Cover des Berichtes 'Egypt: «Handcuffed like dangerous criminals»: Arbitrary detention and forced returns of Sudanese refugees in Egypt' © Amnesty International
Cover des Berichtes 'Egypt: «Handcuffed like dangerous criminals»: Arbitrary detention and forced returns of Sudanese refugees in Egypt' © Amnesty International

URGENT ACTION Ägypten – Briefaktion / Frist abgelaufen Geflüchtete aus dem Sudan willkürlich inhaftiert und von Abschiebung bedroht

UA 056/24 I Mitmachen bis 31. Dezember 2024 I (UA vom: 19.06.2024) I AI-Index: MDE 12/8163/2024
In Ägypten werden Menschen, die vor dem Konflikt aus dem Sudan fliehen, in hohen Zahlen willkürlich festgenommen und rechtswidrig abgeschoben. Die Festgenommenen werden bis zu sechs Wochen unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen festgehalten, bevor sie in den Sudan abgeschoben werden, obwohl dort ein Konflikt tobt. Die Betroffenen haben weder die Chance auf ein ordnungsgemässes Verfahren mit einer individuellen Risikobewertung noch die Möglichkeit, Asyl zu beantragen.

Notiz vom 28. August 2024: Die Veröffentlichung des Berichts (Egypt: «Handcuffed like dangerous criminals»: Arbitrary detention and forced returns of Sudanese refugees in Egypt) löste sowohl in den ägyptischen Mainstream-Medien als auch auf sozialen Plattformen erhebliche Kontroversen aus. Mehrere Beamte und Abgeordnete reagierten in Medieninterviews und dementierten die Schlussfolgerungen des Berichts grösstenteils. Sie erklärten, dass Abschiebungen nur gegen Personen durchgeführt würden, die Verbrechen begangen oder ägyptische Gesetze verletzt hätten. Es bleibt schwierig zu beurteilen, ob die Abschiebungen seit der Veröffentlichung des Berichts zurückgegangen sind, da Ägypten keine Statistiken über Abschiebungen veröffentlicht. Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass weiterhin Abschiebungen sudanesischer Flüchtlinge durchgeführt werden. Nach der Veröffentlichung des Berichts beobachteten wir eine gewisse Veränderung in der offiziellen Darstellung der Anwesenheit sudanesischer Flüchtlinge in Ägypten. So entlarvte das Innenministerium beispielsweise zwei in den sozialen Medien verbreitete Videos, in denen sudanesische Kinder fälschlicherweise dämonisiert und "zwei Schwarze" des Diebstahls beschuldigt wurden. Auf höherer Ebene bestritt der Premierminister in einer Pressemitteilung, dass der Zustrom von Sudanes*innen zu einem Anstieg der Mietpreise im ganzen Land geführt habe, und rief dazu auf, diese Anschuldigungen einzustellen.

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Laut Schätzungen des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) waren allein im September 2023 rund 3'000 Menschen betroffen. Zehntausenden sudanesischen Staatsangehörigen droht weiterhin die Abschiebung.

Die willkürlichen Festnahmen, Inhaftierungen und Abschiebungen sudanesischer Staatsangehöriger in Ägypten, allein aufgrund ihres Migrationsstatus, geben Anlass zu grosser Sorge. Diese rechtswidrigen Abschiebungen erfolgen ohne individuelle Risikobewertung oder die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Weiteren Zehntau-senden sudanesischen Flüchtlingen ohne Papiere – einschliesslich derer, die auf einen Termin bei der UN-Menschenrechtskommission (UNCHR) warten – droht die Abschiebung in den Sudan, wo seit April 2023 ein bewaffneter Konflikt tobt.

