Pierina Nochetti wurde angeklagt, weil sie ein Graffiti mit der Frage «Wo ist Tehuel?» an eine öffentliche Wand gesprüht haben soll. Mit dieser Frage fordern Aktivist*innen im ganzen Land Gerechtigkeit. Sie steht im Zusammenhang mit einem 21-jährigen trans Mann, der im Jahr 2021 auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch «verschwand».
Pierina Nochetti ist Künstlerin, Erzieherin, Mutter von drei Kindern und die Hauptversorgerin der Familie. Sie ist auch Angestellte der Kommunalverwaltung, wo sie wegen ihres Engagements während der Pride Parade 2022 bereits mit administrativen Repressalien, einschliesslich Gehaltskürzungen, belegt wurde. Anscheinend wurde bisher niemand wegen der anderen Graffitis an der besprühten Wand angeklagt – auch nicht wegen der dort an-gebrachten Hassbotschaften. Dies lässt befürchten, dass Pierina Nochetti wegen ihres Engagements für die Rechte von LGBTI* sowie wegen ihrer Geschlechtsidentität und ihrer sexuellen Orientierung angeklagt wird. Pierina Nochetti ist aufgrund ihrer Identität stärker von Diskriminierung bedroht. Sie wird seit 2022 strafrechtlich verfolgt, und die ungerechtfertigte Verlängerung des Verfahrens hat schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Men-schenrechte, einschliesslich ihrer psychischen Gesundheit und ihrer Rechte auf friedlichen Protest und freie Meinungsäusserung.
Die internationalen Menschenrechtsnormen verlangen, dass Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäusserung eindeutig gesetzlich verankert und für ein legitimes Ziel notwendig und verhältnismässig sein müssen.
Pierina Nochetti ist Mutter von drei Kindern und die Hauptversorgerin der Familie. Sie bezeichnet sich selbst als offene Lesbe und LGBTI*-Aktivistin. Seit langem gehört sie der Gruppe an, die die Pride Parade in Necochea, einer Küstenstadt in der Provinz Buenos Aires, organisiert. Sie setzt sich seit Jahren für die Menschenrechte ein und für eine Welt, in der alle Personen ihre Menschenrechte frei und gleichberechtigt geniessen können.
Pierina Nochetti hat im Zusammenhang mit dem unaufgeklärten Verschwindenlassen des jungen trans Mannes Tehuel de la Torre die Forderung nach Gerechtigkeit unterstützt. Tehuels Familie führt diese Kampagne seit seinem Verschwinden gemeinsam mit transfeministischen und LGBTI*-Bewegungen sowie Menschenrechtsorganisationen. Tehuel de la Torre wurde zuletzt am 11. März 2021 gesehen, als er auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch war.
Die Kommunalverwaltung, bei der sie arbeitet, kürzte Pierina Nochetti bereits zehn Tage lang das Gehalt – offenbar, weil sie die Pride Parade mit organisiert. Danach hat die Kommunalverwaltung Strafanzeige wegen eines Graffitis erstattet, das sie gesprüht haben soll, und forderte die Einleitung rechtlicher Schritte gegen sie. Vor Beginn ihrer strafrechtlichen Verfolgung hatte sich Pierina Nochetti bei ihren Vorgesetzten beschwert: sie werde an ihrem Arbeitsplatz ungleich behandelt, möglicherweise aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität.
Argentinien ist Vertragsstaat verschiedener internationaler Abkommen, die das Recht auf freie Meinungsäusserung schützen, wie z. B. dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Amerikanischen Menschenrechtskonvention. Die internationalen Menschenrechtsnormen verlangen, dass Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäusserung eindeutig gesetzlich verankert und für ein legitimes Ziel notwendig und verhältnismässig sein müssen. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat ausgeführt, dass Strafen für Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit Protesten eng bemessen werden müssen, und festgelegt, dass Schäden «schwerwiegend» sein müssen, um strafrechtlich verfolgt zu werden, da sie andernfalls eine unangemessene Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellen würden.
