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URGENT ACTION Briefaktion: Afghanistan / Abgeschlossene Aktion Vier Menschenrechtsverteidigerinnen freigelassen!

x UA 112/23-2 I Schlussinfo vom 3. Mai 2024 I I AI-Index: ASA 11/8013/2024
Die vier Menschenrechtsverteidigerinnen Zholia Parsi, Neda Parwani, Parisa Azada und Manizha Seddiqi sind frei! Sie waren mehrere Monate lang willkürlich im Gewahrsam der Taliban, weil sie gegen deren drastische Massnahmen protestiert hatten.

Die Taliban nahmen die vier prominenten Menschenrechtsverteidigerinnen Parisa Azada, Neda Parwani, Manizha Seddiqi und Zholia Parsi zwischen September und November 2023 willkürlich fest, allein weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung wahrgenommen hatten. Während der Haft hatten sie keinen Zugang zu Rechtsbeiständen oder regelmässigen Familienbesuchen und sie wurden keiner Straftat angeklagt. Ihnen drohten Folter und andere Misshandlungen. Auch Angehörige von Neda Parwani und Zholia Parsi waren festgenommen worden.

Amnesty International setzte sich seit November 2023 intensiv und auf vielfältige Weise für die Freilassung der vier Menschenrechtsverteidigerinnen ein. Die Organisation verbreitete die Urgent Action (UA) für die vier Inhaftierten über Social Media und andere Kanäle online und offline. Die UA-Teilnehmenden schickten einzeln oder als Gruppe zahlreiche Appellbriefe an die Leitung des Geheimdienstes der Taliban, in denen sie die Freilassung der Feministinnen forderten. Sie machten auf deren unrechtmässige Festnahme durch die Taliban, das Fehlen sämtlicher verfahrensrechtlicher Garantien sowie die anhaltende Verletzung ihres Rechts auf Freiheit aufmerksam. Während dieser Zeit erhielt Amnesty regelmässig Informationen von Familienmitgliedern, die sich derzeit ausserhalb Afghanistans aufhalten, über die Gefängnisbesuche von Angehörigen. Dabei betonten sie immer, wie wichtig der Einsatz für die Freilassung ihrer Lieben sei. Sie sind der Ansicht, dass es ohne den anhaltenden Druck auf die Taliban durch unseren gemeinsamen Einsatz nicht zu den Freilassungen gekommen wäre.

Die vier Menschenrechtsverteidigerinnen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen Dezember 2023 und April 2024 freigelassen. Zholia Parsi kam am 18. Dezember 2023 frei, Neda Parwani am 14. Dezember 2023, Parisa Azada am 27. Dezember 2023 und Manizha Seddiqi am 7. April 2024. Sie sind derzeit bei ihren engsten Familienangehörigen in Afghanistan.

Seit der Machtergreifung der Taliban in Kabul im August 2021 schränken die De-facto-Behörden in zunehmendem Masse die Rechte von Frauen und Mädchen ein und verbieten ihnen die Teilhabe an Politik und öffentlichem Leben. Durch die von den De-facto-Behörden eingeführten Massnahmen werden die Rechte auf freie Meinungsäusserung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung sowie die Rechte auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung beschnitten. Trotz alledem haben Frauen in mehreren afghanischen Städten, darunter in Kabul, Faizabad, Herat und Masar-e Scharif (Mazar-i-Sharif), friedliche Demonstrationen veranstaltet.

Vielen Dank allen, die sich für die Freilassung der vier Feministinnen eingesetzt haben. Weitere Appelle sind nicht erforderlich.

The Taliban arbitrarily arrested and detained four prominent women human rights defenders (WHRDs) Parisa Azada, Neda Parwani, Zholia Parsi, and Manizha Seddiqi, between September and November 2023. These four WHRDs did not have access to lawyers or regular family visits while in detention and were at risk of torture and other forms of ill-treatment. They had not been charged with any offences. Neda and Zholia’s family members were also arrested.

From November 2023 we campaigned extensively for the release of these women human rights defenders in various ways. These efforts included sending individual and group letters to the Taliban’s General Directorate of Intelligence and promoting their Urgent Action on social media platforms. The aim was to raise questions about the Taliban’s unlawful arrest, the absence of due process in their cases, and the ongoing violation of these WHRDs’ right to freedom. Throughout this period, their family members, who are currently residing outside Afghanistan, provided us with regular updates regarding the family’s prison visits to these WHRDs and underscored the need for sustained actions for their release. The family members perceived these efforts as exerting strong pressure on the Taliban, and that their release would not have been possible without the sustained pressure created through our campaigning.

These four WHRDs and protestors were released on different dates between December 2023 to April 2024. Zholia Parsi was released on 18 December 2023, Neda Parwani on 14 December 2023, Parisa Azada on 27 December 2023, and Manizha Seddiqi on 7 April 2024. They are currently residing in Afghanistan with their immediate family members.

Since taking control of Kabul in August 2021, the Taliban de facto authorities have increasingly violated the rights of women and girls, prohibiting their political participation and involvement in public life. The policies adopted by the Taliban de facto authorities have cur-tailed the rights to freedom of expression, association, peaceful assembly, as well as the rights to equality and non-discrimination. Despite this, women have led peaceful protests against the Taliban in various Afghan cities, including Kabul, Faizabad, Herat, and Mazar-i-Sharif.

No further action is requested. Many thanks to all who sent appeals.

