Chokri Belaïd, der Generalsekretär einer linksgerichteten Oppositionspartei und prononcierter Kritiker der islamistisch geführten Regierung, ist am 6. Februar 2013 vor seinem Haus erschossen worden. Bisher hat niemand die Verantwortung für den Mordanschlag - den ersten dieser Art in Tunesien - übernommen.
Zunehmende politische Gewalt
Allerdings fällt der Mord in eine Phase zunehmender Polarisierung in Tunesien: Mitglieder von Oppositionsparteien berichten zunehmend von Übergriffen und werfen den Behörden vor, nichts gegen die zunehmende politische Gewalt zu tun. So berichtete auch Chokri Belaïd wenige Tage vor seinem Tod davon, am Rande eines Parteitreffens Drohungen erhalten zu haben.
Kernpunkt unabhängige Justiz
Amnesty hat die Defizite in der Reform des Justiz- und Polizeiapparats seit dem Sturz von Präsident Ben Ali vor mehr als zwei Jahren mehrfach kritisiert. Der Mordanschlag gegen Chokri Belaïd muss ein Weckruf an die tunesischen Behörden sein: Der Aufbau einer unabhängigen und effektiven Justiz, in deren Arbeit Tunesierinnen und Tunesier Vertrauen haben, ist wichtiger denn je. Ein Beginn dafür muss die Untersuchung des Todes von Chokri Belaïd sein.
Pflicht zum Schutz der Meinungsfreiheit
Es ist die Pflicht der Regierung, die Meinungsäusserungsfreiheit aller zu schützen, auch und gerade derer, welche die von der Ennadha-Partei dominierte Regierung kritisieren. In diesem Zusammenhang fordert Amnesty International die Polizei auf, bei den Demonstrationen, welche im Anschluss an den Mordanschlag begonnen haben, Zurückhaltung zu üben.