Seit September 2023 führen ägyptische Polizei- und Grenzschutzeinheiten Massenfestnahmen von sudanesischen Flüchtlingen durch. Das UNHCR berichtet, dass allein in diesem Monat mindestens 3'000 Menschen abgeschoben wurden. Die Massenfestnahmen fanden bisher vor allem im Grossraum Kairo und in den Grenzgebieten des Gouvernements Assuan statt. In Kairo und Gizeh geht die Polizei gezielt und in Zivil mit Personenkontrollen gegen Schwarze Menschen vor, was Furcht unter Geflüchteten auslöst und viele dazu bringt, ihre Häuser nicht mehr zu verlassen. Diejenigen, die ohne gültige Ausweispapiere oder Aufenthaltsgenehmigungen angetroffen werden, werden festgenommen. Auch im Gouvernement Assuan sind sudanesische Geflüchtete gefährdet: beim Einsteigen in Busse, während der Busfahrt, auf den Strassen der Stadt Assuan, in den Aussenbezirken, in abgelegenen Gebieten an der Grenze zum Sudan oder in öffentlichen Krankenhäusern bei der Behandlung von Verletzungen, die sie sich auf der Flucht zugezogen haben – überall droht ihnen die Festnahme. Die Geflüchteten werden anschliessend auf Polizeiwachen, in Lagern der Bereitschaftspolizei oder in anderen behelfsmässigen Hafteinrichtungen wie Lagerhäusern und Ställen von Militäranlagen für einen Zeitraum von einigen Tagen bis zu sechs Wochen festgehalten, bevor sie abgeschoben werden. Die Bedingungen in diesen Haftanstalten sind grausam und unmenschlich: Es herrscht Überbelegung, es fehlt an Zugang zu Toiletten und sanitären Einrichtungen, die Ernährung ist minderwertig und unzureichend, und Inhaftierte werden nicht angemessen medizinisch versorgt.

Der Welle von Massenfestnahmen und -abschiebungen ging ein Erlass des Premierministers vom 29. August 2023 voraus, der von ausländischen Staatsangehörigen in Ägypten verlangt, mit Hilfe von ägyptischen «Sponsor*innen» und der Bezahlung von Gebühren ihren Status zu regeln. Gleichzeitig nahmen rassistische Äusserungen sowohl im Internet als auch in den Medien zu, und Regierungsvertreter*innen kritisierten immer offener die wirtschaftliche «Belastung» durch die Aufnahme von Geflüchteten.

Die ägyptische Regierung gab dem UNHCR gegenüber an, dass seit Ausbruch des Konflikts im Sudan im April 2023 bis 14. März 2024 etwa 500'000 sudanesische Staatsangehörige nach Ägypten eingereist seien, etwa die Hälfte von ihnen ist ohne Aufenthaltspapiere. Im Mai 2023 forderte das UNHCR die Staatengemeinschaft auf, die Rückführung von Staatsangehörigen und Staatenlosen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sudan hatten, auszusetzen und Zivilpersonen, die aus dem Sudan fliehen, Zugang zu ihren Gebieten zu gewähren – auch denjenigen, die keinen Pass oder andere Ausweispapiere besitzen. Doch im selben Monat begannen die ägyptischen Behörden, die Einreise von sudanesischen Staatsangehörigen zusätzlich zu erschweren. Sie führten eine Visumspflicht für alle sudanesischen Staatsangehörigen ein. Darüber hinaus haben die Behörden die frühere Praxis, sudanesischen Staatsangehörigen auch mit abgelaufenen Pässen oder vorläufigen Reisedokumenten die Einreise zu gestatten, eingestellt. Für Jungen und Männer im Alter zwischen 16 und 50 Jahren, die über den internationalen Flughafen Kairo nach Ägypten einreisen, wurden zusätzliche Sicherheitsprüfungen eingeführt. Angesichts dieser Massnahmen sind Flüchtende zunehmend gezwungen, die Grenze ohne Einreisegenehmigung zu übertreten.

Seit Beginn des Konflikts im Sudan haben die ägyptischen Behörden weder Statistiken vorgelegt noch öffentlich zugegeben, dass sie eine Abschiebestrategie verfolgen. Deswegen ist die genaue Zahl der seitdem in Ägypten festgenommenen und abgeschobenen sudanesischen Staatsangehörigen nicht bekannt. Zwischen April und September 2023 verzeichnete das UNHCR über 5'000 Abschiebungen aus Ägypten in den Sudan auf der Grundlage von abgelaufenen Ausweispapieren und/oder eines fehlenden Aufenthaltsstatus. Im November 2023 wurden Berichten zufolge etwa 1'600 Sudanes*innen aus Ägypten abgeschoben, darunter auch registrierte Flüchtlinge.

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