An einer Mahnwache der Samstagsmütter (Archivbild) © Emre Orman
An einer Mahnwache der Samstagsmütter (Archivbild) © Emre Orman

URGENT ACTION Türkei – Briefaktion Galatasaray-Platz für alle «Samstagsmütter» öffnen!

UA 101/23-2 I Mitmachen bis 24. November 2025 I (UA Update vom: 24.05.2025) I AI-Index: EUR 44/9418/2025
Insgesamt 45 als «Samstagsmütter» bekannte Angehörige von Opfern des Verschwindenlassens in der Türkei, wurden am 14. März 2025 vom 2021 erhobenen Vorwurf der «Teilnahme an illegalen Versammlungen und Demonstrationen ohne Waffen und Nichtauflösung trotz wiederholter Aufforderung» freigesprochen. Die Strafverfolgung, die weithin als unbegründet und ungerecht angesehen wird, richtete sich gegen Personen, die im August 2018 festgenommen wurden, als sie sich friedlich auf dem Galatasaray-Platz versammelten, um ihre 700. Mahnwache zu begehen. Das Gerichtsurteil vom März bezieht sich auf zwei Urteile des Verfassungsgerichts aus den Jahren 2022 und 2023, in denen jeweils festgestellt wurde, dass das Recht auf friedliche Versammlung der antragstellenden Samstagsmütter/-leute verletzt worden war. Der Galatasaray-Platz muss auch wieder vollständig geöffnet und den «Samstagsmütter» und ihren Unterstützer*innen die Möglichkeit gegeben werden, ihre friedlichen wöchentlichen Mahnwachen ohne rechtswidrige Einschränkungen wieder aufzunehmen.

Der Innenminister sollte ohne weitere Verzögerung tätig werden, um den Galatasaray-Platz für die wöchentliche friedliche Mahnwache der Samstagsmütter/-leute ungehindert zu öffnen. Diese längst überfällige Entscheidung stünde im Einklang mit den beiden Urteilen des Verfassungsgerichts aus den Jahren 2022 und 2023 und den Freisprüchen von 45 Angeklagten im März 2025, die seit 2021 auf der Grundlage des Versammlungs- und Demonstrationsgesetzes (Gesetz Nr. 2911) angeklagt waren.

Obwohl die Gruppe seit November 2023 wieder auf den Galatasaray-Platz darf, stellen die rund um die Uhr präsenten Metallbarrieren und bewaffneten Polizist*innen sowie die willkürliche Begrenzung der Anzahl der Demonstrierenden auf 10 Personen pro Samstag und Mahnwache, weiterhin eine unrechtmässige Einschränkung des Rechts der als «Samstagsmütter» bekannten Gruppe auf friedliche Versammlung dar.

Die Pflicht aller Staaten, die verbindliche internationale Menschenrechtsverträge wie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, besteht darin, die Ausübung des Rechts auf friedliche Versammlung für alle ohne Diskriminierung zu gewährleisten. Für die Samstagsmütter/-leute und andere Gruppen, die sich friedlich versammeln wollen, ist der Galatasaray-Platz ein Ort von symbolischer Bedeutung und in den letzten 30 Jahren zum Synonym für die Gruppe geworden.

Seit 28 Jahren fordert die Gruppe mit Namen die «Samstagsmütter» Wahrheit und Gerechtigkeit für ihre Angehörigen, die in den 1980er- und 1990er-Jahren in Polizeigewahrsam Opfer des Verschwindenlassens wurden. Im Mai 1995 begann die Gruppe mit einer friedlichen wöchentlichen Mahnwache auf dem Galatasaray-Platz im Zentrum Istanbuls, um von den Behörden Informationen über das Schicksal ihrer Angehörigen zu fordern. Obwohl sie jede Woche willkürlich festgenommen und inhaftiert wurden, versammelten sie sich weiterhin auf dem Platz. Im März 1999 ging die Polizei schliesslich besonders scharf gegen die Demonstrierenden vor, mit dem Ziel, die friedlichen Mahnwachen in Zukunft zu verhindern. Nach einer Pause von zehn Jahren und weil es bei der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit für ihre «verschwundenen» Angehörigen keine Fortschritte gab, nahm die Gruppe im Januar 2009 ihre Mahnwachen auf dem Galatasaray-Platz wieder auf.

Immer wieder sind die «Samstagsmütter» wegen ihrer friedlichen Mahnwachen von der Polizei brutal angegriffen oder strafrechtlich verfolgt worden. Die türkischen Behörden haben nie eine angemessene Begründung für diese rechtswidrige Verweigerung der Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit geliefert.

