Update vom 8.7.2024: Für den 12. Juli ist im Obersten Gericht von Lahore eine Anhörung angesetzt. In einer früheren Anhörung hatte das Gericht die Polizei angewiesen, Ergebnisse aus den in der Nähe aufgenommenen Videoüberwachungsaufnahmen vorzulegen. Für die kommende Anhörung wurde die Polizei angewiesen, ihre Fortschritte in dem Fall vorzulegen.
Es ist im Vorfeld dieser Anhörung besonders wichtig, die Aktionen zu intensivieren.
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Allem Anschein nach wird das Verschwindenlassen systematisch eingesetzt, um im Ausland lebende Personen, die Kritik an der pakistanischen Regierung und am Militär üben, einzuschüchtern. Die Regierung muss unverzüglich den Aufenthaltsort der betroffenen Personen offenlegen und eine zielführende, unabhängige und unparteiische Untersuchung ihres Verschwindens gewährleisten.
Das systematische Verschwindenlassen von Familienangehörigen von Parteimitgliedern der oppositionellen Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) gibt grossen Anlass zur Sorge. Die Professoren Mazhar-ul-Hassan und Zahoor-ul-Hassan «verschwanden» am 6. Juni 2024 gegen 2:45 Uhr aus ihrem jeweiligen Haus in Lahore. Beide sind Brüder von Azhar Mashwani, dem Social-Media-Beauftragten des ehemaligen pakistanischen Premierministers Imran Khan, der sich derzeit im selbstgewählten ausländischen Exil befindet. Etwas später, am 8. Juni 2024, ist auch Ghulam Shabbir, der Bruder von Dr. Shahbaz Gill, dem ehemaligen Sonderberater des Ex-Premierministers Imran Khan, unter ähnlichen Umständen «verschwunden». Trotz der Bemühungen ihrer Familien, sie ausfindig zu machen, u. a. durch Anzeigen bei der Polizei und Anträge an das Hohe Gericht von Lahore, ist über den Verbleib aller drei Personen weiterhin nichts bekannt.
Es ist beunruhigend, dass Familienmitglieder, die keiner politischen Partei angehören, ins Visier genommen werden, und das offenbar, um Kritiker*innen der Regierung einzuschüchtern, zu schikanieren und zum Schweigen zu bringen. Zudem wurde eine der betroffenen Personen, Professor Zahoor-ul-Hasslan, nicht zum ersten Mal aus seinem Haus entführt. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich bereits am 10. Mai 2023. Damals wurde er 145 Tage in einer rund zweimal zweieinhalb Meter grossen Zelle ohne Sonnenlicht in Einzelhaft festgehalten.
Es besteht grosse Sorge um die Sicherheit und das Wohlergehen aller drei «verschwundenen» Personen und die Befürchtung, sie könnten während ihrer rechtswidrigen Inhaftierung gefoltert werden. Zu befürchten ist auch, dass die Praxis des Verschwindenlassens zunehmen könnte, um die Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung in Pakistan einzuschränken.
Mazhar-ul-Hassan und Zahoor-ul-Hassan, zwei Brüder von Azhar Mashwani, einem Mitglied der Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), wurden in den frühen Morgenstunden des 6. Juni von bewaffneten Männern, die gewaltsam in ihr Haus in Lahore eindrangen, entführt. Unter ihnen befanden sich wohl Männer in Zivil als auch Beamte in Uniformen der Antiterrorabteilung. Der Verbleib der beiden Brüder ist nach wie vor unbekannt, und bisher wurde noch kein Kontakt mit der Familie aufgenommen. Obwohl beim Hohen Gericht von Lahore ein Antrag auf richterliche Haftprüfung eingereicht wurde, weigerte sich die Polizei trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht, die Brüder vor Gericht zu präsentieren. Kurze Zeit später, am 8. Juni 2024 gegen 23:45 Uhr, wurde auch Ghulam Shabbir, der Bruder von Shahbaz Gill, der während der Amtszeit von Imran Khan als Premierminister (2018–2022) Sonderberater des Premierministers (SAPM) war, entführt. Er war gerade dabei, sein Haus in Lahore zu verlassen, um nach Islamabad zu fahren. Sein Verbleib ist seither unbekannt. Das «Verschwinden» von Ghulam Shabbir erfolgte nur wenige Stunden, nachdem die Polizei am 8. Juni um 20 Uhr den Stammsitz seiner Familie in Faisalabad gestürmt hatte.
