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URGENT ACTION Briefaktion: Tunesien / Abgeschlossene Aktion Künstler wegen Kritik am Präsidenten inhaftiert

UA 027/24 I Mitmachen bis 23. Mai 2024 I (UA aktiv ab: 28.03.2024) I AI-Index: MDE 30/7893/2024
Der Künstler Rached Tamboura soll für zwei Jahre ins Gefängnis. Am 31. Januar bestätigte ein Berufungsgericht in Monastir die zuvor erstinstanzlich verhängte Haftstrafe gegen ihn, weil er den Präsidenten beleidigt haben soll. Der Künstler hatte in einer Reihe Graffiti rassistische Äusserungen von Präsident Kais Saied gegenüber Migrant*innen aus Ländern südlich der Sahara kritisiert.

Er wurde in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2023 festgenommen. Kurz zuvor hatte er noch ein Graffiti dieser Reihe erstellt. Rached Tamboura befindet sich derzeit im Gefängnis von Zaghouan (nicht Monastir, wie ursprünglich angegeben), wo er aktiv gegen seine Inhaftierung protestiert.

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Die anhaltende willkürliche Inhaftierung von Rached Tamboura gibt Anlass zu grosser Sorge. Der 28-jährige Künstler, der an der Arabic Calligraphy University in Tunis studiert, hatte nur seine kritische Meinung auf künstlerische Weise zum Ausdruck gebracht. Der gegen ihn verhängte Schuldspruch widerspricht internationalen Menschen-rechtsabkommen, beispielsweise dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker, deren Vertragsstaat Tunesien ist.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2023 nahmen Sicherheitskräfte Rached Tamboura fest, nachdem er eine Portrait-Reihe von Präsident Kais Saied an die Wand einer örtlichen Behörde gemalt hatte. Er war beobachtet und verraten worden. Das Graffiti sollte rassistische Äusserungen über Migrant*innen aus Ländern südlich der Sahara anprangern, die Kais Saied am 21. Februar während einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates gemacht hatte und die eine Welle von Hass und rassistischer Gewalt gegen Schwarze – sowohl Migrant*innen als auch Tunesier*innen – ausgelöst hatten, die zu Massenabschiebungen führte. Der Künstler kritisierte ausserdem die Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit der Europäischen Union, um die Migration über das Mittelmeer einzuschränken.

Nach Angaben seines Anwalts wurde Rached Tamboura nach seiner Festnahme ohne Rechtsbeistand durch die Polizei verhört. Gegen 4 Uhr morgens am 18. Juli 2023 ordnete die Staatsanwaltschaft an, dass er für 48 Stunden in Polizeigewahrsam bleiben muss. Rached Tamboura erschien am 20. Juli 2023 vor einem Ermittlungsrichter eines erstinstanzlichen Gerichts in Monastir und wurde verhört. Der Richter ordnete Untersuchungshaft an. Am 26. Juli 2023 schloss der Untersuchungsrichter die Ermittlungen ab und überstellte Rached Tamboura wegen «Beleidigung des Präsidenten» und «Herstellung und Verbreitung falscher Nachrichten mit dem Ziel, die Rechte anderer zu verletzen, die öffentliche Sicherheit oder die Landesverteidigung zu beeinträchtigen oder Terror in der Bevölkerung zu verbreiten» gemäss Paragraf 67 des Strafgesetzbuchs bzw. Paragraf 24 des Gesetzesdekrets 54 an ein Ge-richt. Mit dem Gesetzesdekret 54 hatte Präsident Kais Saied im September 2022 ein drakonisches Cybercrime-Gesetz erlassen, das die Behörden mit umfassenden Machtbefugnissen zur Einschränkung der freien Meinungsäusserung im Internet ausstattet.

Am 4. Dezember 2023 wurde Rached Tamboura von einem erstinstanzlichen Gericht in Monastir in beiden Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Am 31. Januar 2024 bestätigte ein Berufungsgericht in Monastir sowohl das erstinstanzliche Urteil als auch die verhängte Haftstrafe.

Menschen haben das Recht, abweichende Meinungen zu äussern. Die Ausübung dieses Rechts darf keine willkürliche Inhaftierung nach sich ziehen.

Seit seiner Machtergreifung am 25. Juli 2021 beruft sich Präsident Kais Saied auf Notstandsbefugnisse aus der Verfassung von 2014. Seit Februar 2023 hat sich die Menschenrechtslage in Tunesien rapide verschlechtert. Mehrere Oppositionelle, Dissident*innen, vermeintliche Gegener*innen des Präsidenten und Regierungskritiker*innen wurden verstärkt ins Visier genommen und schikaniert. Das harte Vorgehen gegen Oppositionelle und Kritiker*innen bedroht die Menschenrechte in Tunesien, einschliesslich der Rechte auf freie Meinungsäusserung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit. Diese Rechte sind durch die Paragrafen 19, 21 und 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie durch die Paragrafen 9, 10 und 11 der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker geschützt, zu deren Vertragsstaaten Tunesien gehört.

Nach den diskriminierenden Äusserungen von Präsident Kais Saied im Februar 2023 wurden Hunderte von Migrant*innen und Flüchtlingen angegriffen, vertrieben oder willkürlich festgenommen. Die Täter*innen blieben ungestraft. Seit Juli 2023 haben die Sicherheitskräfte mehrere Tausend Migrant*innen, Asylbewerber*innen und Flüchtlinge, darunter auch Kinder, zusammengetrieben und willkürlich nach Libyen und Algerien abgeschoben. Zwischen Juli und August starben in der Wüstenregion an der libyschen Grenze mindestens 28 Menschen.
 

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