Am 25. August 2018 setzte die Bereitschaftspolizei Tränengas und Wasserwerfer sowie exzessive Gewalt ein, um Hunderte Menschen zu vertreiben, die sich friedlich zur 700. Mahnwache versammelt hatten. Als Grund wurde angeführt, dass ein Verbot des Gouverneurs des Istanbuler Stadtteils Beyoğlu vorliege. Unter Einsatz exzessiver Gewalt wurden 47 Personen festgenommen. Gegen 46 von ihnen wurde im Jahr 2021 die Anklage erhoben, «sich trotz der wiederholten Aufforderung nicht entfernt» zu haben. Am 14. März 2025 wurden 45 von ihnen endlich freigesprochen; der Fall einer Person wurde aufgrund von Verfahrensverzögerungen getrennt behandelt.

Nach zwei positiven Urteilen des Verfassungsgerichts im November 2022 und März 2023 (Verfahren Nr. 2019/21721) und Verfahren Nr. Nr. 2020/7092 , in denen festgestellt wurde, dass das Recht der Antragsteller*innen auf Versammlungsfreiheit verletzt worden war und die Behörden dafür sorgen sollten, dass sich dieser Verstoss nicht wiederholt, versuchte die Gruppe seit Anfang April 2023 erneut, ihre Mahnwache friedlich abzuhalten, trotz wöchentlicher Festnahmen und übermässiger Gewaltanwendung durch die Polizei, die teilweise Folter oder Misshandlungen darstellten.

Im August 2023 wurde ein neues Strafverfahren gegen 20 Familienangehörige und andere Menschenrechtsverteidiger*innen eingeleitet, die am 10. Juni 2023 festgenommen worden waren, weil sie sich trotz wiederholter Aufforderung geweigert hatten, sich zu entfernen. Sie wurden 2024 freigesprochen.

Am 8. November 2023 antwortete Innenminister Ali Yerlikaya auf die Frage eines*r Abgeordneten der Opposition im Parlament: «Wir werden so schnell wie möglich eine Lösung finden.» In derselben Woche kam es zum ersten Mal seit Monaten nicht zu Festnahmen und Inhaftierungen. Seitdem ist eine begrenzte Mahnwache mit 10 Angehörigen in der Nähe des Galatasaray-Platzes erlaubt.

Die Samstagsmütter werden am 27. Mai 2025 den 30. Jahrestag ihrer Forderungen nach Aufklärung begehen.

Werden Sie aktiv:

Setzen Sie sich für die «Samstagsmütter/Samstagsleute» ein: Senden Sie einen Appellbrief
– per E-Mail oder Post und posten Sie auch in den sozialen Medien (Facebook, X/Twitter, Instagram) – an die unter ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE angegebene(n) Zielperson(en) und Kontakte.

Frist zum Mitmachen: 24. November 2025.
Schreiben Sie in Türkisch, Englisch oder in Ihrer eigenen Sprache.

Bitte setzen Sie noch Ihren Namen (oder Initialen) an das Ende der Nachricht. Sie können die Nachricht gerne auch noch anpassen und z.B. den Namen und die Forderungen hervorheben. 

Um zu verhindern, dass die Mails im Spam landen, ist es ratsam, den Betreff zu verändern.

Sehr geehrter Herr Innenminister

Insgesamt 45 als «Samstagsmütter» bekannte Angehörige von Opfern des Verschwindenlassens in der Türkei, wurden am 14. März 2025 vor dem 2021 erhobenen Vorwurf der «Teilnahme an illegalen Versammlungen und Demonstrationen ohne Waffen und Nichtauflösung trotz wiederholter Aufforderung» freigesprochen. Die Strafverfolgung, die weithin als unbegründet und ungerecht angesehen wird, richtete sich gegen Personen, die im August 2018 festgenommen wurden, als sie sich friedlich auf dem Galatasaray-Platz versammelten, um ihre 700. Mahnwache zu begehen. Das Gerichtsurteil vom März bezieht sich auf zwei Urteile des Verfassungsgerichts aus den Jahren 2022 und 2023, in denen jeweils festgestellt wurde, dass das Recht auf friedliche Versammlung der antragstellenden Samstagsmütter/-leute verletzt worden war.

Ich fordere Sie deshalb auf, das Recht der Samstagsmütter/-leute auf friedliche Versammlung zu gewährleisten, den Platz zu öffnen und alle bestehenden Einschränkungen sofort aufzuheben.

Hochachtungsvoll,
 

Dear Minister,

I am writing to call on you to intervene, without further delay, to fully open Galatasaray Square to Saturday Mothers/People’s weekly peaceful vigil. This long overdue decision would be in line with the two Constitutional Court rulings in 2022 and 2023 and the acquittals in March 2025 of 45 defendants who have been prosecuted under the Law on Meetings and Demonstrations since 2021.

While the group has been able to return to Galatasaray Square since November 2023, the round the clock presence of metal barriers and armed police, and the arbitrary limit on the numbers of protesters to 10 people allowed to gather each Saturday, continue to represent an unlawful restriction to Saturday Mothers/People’s enjoyment of their right to peaceful assembly.

