Vor ein paar Tagen konnte Manahel al-Otaibi ihrer Familie mitteilen, dass für den 25. Juni 2025 ein neuer Verhandlungstermin vor dem Sonderstrafgericht (SCC) angesetzt worden war. Das SCC wurde eingerichtet, um terrorismusbezogene Straftaten nach saudischem Recht zu verfolgen. Das Gericht führt grob unfaire Verfahren durch und verhängt jahrzehntelange Haftstrafen sowie Todesurteile für Menschen, die allein wegen ihrer Meinungsäusserung in Haft sind.
Am 9. Januar 2024 verurteilte das Sonderstrafgericht SCC Manahel al-Otaibi wegen «terroristischer Straftaten» zu elf Jahren Gefängnis, nachdem sie in einem Geheimverfahren gemäss der Paragrafen 43 und 44 des Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung für schuldig befunden worden war. Die Familie von Manahel al-Otaibi hat keinen Zugang zu ihren Gerichtsunterlagen oder den gegen sie vorgelegten Beweisen. Da die Behörden den Kontakt von Manahel al-Otaibi mit ihrer Familie einschränken und sie überwachen, konnte sie ihnen auch keine Einzelheiten über das Gerichtsverfahren mitteilen.
Manahel al-Otaibi war am 16. November 2022 festgenommen und wegen Verstosses gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität angeklagt worden, weil sie Hashtags zur Unterstützung der Frauenrechte getwittert und auf Snapchat Fotos von sich selbst in «unanständiger» Kleidung in einem Einkaufszentrum gepostet hatte. Sie war nicht nur monatelang Opfer des Verschwindenlassens, sondern wurde im al-Malaz-Gefängnis auch gefoltert und anderweitig misshandelt. Sie leidet an Multipler Sklerose, einer chronischen neurologischen Erkrankung. In einem Telefonat mit ihrer Familie am 11. Mai 2025 berichtete sie über starke Schmerzen in einem Bein. Sie erhält keine angemessene medizinische Versorgung.
Der Fall von Manahel al-Otaibi wurde zunächst vor dem Strafgericht in Riad verhandelt. Die Anschuldigungen gegen sie beruhen auf ihren Posts in den Sozialen Medien (z. B. #EndMaleGuardianship), die sich «gegen Vorschriften und Gesetze, die Frauen betreffen» richteten. Laut den von Amnesty International eingesehenen Gerichtsdokumenten wurde Manahel al-Otaibi angeklagt, auf ihrem Twitter-Account «Inhalte zu veröffentlichen und zu verbreiten, die das Begehen öffentlicher Sünden beinhalten und Einzelpersonen und Mädchen in der Gesellschaft dazu anstiften, religiöse Grundsätze und soziale Werte zu verleugnen und gegen die öffentliche Ordnung und die öffentliche Moral zu verstossen». Diese Anklagepunkte stellten einen Verstoss gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität dar. Am 23. Januar 2023 entschied der Strafgerichtshof, dass er für diesen Fall nicht zuständig sei, und verwies den Fall an das Sonderstrafgericht (SCC) in der Hauptstadt Riad. Das SCC ist dafür bekannt, vage Bestimmungen aus den Gesetzen zur Bekämpfung von Internetkriminalität und Terrorismus anzuwenden, in denen friedliche Äusserungen mit «Terrorismus» gleichgesetzt werden. Amnesty International hat dokumentiert, dass alle Phasen eines Gerichtsverfahrens vor dem SCC durch Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet sind. Seit 2018 haben die saudischen Behörden immer wieder willkürlich Frauenrechtsaktivistinnen inhaftiert, die sich für die Abschaffung des männlichen Vormundschaftssystems und für das Recht auf Autofahren einsetzen. Die inhaftierten Feministinnen sollen während der Verhöre sexuell belästigt, gefoltert und in anderer Weise misshandelt worden sein. Gegen die freigelassenen Personen wurde ein Reiseverbot verhängt, und ihr Recht auf freie Meinungsäusserung ist eingeschränkt.
Vor ihrem jüngsten Verschwindenlassen zwischen dem 15. Dezember 2024 und dem 15. März 2025 hatten die saudischen Behörden Manahel al-Otaibi bereits vom 5. November 2023 bis April 2024 über fünf Monate lang verschwinden lassen. Am 14. April 2024 konnte sie ihre Familie kontaktieren und ihr mitteilen, dass sie mit einem gebrochenen Bein in Isolationshaft im al-Malaz-Gefängnis festgehalten wird. Sie sei brutal geschlagen worden und habe keinen Zugang zu medizinischer Versorgung.