In den vergangenen Jahrzehnten gab es in Argentinien viele Fortschritte beim Schutz der Rechte von LGBTI*, darunter die Gleichstellung hinsichtlich der Ehe, das Recht auf Geschlechtsidentität, das Recht auf eine Beschäftigungsquote für trans Personen im öffentlichen Dienst, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und das Recht auf umfassende Sexualerziehung. LGBTI*, vor allem trans und nicht-binäre Menschen, werden jedoch beim Zugang zu ihren Rechten in den Bereichen Gesundheit, Beschäftigung, Bildung sowie dem Recht auf ein Leben frei von Gewalt aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung stark diskriminiert. Im Jahr 2022 registrierte die Nationale Beobachtungsstelle für LGBTI*-Hassverbrechen in Argentinien 129 Hassverbrechen gegen Menschen aufgrund ihrer Identität, ihres Ausdrucks der Geschlechtlichkeit oder ihrer sexuellen Orientierung: 84% dieser Angriffe richteten sich gegen trans Frauen. 40 dieser 129 Straftaten waren tätliche Angriffe. Gewalt und Ausgrenzung sind noch weiterverbreitet, wenn sie intersektional betrachtet werden und LGBTI*-Aktivist*innen und -Verteidiger*innen einschliesst. Darüber hinaus sehen sich LGBTI* mit einer Zunahme von Hassreden konfrontiert, die sexuelle Vielfalt pathologisieren - auch von staatlicher Seite - was zu einem Anstieg von Hassverbrechen aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität führt.
Werden Sie aktiv:
Setzen Sie sich für Pierina Nochetti ein: Senden Sie einen Appellbrief – per E-Mail und/oder über die sozialen Medien – an die angegebene(n) Zielperson(en) sowie eine Kopie an die Botschaft.
→ Frist zum Mitmachen: 30. Oktober 2024.
→ Schreiben Sie in Spanisch oder in Ihrer eigenen Sprache.
Sehr geehrter Herr Staatsanwalt
Pierina Nochetti wurde angeklagt, weil sie ein Graffiti mit der Frage «Wo ist Tehuel?» an eine öffentliche Wand gesprüht haben soll. Mit dieser Frage fordern Aktivist*innen im ganzen Land Gerechtigkeit. Sie steht im Zusammenhang mit einem 21-jährigen trans Mann, der im Jahr 2021 auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch «verschwand».
Pierina Nochetti setzt sich für die Rechte von LGBTI* ein. Sie ist Angestellte der Kommunalverwaltung, wo sie wegen ihres Engagements während der Pride Parade 2022 bereits mit administrativen Repressalien, einschliesslich Gehaltskürzungen, belegt wurde. Anscheinend wurde bisher niemand wegen der anderen Graffitis an der besprühten Wand angeklagt – auch nicht wegen der dort angebrachten Hassbotschaften. Dies lässt befürchten, dass Pierina Nochetti wegen ihres Engagements für die Rechte von LGBTI* sowie wegen ihrer Geschlechtsidentität und ihrer sexuellen Orientierung angeklagt wird. Pierina Nochetti ist aufgrund ihrer Identität stärker von Diskriminierung bedroht. Sie wird seit 2022 strafrechtlich verfolgt, und die ungerechtfertigte Verlängerung des Verfahrens hat schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Menschenrechte, einschliesslich ihrer psychischen Gesundheit und ihrer Rechte auf friedlichen Protest und freie Meinungsäusserung.
Die internationalen Menschenrechtsnormen verlangen, dass Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäusserung eindeutig gesetzlich verankert und für ein legitimes Ziel notwendig und verhältnismässig sein müssen.
Ich fordere Sie höflich auf, die Anklage gegen Pierina Nochetti wegen «schwerer Sachbeschädigung» fallen zu lassen, da sie eine unnötige und unverhältnismässige Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäusserung zu sein scheint. Mit derartig schweren Anklagen auf die freie Meinungsäusserung von Menschenrechtsverteidiger*innen zu reagieren, sendet eine abschreckende Botschaft, die das Recht auf friedlichen Protest weiter einschränken könnte.
