit Stöcken und Kabeln misshandelt wurden. Bei einer anderen, häufig angewandten Foltermethode wird das Opfer an einem Haken oder Türrahmen mit Handfesseln aufgehängt, so dass die Zehenspitzen kaum den Boden berühren. Weit verbreitet sind Misshandlungen mit Elektroschocks und sexuelle Gewalt wie die Vergewaltigung-von Gefangenen.

ICC muss Verbrechen gegen die Menschlichkeit ahnden

«Die Aussagen von Folteropfern sind weitere Beweise für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien», erklärte Reto Rufer, Länderverantwortlicher der Schweizer Sektion von Amnesty International. «Wer in Syrien Folter anordnet oder anwendet, darf keinen Zweifel daran haben, dass er eines Tages vor Gericht gestellt werden wird.»

Die Menschenrechtsorganisation hat wiederholt gefordert, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Syrien tätig wird. Die politischen Kräfteverhältnisse, namentlich die Blockadehaltung von China und Russland, haben dies bisher verhindert.

«Da eine Überweisung an den ICC bisher gescheitert ist, fordert Amnesty International den Uno-Menschenrechtsrat auf, das Mandat der Untersuchungskommission für Syrien zu erweitern. Die Kapazitäten für Monitoring und Dokumentation müssen im Hinblick auf internationale Strafverfolgung erhöht werden», sagte Reto Rufer.

«Die internationale Gemeinschaft steht in der Verantwortung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch nationale Gerichte zu ahnden. Dringend nötig sind zudem internationale Ermittlungsteams, um die Chancen auf Verhaftungen zu erhöhen.»

Flüchtlingskontingente aufnehmen

Auch die Schweiz kann einen Beitrag leisten. Tausende von Syrerinnen und Syrern sind durch Repression und Gewalt zur Flucht in die Nachbarländer – insbesondere Libanon und Jordanien – gezwungen worden. Sie leben dort unter zum Teil schwierigen Bedingungen. «Amnesty International fordert daher die Schweizer Regierung auf, das Gesuch des Flüchtlingshilfswerks der Uno positiv zu beantworten und einem Flüchtlingskontingent zuzustimmen», erklärte Reto Rufer.