Amnesty International hat mit einem Arzt und einem Zivilschützer gesprochen und verfügt über Videoaufnahmen. Gestützt darauf muss - trotz einem Dementi der syrischen Regierung - davon ausgegangen werden, dass die syrische Armee am 16. März 2015 zwischen 9.15 und 11 Uhr bei zwei Angriffen mit Helikoptern insgesamt vier mit Chlorgas gefüllte Fässer auf die Orte Sermine und Qmainass in der Region Idlib abgeworfen hat.
Eine ganze Familie ausgelöscht
Unter den Opfern befanden sich wenige Kämpfer der "Freien Syrischen Armee". Bei der überwiegenden Mehrheit der Getöteten handelte es sich jedoch um Zivilpersonen, darunter auch Kinder. Bei einem der Angriffe wurde eine ganze Familie ausgelöscht, die sich im Untergeschoss des getroffenen Gebäudes aufgehalten hatte.
Der Zivilschützer, mit dem Amnesty sprechen konnte, berichtete darüber: "Der Geruch war schrecklich. Wir haben Leute evakuiert, als man uns sagte, dass im Untersgeschoss eine Familie wohnte. Drei von uns gingen die Treppe hinunter. ... Ich sah eine Frau auf der Treppe liegen. Sie war blau im Gesicht und atmete nicht. Wir brachten sie hinaus und eine Minute später ging das nächste Evakuationsteam hinein. Sie brachten den Vater, die Mutter und drei Babies hinaus, alle waren tot."
Nicht der erste Angriff mit Chemiewaffen
Im September 2013, nachdem durch den Einsatz von Sarin Hunderte getötet worden waren, verpflichtete sich der syrische Präsident Assad, sämtliche Chemiewaffen zerstören zu lassen. Im September 2014 indes fand eine Fact Finding Mission der OPCW (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons) überwältigende Hinweise darauf, dass Chemiewaffen im Norden Syriens weiterhin "systematisch und wiederholt" eingesetzt worden sind.
Der Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilpersonen ist ein Kriegsverbrechen. Die neuen Hinweise auf ihre Verwendung durch die syrischen Regierungskräfte müssen durch den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) untersucht werden.
Zur internationalen Medienmitteilung (englisch)