Hochachtungsvoll,Dear Head Prosecutor Jose Luis Cipolletti,
I am concerned over the prosecution of Pierina Nochetti for allegedly painting a graffiti in a public wall with the question «Where is Tehuel?». This question has been a wide call of a collective claim for justice in the disappearance of a 21-year-old trans man when he was on his way to a job interview in 2021.
Pierina is an artist, educator, mother, the main provider for her family, and an employee of the local government, where she had already faced administrative reprisals for her activism during the 2022 Pride Parade, including salary reduction. Since there seems to be no record of accusations for other paintings on the same wall, which include hateful messages, I fear she is targeted for her activism on LGBTI* rights, as well as for her gender identity, gender expression and sexual orientation. Pierina is at greater risk of discrimination due to her identity.
She is facing criminal prosecution since 2022 and the unjustified prolongation of it has a severe impact on her human rights, including their emotional wellbeing and on right to peaceful protest and freedom of expression.
International human rights law requires restrictions to the right to freedom of expression to be clearly established in law, and to be necessary and proportionate to a legitimate aim.
I call on you to drop the charge of «aggravated damage» against Pierina Nochetti as it appears to be an unnecessary and disproportionate restriction on the right to freedom of expression. Imposing such charges on human rights defenders for freely expressing themselves sends a chilling message that could further curtail the right to protest peacefully.
Yours sincerely,Señor fiscal titular Jose Luis Cipolletti:
Quiero transmitirle mi preocupación por que Pierina Nochetti esté siendo procesada por pintar presuntamente un grafiti en un muro público con la pregunta «¿Dónde está Tehuel?». Esta pregunta ha sido el llamamiento generalizado de una petición colectiva de justicia en el caso de una persona trans de 21 años que desapareció cuando se dirigía a una entrevista de trabajo en 2021.
Pierina es artista, educadora, madre, principal proveedora del sustento familiar y es, además, empleada del gobierno local, donde ya había sufrido represalias administrativas, incluida una reducción de salario, por su activismo durante la Marcha del Orgullo de 2022. Puesto que no parece haber registro de acusaciones por otras pintadas en ese mismo muro, incluidos mensajes de odio, me preocupa que Pierina está siendo objeto de esas actuaciones a causa de su activismo en favor de los derechos LGBTI+, así como por su identidad de género, su expresión de género y su orientación sexual. Pierina corre un mayor peligro de sufrir discriminación a causa de su identidad.
Pierina se enfrenta a un proceso penal desde 2022 y su prolongación injustificada tiene graves consecuencias en sus derechos humanos, incluido su bienestar emocional y en el derecho a la protesta pacífica y a la libertad de expresión.
El derecho internacional de los derechos humanos exige que las restricciones al derecho a la libertad de expresión estén claramente establecidas en la ley y que esas medidas sean necesarias y proporcionales a una finalidad legítima.
Le insto a que retire el cargo de «daño agravado» presentado contra Pierina Nochetti, ya que parece ser una restricción innecesaria y desproporcionada del derecho a la libertad de expresión. Imponer ese tipo de cargos a defensores y defensoras de los derechos humanos por expresarse libremente transmite un mensaje disuasorio que podría limitar aún más el derecho a la protesta pacífica.
Atentamente,
- Option 1:
Drop the charges against Pierina Nochetti, an LGBTI+ activist who is being prosecuted for painting graffiti in protest! The charges are unnecessary and disproportionate, and could deter other protests and expressions in #BuenosAires Province #Argentina #MPBA
- Option 2:
An LGBTI activist is being prosecuted, accused for painting a graffiti asking, "Where is #Tehuel?", demanding justice for the disappearance of a young trans man in 2021.
We urge the Prosecutor to drop the charges against Pierina Nochetti!
- Option 3:
Drop the charges against Pierina Nochetti and suspend the trial!