Nachdem sie einige Zeit später erneut einen Monat lang ohne Kontakt zur Aussenwelt in Haft gehalten worden war, konnte Manahel al-Otaibi im September 2024 endlich wieder Kontakt zu ihrer Familie aufnehmen. Sie berichtete, einen ganzen Monat lang in Einzelhaft gehalten worden und Schlägen durch Gefängniswärter*innen und Mitgefangene ausgesetzt gewesen zu sein. Sie erzählte ihrer Familie, dass sie gezwungen werde, Toiletten zu putzen, und dass die Gefängnisbehörden sie zwar kurzfristig aus der Einzelhaft entlassen hätten, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen, dass ihr aber die Rückkehr in die Einzelhaft drohe. Ihre Schwester Fawzia al-Otaibi sagte gegenüber Amnesty International, sie sei der Ansicht, dass der einzige Grund, warum Manahel al-Otaibi schliesslich ein Telefonat erlaubt wurde, der war, ihrer Familie die Botschaft zu übermitteln, sich nicht mehr öffentlich über ihre Inhaftierung zu äussern.
Die Multiple Sklerose entwickelte Manahel al-Otaibi nach Angaben ihrer Familie, nachdem sie der Festnahme ihrer älteren Schwester Mariam al-Otaibi beigewohnt hatte. Mariam al-Otaibi, eine prominente Menschenrechtsverteidigerin, die sich für die Abschaffung des männlichen Vormundschaftssystems einsetzt, wurde 2017 104 Tage lang inhaftiert, weil sie sich für die Rechte von Frauen stark gemacht hatte. Sie unterliegt weiterhin einem Reiseverbot und Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Die zweite Schwester von Manahel al-Otaibi, Fawzia al-Otaibi, wurde ebenfalls wegen ihres feministischen Engagements angeklagt.
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Setzen Sie sich für Manahel al-Otaibi ein: Senden Sie einen Appellbrief
– per Post oder E-Mail und posten Sie in den sozialen Medien – an die unter ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE angegebene(n) Zielperson(en) und Kontakte.
→ Frist zum Mitmachen: bis 12. Oktober 2025.
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Bitte setzen Sie noch Ihren Namen (oder Initialen) an das Ende der Nachricht. Sie können die Nachricht gerne auch noch anpassen und z.B. den Namen und die Forderungen hervorheben.
Um zu verhindern, dass die Mails im Spam landen, ist es ratsam, den Betreff zu verändern.
In den ADRESSEN finden Sie noch weitere Zielpersonen zum Anschreiben.
Unterschreiben Sie auch unsere Petition für Manahel:
Wir fordern Sie die Freilassung von Manahel al-Otaibi
Exzellenz
Die inhaftierte Fitness-Influencerin und Feministin Manahel al-Otaibi soll am 25. Juni erneut vor dem saudi-arabischen Sonderstrafgericht (SCC) erscheinen. Der Termin war wiederholt verschoben worden. Manahel al-Otaibi ist seit dem 16. November 2022 inhaftiert. Am 9. Januar 2024 verurteilte das Sonderstrafgericht sie wegen «terroristischer Straftaten» zu elf Jahren Haft. Sie stand anfangs wegen Verstosses gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität unter Anklage, weil sie sich in ihren Tweets für die Rechte von Frauen eingesetzt und Fotos von sich ohne Abaya in einem Einkaufszentrum auf Snapchat gepostet hatte. Die saudischen Behörden haben sie gefoltert, anderweitig misshandelt und über längere Zeiträume «verschwinden» lassen.
Ich fordere Sie auf zu veranlassen, dass Manahel al-Otaibi umgehend und bedingungslos freigelassen wird, da sie nur aufgrund der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäusserung verurteilt wurde.
Bis zu ihrer Freilassung muss ihr unverzüglich Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt werden, und ihre Folter- und Misshandlungsvorwürfe müssen unparteiisch untersucht werden.
Hochachtungsvoll,
Your Excellency,
I am deeply concerned about the continued arbitrary detention of fitness influencer and women’s rights activist Manahel al-Otaibi. In June 2025, Manahel al-Otaibi informed her family that she was scheduled to appear in front of the Specialized Criminal Court (SCC) for a new sentencing hearing. The SCC was set up to try terrorism-related crimes under Saudi law. Its judges have presided over grossly unfair trials and handed down decades-long prison sentences as well as the death penalty to people detained over their expression.
