© Amnesty International
© Amnesty International

URGENT ACTION Bangladesh – Briefaktion / Frist abgelaufen Blogger willkürlich inhaftiert

UA 054/24 I Mitmachen bis 5. August 2024 I AI-Index: ASA 13/8137/2024
Selim Khan wurde Anfang November 2023 wegen eines Beitrags in einer privaten Facebook-Gruppe festgenommen. Zuvor hatte ein Mitglied der Regierungspartei unter Berufung auf das neue Cybersicherheitsgesetz und das Strafgesetzbuch Anzeige gegen den bekannten atheistischen Blogger erstattet.

Obwohl die ihm vorgeworfenen Straftaten eine Freilassung gegen Kaution ermöglichen, wurde ihm diese mehrfach verweigert. Erst am 13. März 2024 wurde sie ihm schliesslich gewährt. Doch wegen verfahrenstechnischer Verzögerungen befindet er sich nach wie vor in Haft. Selim Khan muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Der 19-jährige Blogger Selim Khan befindet sich nach wie vor in Bangladesch im Gefängnis, obwohl ihm am 13. März 2024 die Freilassung gegen Kaution gewährt wurde. Nach Angaben der Justizbehörden gibt es starke Verzögerungen bei der Abfassung des Kautionsbeschlusses, der dem Gefängnis zum Zweck seiner Freilassung übermittelt werden muss. In der Regel dauert dieses Verfahren nur 3-4 Tage. Selim Khan hätte wegen der Äusserung seiner Ansichten gar nicht erst angeklagt werden dürfen, und die Verzögerung seiner Haftentlassung scheint eine zusätzliche Form der Bestrafung zu sein.

Selim Khan ist Mitglied in einer privaten Facebook-Gruppe, in der atheistische Menschen in einem nicht öffentlichen Forum ihre Meinung äussern. Ein Mitglied dieser Gruppe machte Screenshots von einem Beitrag, den Selim Khan An-fang November 2023 postete, und teilte ihn öffentlich auf Facebook, was zu heftigen Diskussionen führte. In der Folge erstattete ein Mitglied der Regierungspartei aus derselben Region wie Selim Khan Anzeige gegen den Blogger und begründete dies damit, dass sein Facebook-Kommentar die religiösen Werte und Gefühle der örtlichen Bevölkerung verletzt, Unruhen ausgelöst und die öffentliche Ordnung in der Gegend beeinträchtigt habe. Darüber hinaus warf er Selim Khan vor, durch seinen Blog religiöse Gefühle verletzt zu haben.

Am 4. November 2023 wurde der Blogger festgenommen und nach dem Cybersicherheitsgesetz wegen Veröffentlichung falscher Informationen, Verletzung religiöser Werte und Verleumdung angeklagt. Zudem wird ihm mutwillige Provokation und Anstiftung zu Unruhen gemäss dem Strafgesetzbuch vorgeworfen. Obwohl für alle diese Straftaten eine Haftentlassung gegen Kaution möglich ist, lehnten das Amtsgericht und ein Bezirksgericht seine Kautionsanträge ab. Am 13. März 2024 bewilligte schliesslich das Hohe Gericht seine Freilassung gegen Kaution. Der zuständige Richter sagte gleichzeitig, dass die dem Blogger vorgeworfenen Straftaten seiner Meinung nach mit der Höchststrafe, al-so einer lebenslangen Haftstrafe oder sogar der Todesstrafe, geahndet werden sollten. Trotz der Bewilligung der Kaution wartet Selim Khan auch drei Monate später noch auf seine Freilassung.

Die Strafverfolgung von Selim Khan unter dem Cybersicherheitsgesetz und dem Strafgesetzbuch sowie die anhalten-den Verstösse gegen seine Verfahrensrechte verletzen seine Rechte auf freie Meinungsäusserung und auf Religions- und Glaubensfreiheit. Sie verstossen zudem gegen das Verbot der willkürlichen Inhaftierung.
Bangladesch ist ein vornehmlich muslimisches Land. Selim Khan kommt aus einer Ortschaft im Südwesten des Landes. Er betreibt einen Blog, auf dem er religionskritische Ansichten äussert, und die Leute in seinem Dorf kennen ihn als Atheisten und Islamkritiker. Der Rechtsbeistand von Selim Khan äusserte gegenüber Amnesty International die An-sicht, dass die Person, die den Beitrag des Bloggers öffentlich auf Facebook postete, der privaten Facebook-Gruppe gezielt beigetreten sei, um die Posts von Selim Khan festzuhalten und ihn so ins Visier zu nehmen.
Der Politiker, der den Blogger nach der Veröffentlichung seiner Facebook-Beiträge anzeigte, hatte ihn zuvor gewarnt, derartige Äusserungen zu unterlassen. Einem Polizeibericht zufolge führten die geposteten Screenshots dazu, dass sich eine aufgebrachte Menschenmenge vor dem Haus von Selim Khan versammelte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Blogger das Haus bereits aus Sicherheitsgründen verlassen und die Polizei löste die Versammlung auf. In dem Polizeibericht wird Selim Khan ausserdem vorgeworfen, seinen Blog zu nutzen, um sich religionskritisch zu äussern.

Das Cybersicherheitsgesetz (CSA) wurde von der Regierung im September 2023 eingeführt, um das drakonische Gesetz über digitale Sicherheit (DSA) zu ersetzen. Das neue Gesetz hat jedoch zahlreiche repressive Bestimmungen des alten Gesetzes beibehalten, unter denen die Rechte auf Meinungsfreiheit, Privatsphäre und Freiheit bedroht und eingeschränkt werden. Das Justizministerium stellte das CSA als menschenrechtsfreundlicher dar, insbesondere weil es Gefängnisstrafen für Verleumdung abschaffte und die Zahl der Straftaten, für die eine Kaution gestellt werden kann, erhöhte. Dessen ungeachtet wird das CSA weiterhin dazu verwendet, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
In Bangladesch werden atheistische Blogger*innen seit langer Zeit wegen ihrer Ansichten ins Visier genommen. Der atheistische Blogger Avijit Roy wurde in der Hauptstadt Dhaka auf der Strasse mit einer Machete angegriffen und getötet, und ein weiterer Blogger, Washiqur Rahman, wurde ebenfalls in Dhaka angegriffen und getötet. Beide Vorfälle ereigneten sich im Jahr 2015 im Abstand von nur einem Monat. Seither werden atheistische Blogger*innen und ihre Familien verfolgt und es gibt immer weniger Online-Räume, in denen sie ihre Ansichten äussern können. In den darauf-folgenden Jahren flohen viele atheistische Blogger*innen aus Angst vor Repressalien ins Ausland.


icon_ALERT.png  Werden Sie aktiv:

Die Frist zum Mitmachen ist abgelaufen.
Falls es neue Informationen und/oder weitere Aktionsvorschläge gibt, werden wir diese umgehend hier veröffentlichen.