The #BuenosAires Prosecutor’s office must refrain from pursuing criminal cases that deter peaceful protest! #WhereisTehuel #LGBTIRights #HRD
- Option 4:
#FreePride for all! Drop the charges against Pierina Nochetti
We stand with criminalised #LGBT and #queer defenders worldwide, and urge #BuenosAires Prosecutor’s office to respect #freedomofexpression
Leitender Staatsanwalt:
José Luis Cipolletti,
Fiscal Titular de la UFI n°1, Departamental de Necochea, Ministerio Público Fiscal, Provincia de Buenos Aires
Avenida 75, 371, Necochea, PBA, CP: 7630, Argentina
E-Mail: [email protected]; [email protected]
KOPIE AN
Botschaft der Republik Argentinien
Jungfraustrasse 1
3005 Bern
E-Mail: [email protected]
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DRUCKFERTIGE MODELLBRIEFE:
• MODELLBRIEF DEUTSCH 003/24-1 (Word)
• MODEL LETTER ENGLISH 003/24-1 (Word)
• MODELO DE CARTA ESPAÑOL 003/24-1 (Word)
DIESE URGENT ACTION – KOMPLETT ALS WORD-DOKUMENT:
Seite 1 Hintergrundinformationen, Seite 2 Modellbrief
• UA 003/24-1 – DEUTSCH
• UA 003/24-1 – ENGLISH
→ Versandmöglichkeiten und Zielperson(en) siehe: ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE
→ Verwenden Sie unsere Briefvorschläge oder schreiben Sie in Ihren Worten.
→ Portokosten für Briefversand: Europa = CHF 1.90 / alle übrigen Länder = CHF 2.50
→ Weitere Informationen zum Mitmachen bei den Urgent Actions finden Sie hier
English version (click on title to open):
Pierina Nochetti, a lesbian human rights activist, faces criminal charges for allegedly painting graffiti protesting the disappearance of a young trans man in Necochea, Argentina. She can be sentenced of up to 4 years in prison. We call the prosecutor to drop the charges since they appear to be an unnecessary and disproportionate restriction on the right to freedom of expression.
Pierina Nochetti is a mother of three kids and the primary provider at home. She defines herself as a visible lesbian and an LGBTI* activist. For a long time, she has participated on the committee organising the Pride Parade in Necochea, a coast town in the Buenos Aires Province. Over the years, she has shown a commitment to human rights speaking up to build a world where people can enjoy their human rights freely and equally.
Pierina Nochetti has been amplifying calls for justice in the disappearance of a young trans man, Tehuel de la Torre. Tehuel's family, together with transfeminist and LGBTI* movements and human rights organisations, have led this campaign since his disappearance. Tehuel was last seen on 11 March 2021, when he was going to a job interview.
Pierina has already faced penalties involving a ten-day salary reduction at the local Government where she works. After that, they filed a criminal complaint on the graffiti and have promoted the legal action against her. This prosecution comes after Pierina spoke to her superiors about her unequal conditions and treatment at work potentially based on her sexual orientation and gender identity.
Argentina is a party to various international human rights treaties that protect the right to freedom of expression, including the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) and the American Convention on Human Rights. Under international human rights law, restrictions to the right to freedom of expression must be provided by law and be necessary and proportionate to a legitimate aim. The UN Human Rights Committee has clarified that penalties for damages to property in the context of protests need to be narrowly construed and has set a high threshold for considering pursuing cases only when damages are «serious» as they would otherwise constitute an undue restriction.
There has been much progress in protecting the rights of LGBTI* people in Argentina in the last decades, including equal marriage, the right to gender identity, the right to an employment quota for trans people in the public sector, the right to abortion and the right to comprehensive sexual education, among others. However, LGBTI* people, primarily trans and non-binary people, experience severe discrimination in accessing their rights to health, employment, education and the right to live free from violence based on their gender identity or sexual orientation. In 2023, the National Observatory of LGBT Hate Crimes registered 133 hate crimes in Argentina against people because of their identity, gender expression or sexual orientation: 84% of these attacks were against trans women. Of the total number of crimes, 40 were attacks against physical integrity. This violence and exclusion are more profound when analysed from an intersectional perspective, including LGBT* activists and defenders. In addition, LGBTI* people are facing a context of increasing speeches that incite hatred and that pathologize sexual diversity -even from government spheres- that enables a rise in hate crimes based on sexual orientation, gender identity and gender expression.
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