The positive duty of all states party to binding international human rights treaties such as the International Covenant on Civil and Political Rights and the European Convention on Human Rights is to ensure the exercise of the right to peaceful assembly of all without discrimination. In the case of Saturday Mothers/People and all those who wish to assemble peacefully, Galatasaray Square is a location of symbolic importance that has become synonymous with the group over the last 30 years.

I call on you to ensure the Saturday Mothers/People’s right to peaceful assembly, open up the Square and lift all the current restrictions immediately.

Yours sincerely,
 

X/Twitter: @AliYerlikaya
Instagram: @aliyerlikaya
Facebook: https://www.facebook.com/yerlikayaali34/

Suggested message:

Dear Minister, after the two binding Constitutional Court rulings which found that the rights to peaceful assembly of Saturday Mothers/People @cmrtesianneleri has been violated, their unfair prosecution has also

ended with their acquittal in March 2025. We call on you to lift the barriers on Galatasaray Square permanently immediately so they can freely gather to call for justice for their disappeared loved ones. [Link to UA]

@CmrtesiAnneleri


 

Minister of Interior
Ali Yerlikaya
T.C. İçişleri Bakanlığı
Bakanlıklar/ANKARA
Türkiye
E-Mail: [email protected] oder [email protected]


KOPIEN AN

Botschaft der Republik Türkei
Lombachweg 33
Postfach 34
3000 Bern 15
Fax: 031 352 88 19
E-Mail: [email protected]



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DRUCKFERTIGE MODELLBRIEFE:
•  MODELLBRIEF DEUTSCH 101/23-2 (WORD)
•  MODEL LETTER ENGLISH 101/23-2 (WORD)

DIESE URGENT ACTION – KOMPLETT ALS WORD-DATEI:
(Seite 1 Hintergrundinformationen, Seite 2 Modellbrief)
•  UA 101/23-2 – DEUTSCH
•  UA 101/23-2 – ENGLISH
 

Versandmöglichkeiten und Zielperson(en) siehe: ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE
Verwenden Sie unsere Briefvorschläge oder schreiben Sie in Ihren Worten.
Portokosten für Briefversand: Europa = CHF 1.90 / alle übrigen Länder = CHF 2.50
Weitere Informationen zum Mitmachen bei den Urgent Actions finden Sie hier
 


English version (click on title to open):

On 14 March 2025, 45 individuals, including relatives of victims of enforced disappearances in Türkiye who had faced prosecution since 2021 under the Law on Meetings and Demonstrations (Law No. 2911), were acquitted of the charge of «attending illegal meetings and marches without weapons and not dispersing despite warnings». The prosecution, widely regarded as baseless and unjust, targeted individuals detained in August 2018 while peacefully gathering in Galatasaray Square to mark the 700th week of their vigil. The court’s ruling follows two separate Constitutional Court decisions in 2022 and 2023, both of which found that the applicants’ rights to freedom of peaceful assembly had been violated. It is now time to fully reopen Galatasaray Square and allow the Saturday Mothers/People to resume their weekly peaceful vigils without unlawful interference.

For the past 28 years, the Saturday Mothers/People have tirelessly sought truth and justice for their loved ones who forcibly disappeared in police custody in Türkiye during the 1980s and 1990s. Since May 1995, they have held peaceful weekly vigils in Galatasaray Square in central Istanbul, demanding accountability from the authorities. Despite repeated detentions, the group continued their gatherings until March 1999, when police repression forced them to pause. After a ten-year gap, with no progress on their demands, they resumed the vigils in January 2009.

Over the years, the Saturday Mothers/People have repeatedly faced police violence, detentions, and even prosecutions for exercising their rights to freedom of expression and peaceful assembly, rights that Turkish authorities have consistently failed to uphold.

On 25 August 2018, during their 700th weekly vigil, riot police used tear gas, water cannons, and excessive force to disperse hundreds of peaceful demonstrators, citing a ban by the Beyoğlu district governor. Forty-seven people were detained, and in 2021, 46 were indicted for «refusing to disperse despite warnings». On 14 March 2025, 45 of them were acquitted; the case of one individual was separated due to procedural delays.

Following two Constitutional Court rulings in November 2022 and March 2023, both affirming that the group’s right to peaceful assembly had been violated and that authorities must prevent future violations, the group resumed their vigils between April and November 2023. Despite this legal backing, they faced weekly detentions and police violence, sometimes amounting to torture or other ill-treatment.

In August 2023, another prosecution was launched against 20 individuals, including relatives of the disappeared and human rights defenders, who were detained during the 10 June vigil. They were acquitted in 2024.

On 8 November 2023, in response to a parliamentary question, Interior Minister Ali Yerlikaya acknowledged the group’s victimization, stating, «We will find a solution as soon as possible». That week, for the first time in months, no detentions occurred. Since then, a limited vigil with 10 relatives has been permitted near Galatasaray Square, a practice that continues.

The Saturday Mothers/People will mark the 30th anniversary of their struggle on 27 May 2025.


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