 

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Die Hintergrundinfos der Urgent Action vom 22. Januar 2024:

Seit der erneuten Machtergreifung der Taliban im August 2021 werden immer wieder Frauen*, die gegen die drastischen Massnahmen der Taliban protestieren, Opfer des Verschwindenlassens, willkürlich festgenommen und inhaftiert sowie gefoltert oder anderweitig misshandelt. Am 9. Oktober 2023 «verschwand» die Menschenrechtsverteidigerin Manizha Seddiqi, später wurde bekannt, dass sie sich im Gewahrsam der Taliban befand. Am 5. Dezember 2023 wurde sie in ein Gefängnis überstellt. Sie hatte bisher keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, darf keine regelmässigen Familienbesuche erhalten und ist in Gefahr, gefoltert oder misshandelt zu werden. Bislang ist keine Anklage gegen sie erhoben worden. Manizha Seddiqi muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Die bekannte Menschenrechtlerin Manizha Seddiqi wurde am 9. Oktober willkürlich in ihrem Zuhause festgenommen, allein weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung wahrgenommen hat. Sie war zu-nächst «verschwunden», später wurde bekannt, dass sie sich im Gewahrsam der Taliban befand. Manizha Seddiqi wurde am 5. Dezember 2023 ins Kabuler Pul-e Charkhi-Gefängnis verlegt.

Nach Erkenntnissen von Amnesty International werden Manizha Seddiqi Familienbesuche vorenthalten, und sie hat weder Zugang zu einem Rechtsbeistand noch zu der benötigten medizinischen Versorgung. Ihre Gesundheit verschlechtert sich zusehends.

Ausserdem ist zu befürchten, dass sie der Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt ist. Diese Sorge wird noch verstärkt angesichts der Informationen, die Amnesty International über Fälle von Inhaftierten in den Haftanstalten und Gefängnissen der Taliban vorliegen. Zwischen Januar 2022 und Juli 2023 berichtete die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (United Nations Assistance Mission in Afghanistan – UNAMA), dass die Hälfte der 1.600 in Taliban-Gefängnissen begangenen Menschenrechtsverletzungen Folter oder andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellten. Darüber hinaus werden Gefangene häufig unter unwürdigen Bedingungen und ohne Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung festgehalten.

Die Festnahme der Menschenrechtsverteidigerin verstösst gegen mehrere internationale Menschenrechtsabkommen wie z. B. den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Afghanistan gehört. Ausserdem stellt sie einen Verstoss gegen die Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung dar.

Manizha Seddiqi ist Mitglied der feministischen Organisation «Spontaneous Movement of Afghan Women». Etwa zur gleichen Zeit – zwischen September und November 2023 – nahmen die Taliban drei weitere prominente Menschenrechtsverteidigerinnen willkürlich fest: Parisa Azada, Neda Parwani und Zholia Parsi. Auch sie hatten keinen Zugang zu Rechtsbeiständen oder regelmässigen Familienbesuchen, während sie in Haft waren, und sie wurden keiner Straftat angeklagt. Während die drei wieder freigelassen wurden, ist Manizha Seddiqi weiter in Haft.

Seit der Machtergreifung der Taliban in Kabul im August 2021 schränken die De-facto-Behörden in zunehmendem Masse die Rechte von Frauen* und Mädchen ein und verbieten ihnen die Teilhabe an Politik und öffentlichem Leben. Durch die von den De-facto-Behörden eingeführten Massnahmen werden die Rechte auf freie Meinungsäusserung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung sowie die Rechte auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung beschnitten. Trotz alledem haben Frauen* in mehreren afghanischen Städten, darunter in Kabul, Faizabad, Herat und Masar-e Scharif (Mazar-i-Sharif), friedliche Demonstrationen veranstaltet.
Frauen*, die diese Demonstrationen organisiert oder daran teilgenommen haben, waren Gewalt, willkürlicher Festnahme und Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter und anderen Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Im August 2023 wurden mindestens acht Mitglieder der feministischen Organisation «Women’s National Unity and Solidarity Movement» festgenommen und mehrere Stunden lang inhaftiert, weil sie Demonstrationen organisiert hatten. Teilnehmerinnen von Demonstrationen werden von bewaffneten Taliban beschimpft, belästigt, eingeschüchtert und bedroht. Die Taliban sind den Demonstrierenden zahlenmässig weit überlegen und vernichten oder konfiszieren systematisch deren Transparente, Flugblätter und anderes Informationsmaterial. Auch einige Journalist*innen, die über diese Demonstrationen berichtet haben, wurden willkürlich festgenommen und misshandelt. Die De-facto-Behörden der Taliban sind Frauen* auch im Anschluss von Demonstrationen gefolgt, um sie festzunehmen. Mehrere Frauen* wurden mit vorgehaltener Waffe in ihrem Zuhause oder in vermeintlich sicheren Unterkünften festgenommen, oft unter Anwendung von Gewalt. Bei den Festnahmen wurden auch einige männliche Verwandte dieser Frauen* von den Taliban brutal verprügelt. Die festgenommenen Frauen* wurden ohne Kontakt zur Aussenwelt inhaftiert und wiederholt gefoltert oder anderweitig misshandelt.

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5. Januar 2024: Weitere tolle Neuigkeit

Wir freuen uns, die grossartige Nachricht zu teilen, dass auch Parisa Azada freigelassen wurde. Die Einzige, die weiterhin in Haft ist, ist Manizha Seddiqi.

18. Dezember 2023: Weitere tolle Neuigkeiten

Wir freuen uns, die grossartige Nachricht mitzuteilen, dass auch Zholia Parsi und ihr Sohn von den Taliban freigelassen wurden. Allerdings liegen uns keine weiteren Informationen darüber vor, wie es ihr geht und über die Bedingungen ihrer Freilassung, daher werden wir die Situation weiterhin genau beobachten.

16. Dezember 2023: Tolle Neuigkeiten

Neda Parwani und ihr Mann wurden freigelassen! Tweet von Amnesty nach der Veröffentlichung