On 9 January 2024, the SCC sentenced Manahel al-Otaibi to 11 years in prison for «terrorist offences» after a secret trial where she was found guilty under articles 43 and 44 of the Kingdom’s Law for Combatting Terrorism and its Financing. Manahel al-Otaibi’s family have not had access to her court documents, or the evidence presented against her. The authorities restrict and monitor Manahel al-Otaibi’s communication with her family and therefore she has not been able to inform them of details of court proceedings.
Manahel al-Otaibi was arrested on 16 November 2022 and charged with violating the Anti-Cyber Crime Law for tweeting hashtags in support of women’s rights and posting photos on Snapchat of herself at the mall wearing «immodest» clothing. As well as being subjected to months-long periods of enforced disappearance Manahel al-Otaibi has also been subjected to torture and other ill-treatment in al-Malaz Prison. Manahel al-Otaibi suffers from multiple sclerosis, a chronic neurological disorder. In a phone call to her family on 11 May 2025, she reported severe pain in her leg and she said that she had not received adequate medical care.
I urge you to order the immediate and unconditional release of Manahel al-Otaibi, as she has been convicted solely for exercising her right to freedom of expression. Pending her release, she must be granted immediate access to medical care, and her allegations of torture and other ill-treatment must be impartially investigated.
Yours sincerely,
Twitter target: @MojKsa
Hashtags: #FreeManahel
Suggested messaging:
1/ URGENT: Arbitrarily detained women's rights activist Manahel al-Otaibi faces another trial hearing in front of Saudi Arabia's counter-terror court. She is serving 11 years in prison for promoting women's rights on social media. Demand her release!
2/ Manahel has been imprisoned since 16 Nov 2022. She was prosecuted on trumped up charges under the counter-terror law due to her tweets in support of women’s rights as well as posting photos of herself at the mall without an abaya (a traditional loose-fitting long-sleeved robe) on Snapchat.
3/ Saudi authorities have subjected Manahel to torture and other ill-treatment as well as enforced disappearance. Take urgent action now for her immediate release.
Justizminister:
Waleed Mohammed Al Smani
Minister of Justice
Postal Code 11472, P.O. Box 7775
Riyadh
Saudi Arabia
E-Mail: [email protected]
Zusätzliche Zielperson / Additional target:
Mohammed Bin Salman Al Saud
Premierminister, Kronprinz von Saudi-Arabien und De-facto-Herrscher des Landes.
Er ist in den sozialen Medien nicht präsent, kann aber hier erreicht werden:
E-Mail: [email protected]
Fax : 00966114803572
KOPIE AN
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
Kirchenfeldstrasse 64
3005 Bern
E-Mail (korrigiert!): [email protected]
• AkTuelle Dokumente
DRUCKFERTIGE MODELLBRIEFE:
• MODELLBRIEF DEUTSCH 014/24-5 (Word)
• MODEL LETTER ENGLISH 014/24-5 (Word)
DIESE URGENT ACTION – KOMPLETT ALS WORD-DOKUMENT:
Seite 1 Hintergrundinformationen, Seite 2 Modellbrief
• UA 014/24-5 – DEUTSCH
• UA 014/24-5 – ENGLISH
→ Versandmöglichkeiten und Zielperson(en) siehe: ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE
→ Verwenden Sie unsere Briefvorschläge oder schreiben Sie in Ihren Worten.
→ Portokosten für Briefversand: Europa = CHF 1.90 / alle übrigen Länder = CHF 2.50
English version (click on title to open):
Fitness influencer and women’s rights activist Manahel al-Otaibi is scheduled to be taken in front of Saudi Arabia’s Specialized Criminal Court (SCC). As of June 2025, her next hearing was scheduled for 25 June 2025. Manahel al-Otaibi has been imprisoned since 16 November 2022. On 9 January 2024, the SCC sentenced Manahel al-Otaibi to 11 years in prison for «terrorist offences» in a secret trial. She was initially charged with violating the Anti-Cyber Crime Law, then faced additional charges under the counter-terror law due to her tweets in support of women’s rights as well as posting photos of herself at the mall without an abaya (a traditional loose-fitting long-sleeved robe) on Snapchat. Saudi authorities have subjected her to torture and other ill-treatment, as well as enforced disappearance.
