Reza (Gholamreza) Rasaei gehört der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an. Ihm droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten unter dem Slogan «Frau Leben Freiheit», die zwischen September und Dezember 2022 stattfanden, die Hinrichtung. Er hat alle rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung seiner Hinrichtung ausgeschöpft. Sein Todesurteil wurde bereits an die Vollstreckungsbehörde geschickt. Er kann daher jederzeit hingerichtet werden. In einem Urteil vom 7. Oktober 2023 wurde er von der Abteilung 2 des Strafgerichts 1 in der Provinz Kermanschah wegen «Mordes» schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Dem Urteil zufolge soll er am 18. November 2022 bei einer Demonstration in Sahneh in der Provinz Kermanschah an der Tötung eines Geheimdienstmitarbeiters beteiligt gewesen sein, der von den iranischen Staatsmedien als Angehöriger der Revolutionsgarden identifiziert wurde. Am 16. Dezember 2023 bestätigte die Abteilung 17 des Obersten Gerichtshofs das Todesurteil. Am 16. Januar 2024 wies die Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs seinen Antrag auf erneute gerichtliche Überprüfung ab. Sowohl die Abteilung 17 als auch die Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs liessen entlastendes Beweismaterial ausser Acht, darunter wichtige Zeugenaussagen und die Nachweise seines Rechtsbeistands über fehlerhafte Ermittlungen und Nichtberücksichtigung forensischer und anderer Beweise. Diese Nachweise hoben u. a. hervor, dass einer der Hauptzeugen seine ursprüngliche Aussage, in der er Reza Rasaei mit dem Tod des Geheimdienstmitarbeiters in Verbindung brachte, später wieder zurückzog und angab, sie unter Folter gemacht zu haben.
Reza Rasaei hat wiederholt jegliche Beteiligung am Tod des Sicherheitsbeamten bestritten und auch im Prozess erklärt, dass seine «Geständnisse» durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen wurden, als er ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand in Einzelhaft festgehalten wurde. Die Behörden haben die Rechte von Reza Rasaei auf ein faires Verfahren verletzt, darunter das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand ab dem Zeitpunkt der Festnahme, das Recht, die Rechtmässigkeit seiner Inhaftierung anzufechten, das Recht, sich nicht selbst zu belasten und vor ein unabhängiges, kompetentes und unparteiisches Gericht gestellt zu werden, sowie das Recht auf eine sinnvolle Überprüfung des Urteils durch ein höherinstanzliches Gericht.
Reza Rasaei wurde im November 2022 festgenommen und fiel laut einer gut informierten Quelle vier Monate lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. Während dieser Zeit soll er bei den Verhören gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ein «Geständnis» zu erzwingen, unter anderem durch Elektroschocks, das Erzeugen von Erstickungsängsten durch eine Plastiktüte über dem Kopf, das Aufhängen an den Gliedmassen, Prügel und sexualisierte Gewalt. Reza Rasaei hat seit seiner Festnahme keinen Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, auch nicht zur Behandlung seiner folterbedingten Verletzungen wie gebrochene Finger und Zehen, weshalb er möglicherweise permanente Schäden davontragen wird. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden keine Ermittlungen zu seinen Foltervorwürfen durchgeführt.
Von September bis Dezember 2022 kam es im gesamten Land zu beispiellosen Unruhen gegen das System der Islamischen Republik, ausgelöst durch den Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022, wenige Tage nach ihrer willkürlichen Festnahme durch die iranische «Sittenpolizei». Die Sicherheitskräfte machten umfassenden und rechtswidrigen Gebrauch von scharfer Munition, Metallkugeln und Tränengas und gingen mit schweren Schlägen gegen Demonstrierende vor. Hunderte Demonstrierende und unbeteiligte Dritte, darunter auch Minderjährige, wurden rechtswidrig von Sicherheitskräften getötet. Bisher wurden im Iran neun Menschen im Zusammenhang mit den Protesten unter dem Slogan «Frau Leben Freiheit» willkürlich hingerichtet, nachdem sie in äusserst unfairen, von Foltervorwürfen geprägten Verfahren zum Tode verurteilt worden waren.
Reza Rasaei wurde am 24. November 2022 in Schahriyar in der Provinz Teheran festgenommen, nachdem er am 18. November an einer alljährlichen Gedenkfeier in Sahneh teilgenommen hatte, bei der einem geistlichen Oberhaupt der Yaresan gedacht wurde. Die Gedenkfeier entwickelte sich zu einer Protestkundgebung, bei der u. a. Wahrheit und Gerechtigkeit für die rechtswidrige Tötung von Kian Pirfalak zwei Tage zuvor durch Sicherheitskräfte in Izeh (Provinz Chuzestan) im Rahmen der Protestbewegung „Frau Leben Freiheit“ gefordert wurde. Während der Proteste in Sahneh am 18. November 2022 wurde ein Geheimdienstmitarbeiter der Revolutionsgarden durch mehrere Messerstiche getötet. Die Behörden geben Reza Rasaei und mehreren anderen Personen die Schuld an dem Mord, was Reza Rasaei stets von sich gewiesen hat.
Ethnische und religiöse Minderheiten – zu denen auch die Yaresan gehören – werden im Iran in Gesetz und Praxis stark diskriminiert. So schränken die iranischen Behörden z. B. ihren Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Adoption, Gebetsstätten und politischen Ämtern ein.
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7. August 2024, Traurige News:
Reza Rasaei im Geheimen hingerichtet
Reza (Gholamreza) Rasaei wurde am Morgen des 6. August hingerichtet. Weder er selbst noch seine Familie oder sein Rechtsbeistand wurden vorher über die geplante Vollstreckung des Todesurteils informiert.