Nach seiner Freilassung am 7. März kehrte Daouda Diallo nach Hause zurück. Er bedankte sich bei seinen Unterstützer*innen: «Ich möchte Amnesty International und all jenen danken, die meine Freilassung gefordert haben. Ihr Einsatz war ein Lichtblick in meiner einsamen Tortur und eine Erinnerung daran, dass ich nicht allein war. Lasst uns auch weiterhin gemeinsam für die Verteidigung der Grundsätze von Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller kämpfen. Ich freue mich heute, nach diesen drei Monaten wieder zurück bei meiner Familie, meinen Mitstreiter*innen und meinen Kolleg*innen zu sein, und ich freue mich darauf, die guten Momente nachzuholen, die uns gestohlen wurden!»
Anfang November 2023 hatten Daouda Diallo und mehrere Vertreter der Zivilgesellschaft und der Medien – darunter Aktivisten, Journalisten und Gewerkschafter – eine Einberufung in die Armee erhalten, angeblich um an Sicherheitsmassnahmen teilzunehmen. Amnesty International geht jedoch davon aus, dass die Einberufungen dazu dienten, die Organisatoren einer für den 30. Oktober geplanten und später wieder abgesagten Sitzblockade zu sanktionieren. In einer öffentlichen Stellungnahme focht Daouda Diallo die Rechtsgrundlage für die Einberufung an und betonte sein Recht auf eine von der Regierung abweichende Meinung. Als der Menschenrechtsverteidiger am 1. Dezember seinen Pass verlängern lassen wollte, wurde er von Sicherheitskräften in Zivil aus der Passbehörde entführt. Nach Angaben der Koalition gegen Straflosigkeit und die Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen (Coalition Against Impunity and Community Stigmatization, CISC), deren Generalsekretär Daouda Diallo ist, wurde er in ein Fahrzeug gezwungen und an einen unbekannten Ort gebracht. Drei Tage später kursierte in den Sozialen Medien ein Foto, das ihn in Militäruniform und bewaffnet zeigt. Während im Februar 2024 weitere Bilder und Videos von ihm und anderen Eingezogenen kursierten, die sie bei Militärübungen zeigten, hat sich die Regierung nie über seinen Aufenthaltsort und die rechtlichen Einwände gegen seine Einberufung geäussert. Am 6. Dezember 2023 entschied das Verwaltungsgericht in Ouagadougou, dass die Einberufungsbefehle nicht rechtmässig seien und ordnete ihre Aussetzung an. Das Gericht ordnete ausserdem an, dass die Armee solche Einberufungen ab sofort unterlassen solle. Trotzdem setzen die bur-kinischen Behörden immer noch gezielte Rekrutierungen ein, um Kritiker zu unterdrücken und Menschenrechtsverteidiger und zivilgesellschaftliche Organisationen zu schikanieren.
Andere bekannte zivilgesellschaftliche Aktivisten bleiben weiterhin «verschwunden», wahrscheinlich wurden sie Anfang 2024 zwangsrekrutiert. Unter ihnen sind die drei Mitglieder der Bewegung Balai Citoyen Rasmane Zinaba, Bassirou Badjo und Me Guy-Hervé Kam.
Amnesty International wird die Situation von Daouda Diallo und den anderen Aktivisten sowie Entwicklungen im Zusammenhang mit den Einberufungen zum Militärdienst weiterhin beobachten.
Vielen Dank allen, die sich für die Freilassung von Daouda Diallo eingesetzt haben. Weitere Appelle sind nicht erforderlich.
Die Hintergrundinfos der ursprünglichen Urgent Action vom 8. Dezember 2023:
Am 1. Dezember wurde Dr. Daouda Diallo, Generalsekretär einer Koalition gegen Straflosigkeit und die Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen (CISC), von Sicherheitskräften in Zivil entführt, als er in der Passbehörde in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, seinen Pass erneuern wollte. Er wurde an einen unbekannten Ort gebracht. Drei Tage später kursierte in den Sozialen Medien ein Foto, das ihn in Militäruniform und bewaffnet zeigt. Hintergrund ist, dass die nationalen Behörden ein Dekret vom April 2023 über die Generalmobilmachung zur Bekämpfung bewaffneter Gruppen einsetzen, um Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen. Anfang November erhielt auch Daouda Diallo eine Einberufung zum Militärdienst.
Der Menschenrechtsverteidiger Daouda Diallo kam nicht mehr dazu, seinen Pass verlängern zu lassen. Er wurde am 1. Dezember von Sicherheitskräften aus der Passbehörde entführt. Nach Angaben der Koalition gegen Straflosigkeit und die Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen (CISC) wurde er in ein Fahrzeug gezwungen und an einen unbekannten Ort gebracht. Über sein Schicksal und seinen Verbleib ist, abgesehen von einem Foto in Militäruniform, nichts bekannt.
Anfang November hatten Daouda Diallo und mehrere Vertreter der Zivilgesellschaft und der Medien – darunter Aktivisten, Journalisten und Gewerkschafter – eine Einberufung in die Armee erhalten, angeblich um an Sicherheitsmassnahmen teilzunehmen. Amnesty International geht jedoch davon aus, dass die Einberufungen dazu dienten, die Organisatoren einer für den 30. Oktober 2023 geplanten und später wieder abgesagten Sitzblockade zu sanktionieren. Die Blockade sollte an den Sturz der Regierung von Blaise Compaoré 2014 erinnern, doch musste sie auf Druck der Regierung wieder abgesagt werden. Einige Tage später wurde vielen Vorsitzenden der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die die Blockade geplant hatten, mitgeteilt, dass sie auf einer Liste von Personen des öffentlichen Lebens stünden, die in die Armee eingezogen werden sollen.