Manahel al-Otaibi’s case was first heard by the Criminal Court in Riyadh. The charges against her are based on her social media posts which were «opposed to regulations and laws that relate to women», including through calling to #EndMaleGuardianship. According to court documents reviewed by Amnesty International, Manahel al-Otaibi was charged with «publishing and spreading content that contains committing public sins and inciting individuals and girls in society to renounce religious principles and social values and to violate public order and public morals on her Twitter account», in violation of the Anti-Cybercrime Law. On 23 January 2023, the Criminal Court ruled that it had no jurisdiction to try this case and referred the case to the SCC. The SCC has routinely used vague provisions under the anti-cybercrime and counter-terror laws equating peaceful expression with «terrorism». Amnesty International has documented how every stage of the SCC judicial process is tainted by human rights violations. Since 2018, Saudi authorities have arbitrarily detained Saudi women’s rights activists who campaigned for the end of the male guardianship system and the right to drive in Saudi Arabia. Women’s rights activists reported facing sexual harassment, torture and other forms of ill-treatment during interrogation. Those released are under travel bans and face restrictions on their freedom of expression.
Before the most recent enforced disappearance between 15 December 2025 to 15 March 2025, Saudi authorities had already forcibly disappeared Manahel al-Otaibi for over five months from 5 November 2023 until April 2024. On 14 April 2024, she called her family to inform them that she was being held in solitary confinement in al-Malaz Prison with a broken leg after being brutally beaten, and without access to medical care.
In September 2024, after a one-month period of incommunicado detention, Manahel al-Otaibi was able to contact her family and she alleged she had been held in solitary confinement for a full month and subject to beatings by prison guards and fellow prisoners. She also told her family that she was forced to clean toilets, and that although she was released from solitary confinement to contact them, prison authorities had threatened that they would be sending her back. Her sister Fawzia al-Otaibi told Amnesty International that she believes the only reason Manahel al-Otaibi was finally permitted a phone call was in order to convey a message to her family to stop being publicly outspoken about her imprisonment.
Manahel al-Otaibi suffers from multiple sclerosis, a chronic neurological disorder, which her family said developed after she witnessed the arrest of her older sister, Mariam al-Otaibi. Mariam al-Otaibi, a prominent human rights defender and campaigner against the male guardianship system, was detained in 2017 for 104 days for defending women’s rights and is currently subjected to a travel ban and restrictions on her freedom of expression.
Manahel al-Otaibi’s other sister, Fawzia al-Otaibi, has also faced charges related to their campaigning for women’s rights. In the same case against Manahel al-Otaibi submitted by the public prosecution to the Riyadh Criminal Court, the Public Prosecutor accused Fawzia al-Otaibi of leading «a propaganda campaign to incite Saudi girls to denounce religious principles and rebel against customs and traditions in the Saudi culture» and using a hashtag «which promotes liberation and the fall of male guardianship». The court document, reviewed by Amnesty International, states that a separate order would be issued for Fawzia al-Otaibi’s arrest. Fawzia al-Otaibi fled Saudi Arabia fearing arrest after being summoned for questioning in 2022.
In a similar case to Manahel al-Otaibi’s, on 25 January 2023, the Specialized Criminal Court (SCC) resentenced Salma al- Shehab, a Leeds University PhD student and mother of two, to 27 years in prison, followed by a 27-year travel ban upon appeal. The SCC convicted Salma al-Shehab of terrorism-related offences after a grossly unfair trial for publishing tweets in support of women’s rights. On 25 September 2024, Salma al-Shehab’s sentence was reduced from 27 years in prison followed by a 27-year travel ban to four years in prison, with an additional four years suspended. On 10 February 2025, she was released as she had served her prison term.
Since 2013, Amnesty International has documented the cases of 86 individuals who had been prosecuted solely for exercising their rights to freedom of expression, association and peaceful assembly, including human rights defenders, peaceful political activists, journalists, poets and clerics. Of those, 40 were prosecuted for peacefully expressing their opinions on social media. Amnesty International is aware that the real number of such prosecutions is likely much higher.
Take action
Write an appeal in your own words or use the model letter below. You find a ready-to-print model letter under
→ DOCUMENTS ACTUELS
→ Addresses see above in ADRESSES
Please also take action on Social Media. See above in
→ Guide Réseaux sociaux (Social Media)
→ Please take action before: 12 October 2025.
→ Preferred language: Arabic, English. You can also write in your own language.