Die Familie von Azher Mashwani ist nicht zum ersten Mal zur Zielscheibe geworden. Zahoor-ul-Hassan wurde bereits am 10. Mai 2023 im Rahmen einer massiven Niederschlagung der politischen Opposition entführt, nachdem es am 9. Mai im Zuge der Festnahme des ehemaligen Premierministers Imran Khan zu landesweiten Protesten der PTI gekommen war. Er wurde am 30. September 2023 nach fünf Monaten und vier erfolglosen Anträgen auf richterliche Haftprüfung entlassen. Während seiner Entführung wurde er psychisch und physisch gefoltert, u. a. durch Einzelhaft in einer rund zweimal zweieinhalb Meter grossen Zelle. Erhatte während der gesamten Zeit keinen Zugang zu Sonnenlicht. Der Vater der Brüder, Qazi Habib ur Rehman, wurde am 10. Mai 2023 ebenfalls entführt und am 12. Mai 2023 wieder freigelassen. Azher Mashwani selbst wurde am 23. März 2023, in seiner Zeit als Social-Media-Beauftragter von Imran Khan, entführt und am 30. März wieder freigelassen.
Mazhar-ul-Hassan war vor seiner Entführung seit 13 Jahren Professor am Punjab College. Er hat zwei kleine Söhne im Alter von fünf und sieben Jahren und ist der Alleinverdiener der Familie. Mazhar-ul-Hassan leidet unter schweren Harnsäureproblemen, Bluthochdruck und einer Knieverletzung, die er sich vor kurzem bei einem Unfall zugezogen hat und die sorgfältig behandelt werden muss. Er gehört keiner politischen Partei an. Zahoor-ul-Hassan ist seit 13 Jahren Professor für Informatik an der Punjab Group of Colleges und wurde vor vier Jahren zum Leiter des Fachbereichs befördert. Er ist Vater von vier Kindern im Alter von zwölf, elf, sieben und anderthalb Jahren. Seit seiner letzten Entführung leidet Zahoor-ul-Hassan unter Albträumen, Schlafproblemen und anderen psychischen Problemen. Dass er seit seiner Freilassung nicht in der Lage war, seine Arbeit wiederaufzunehmen, führte für die Familie zu einer grossen finanziellen Belastung und Schulden.
Ghulam Shabbir ist Geschäftsmann, hat zwei Söhne und wohnt in Lahore. Er gehört keiner politischen Partei an. Sein Bruder Shahbaz Gill war aktives Mitglied der PTI. Er wurde 2022, nach der Entmachtung der PTI, wegen Volksverhetzung und «Aufwiegelung der Öffentlichkeit gegen staatliche Institutionen» festgenommen.
Sowohl Azher Mashwani als auch Shahbaz Gill befinden sich derzeit ausserhalb Pakistans. Beide gehen davon aus, dass ihre Familien deshalb ins Visier genommen wurden, weil sie beide weiterhin die PTI unterstützen. Seit der Entmachtung der Partei im April 2022 wird von den staatlichen Behörden hart gegen sie vorgegangen. Die willkürliche Festnahme und Inhaftierung von PTI-Anhänger*innen und politischen Mitarbeiter*innen hat sich nach den landesweiten Protesten vom 9. Mai 2023 verschärft. Damals wurden mehr als 4.000 Personen festgenommen und inhaftiert. Fast 105 Personen, die damals «verschwunden» sind, wurden später vor Militärgerichte gestellt und verurteilt. 85 befinden sich nach wie vor in Militärgewahrsam. Zahlreiche führende Politiker*innen der PTI wurden festgenommen und gezwungen, aus der Partei auszutreten. Bei den Parlamentswahlen am 8. Februar 2024 wurden die Rechte der PTI auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung stark eingeschränkt. Die Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter, ist seit dem 17. Februar 2024 im Land verboten, um den Vorwürfen von Wahlunregelmässigkeiten entgegenzuwirken.
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