Die Liste für die Einberufung dieser Personen des öffentlichen Lebens wurde nie veröffentlicht und Daouda Diallo hat zu keiner Zeit einen formalen Einberufungsbefehl erhalten. In einer öffentlichen Stellungnahme focht Daouda Diallo die Rechtsgrundlage für die Einberufung an und betonte sein Recht auf eine von der Regierung abweichende Meinung. Am 20. November gestattete ein Verwaltungsgericht in Ouagadougou die Gründe der Einberufung von vier Betroffenen vor einem anderen Gericht prüfen zu lassen, lehnte es aber ab, ihre Einberufung bis zu dessen Entscheidung auszusetzen. Bei den vier Personen handelt es sich um den Journalisten Issiaka Lingani und um Gabin Korbéogo, Generalsekretär der Organisation Démocratique de la Jeunesse, sowie um zwei Mitglieder der Bewegung Balai Citoyen, Rasmane Zinaba und Bassirou Badjo. Am 6. Dezember entschied das höherinstanzliche Verwaltungsgericht in Ouagadougou, dass die Einberufungsbefehle nicht rechtmässig seien und ordnete ihre Aussetzung an. Das Gericht ordnete ausserdem an, dass die Armee solche Einberufungen ab sofort unterlassen solle.
Daouda Diallo ist Generalsekretär der Koalition gegen Straflosigkeit und die Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen (Coalition Against Impunity and Community Stigmatization, CISC), die sich nach den Tötungen in Yirgou im Januar 2019 gründete. Damals wurden mindestens 43 Menschen bei Angriffen einer bewaffneten «Selbstverteidigungsgruppe» namens Koglweogo getötet, die häufig an der Seite des Militärs von Burkina Faso operiert. Diese Tötungen lösten eine humanitäre Krise in Burkina Faso aus, Tausende von Überlebenden flohen aus ihren Dörfern und suchten Schutz in den Flüchtlingslagern von Barsalogho und Kaya. Die CISC entstand zunächst als informelle Gruppe, die Überlebende unterstützte und Gerechtigkeit forderte, und etablierte sich später als zivilgesellschaftliche Organisation.
Im Jahr 2022 wurde Daouda Diallo mit dem Martin-Ennals-Preis für Menschenrechtsverteidiger*innen ausgezeichnet.
Seit April 2023 gibt das Dekret «über die allgemeine Mobilmachung und Sicherung» den Behörden das «Recht, Personen, Güter und Dienstleistungen anzufordern, das Recht, die Versorgungsressourcen zu kontrollieren und zuzuteilen und zu diesem Zweck natürlichen oder juristischen Personen die erforderlichen Beschränkungen aufzuerlegen; das Recht, zum Zwecke der Landesverteidigung jede Person (...) vorzuladen». Alle Burkinabè ab 18 Jahren können nun eingezogen werden, wenn sie körperlich fit sind und die zuständigen Behörden Bedarf anmelden.
Das Dekret über die Generalmobilmachung wird eingesetzt, um Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und anderen Aktivisten der Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen. Dabei ignorieren die Behörden gesetzliche Bestimmungen, die Einspruchsmöglichkeiten vorsehen. Dieses repressive Vorgehen gegen Kritiker begann bereits vor Erlass des Dekrets in Form von Zwangsrekrutierungen in die bewaffnete «Selbstverteidigungsgruppe» Freiwillige zur Verteidigung des Vaterlandes (VDP), die von der Regierung zur Bekämpfung bewaffneter Gruppen gegründet wurde.
Nur einen Monat vor der Verabschiedung des Dekrets wurde Boukaré Ouedraogo, Präsident der zivilgesellschaftlichen Organisation «Appel de Kaya», trotz seiner Sehbehinderung vom Militär in den VDP zwangsrekrutiert. Eine Woche zuvor hatte er die Regierung für den Mangel an Trinkwasser in der Stadt Kaya und für ihre schlechte Reaktion auf die Sicherheitslage kritisiert. In einer Rede während eines Besuchs in Kaya im März 2023 spielte Präsident Traoré auf die Situation von Boukaré Ouedraogo an, beschuldigte ihn, einen «sensiblen Punkt» öffentlich gemacht zu haben, der bei Angriffen den Tod von Soldaten zur Folge gehabt habe, und drohte bei derselben Gelegenheit allen Mitgliedern von Organisationen der Zivilgesellschaft mit der Zwangsrekrutierung in die VDP, falls sie sich öffentlich kritisch gegenüber den Behörden äussern sollten.
Im September 2023 wurde Dr. Arouna Louré, ein Anästhesist und ehemaliges Mitglied des Nationalen Übergangsrates (ein gemäss der Übergangscharta eingerichtetes legislatives Übergangsgremium), ebenfalls für einen Monat eingezogen und aus dem Krankenhaus, in dem er arbeitete, abgeholt. Einige Tage später wurden Fotos von ihm mit kahlgeschorenem Kopf und in Militäruniform in den Sozialen Medien veröffentlicht. Zivilisten ohne ihre Zustimmung einzuberufen und Fotos von ihnen zu machen, um sie in den Sozialen Medien zu verbreiten, ist eine Taktik, die auch im Fall von Boukaré Ouedraogo angewandt wurde. In einem Video ist zu sehen, wie er das Militärregime lobt.