Bei der jüngsten Niederschlagung der Proteste in Bangladesch wurden mehr als 400 Demonstrierende getötet und Tau-sende weitere verletzt. Darüber hinaus wurden Berichten zufolge in den vergangenen Wochen mehr als 10.000 Demonstrierende – Schüler*innen, Studierende, Oppositionelle – festgenommen oder willkürlich inhaftiert. Die Hauptforderung dieser Proteste war ein gerechtes Verfahren für die Einstellung von Staatsbediensteten durch die Abschaffung der 30%-Quote für Nachkommen von Kriegsveteranen.
Zu den Inhaftierten gehört auch der 18-jährige Rony Sheikh, der am 22. Juli bei der Vorbereitung auf seine Prüfungen festgenommen wurde. Er hat seit seiner Festnahme keinen Zugang zu seinen Familienangehörigen und Rechtsbeiständen. Die damalige Ausgangssperre hielt die Familie davon ab, auch nur den Versuch zu unternehmen, bei der Polizei nachzufragen, ob sie ihr Familienmitglied besuchen könnten. Rony Sheikh wurde in einer Sammelklage aufgeführt und wegen rechtswidriger Versammlung, Angriff mit Tötungsabsicht und Körperverletzung angeklagt. Seiner Familie zufolge ist es für die Rechtsbeistände schwierig, Zugang ihm zu erhalten.
Am 5. August trat die Premierministerin Sheikh Hasina nach 15 Jahren an der Macht zurück und floh aus Bangladesch. Am Wochenende zuvor waren einige Studierende gegen Kaution freigelassen worden, und seit Sheikh Hasina das Land verlassen hat, kam noch weitere Studierende gegen Kaution frei (darunter Arif Sohel und Sabir Rahman). Viele der Festgenommenen befinden sich jedoch nach wie vor in Gewahrsam. Das Recht, sich friedlich zu versammeln, ist ein Menschenrecht, und diese Massenfestnahmen und willkürlichen Inhaftierungen von Demonstrierenden stellen eine alarmierende Verletzung dieses Rechts dar.
Seit dem 1. Juli 2024 kommt es in Bangladesch zu grossflächigen Protesten, nachdem bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst eine umstrittene 30-Prozent-Quote für Nachkommen von Veteranen des Unabhängigkeitskrieges wieder eingeführt wurde. Diese Quote, die bereits 2018 aufgrund ähnlicher Proteste abgeschafft wurde, wird von vielen, insbesondere von Studierenden, als unverhältnismässige Begünstigung der Anhänger*innen der Regierungspartei angesehen. Die zunächst weitgehend friedlichen Proteste schlugen in Gewalt um, nachdem Demonstrierende am 15. Juli an der Universität von Dhaka und anderen Einrichtungen angegriffen worden waren, Berichten zufolge von Mitgliedern der der Regierungspartei nahestehenden Bangladesh Chatra League (BCL). Bei diesen Angriffen wurden Stangen, Stöcke, Ziegelsteine und Schusswaffen eingesetzt, was zu zahlreichen Verletzten führte und die Spannungen im ganzen Land verschärfte. Die Behörden haben seitdem Tausende Demonstrierende festgenommen.
Der 18-jährige Rony Sheikh befand sich mitten in den Vorbereitungen für seine Abschlussprüfung der weiterführenden Schule, als er festgenommen wurde. Nach Angaben seiner Familie suchten ihn Angehörige der Behörden in seinem gemieteten Zimmer auf, überprüften sein Mobiltelefon und nahmen ihn fest, da er Videos von den Protesten auf seinem Mobiltelefon hatte. Er hatte noch keinen Kontakt zu seinem Rechtsbeistand oder seiner Familie.
Die Lage verschlechterte sich am 19. Juli weiter. Allein an diesem Tag töteten die Sicherheitskräfte bei ihrer Operation 75 Menschen. Die Regierung setzte Militär und paramilitärische Kräfte wie das Rapid Action Battalion (RAB) und die Border Guards Bangladesh (BGB) ein und verhängte eine landesweite Internetsperre sowie eine Ausgangssperre, bei der auf jede Person geschossen wurde, die sich draussen aufhielt. Amnesty International hat mehrere Fälle rechtswidriger Gewaltanwendung untersucht, darunter den Tod von Abu Sayed, einem 25-jährigen Studenten, der von Polizist*innen aus einer Entfernung von 15 Metern erschossen wurde, obwohl er keine Gefahr darstellte. Die Dhaka Metropolitan Police (DMP) eskalierte die Situation weiter, indem sie alle Kundgebungen und Demonstrationen in der Hauptstadt verbot, was zu einem noch aggressiveren Vorgehen der Sicherheitskräfte führte, einschliesslich des unrechtmässigen Einsatzes von Tränengas, Gummigeschossen, Schallgranaten und Sturmgewehren.
Bis zum 31. Juli 2024 wurden mehr als 200 Menschen getötet (die Regierungsstatistik spricht von 145), Tausende verletzt und über 10.000 festgenommen. Die meisten von ihnen wurden in Massenverfahren angeklagt. Medienberichten zufolge wurden die Massenfestnahmen von verschiedenen Sicherheitskräften durchgeführt, die die Internetverbindung in den von ihnen durchsuchten Vierteln abschalteten und in die Häuser gingen, um die Studierenden festzunehmen. Drei Studierende, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, wurden genötigt, das Krankenhaus zu verlassen, und dann in Gewahr-sam genommen. Der Justizminister erklärte jedoch in einer Stellungnahme, dass diese Studierenden zu ihrer eigenen Sicherheit in Gewahrsam genommen wurden.
Das internationale Recht ist eindeutig, wie die Strafverfolgungsbehörden reagieren sollten, wenn bestimmte Demonstrierende gewalttätig werden. Laut der Allgemeinen Bemerkung Nr. 37 des UN-Menschenrechtsausschusses über das Recht auf friedliche Versammlung können die Teilnehmenden einer Versammlung nicht für einzelne Gewalttaten einiger weniger Demonstrierender verantwortlich gemacht werden. Selbst wenn eine Person ein gewalttätiges Verhalten an den Tag legt (wodurch sie nicht in den Schutzbereich des Rechts auf friedliche Versammlung fällt), müssen ihre anderen Rechte geschützt werden. Es ist von grösster Bedeutung, dass die rechtswidrige Anwendung von Gewalt durch die Sicherheitskräfte untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Diese Krise unterstreicht ein breiteres Muster der Unterdrückung in Bangladesch, wo Gesetze wie das Gesetz über die digitale Sicherheit von 2018 (Digital Security Act) und sein Nachfolger, das Cybersicherheitsgesetz von 2023 (Cyber Security Act), dazu dienen, abweichende Meinungen und freie Meinungsäusserungen zu unterdrücken. Das Eingreifen der internationalen Gemeinschaft ist von entscheidender Bedeutung, um die Regierung von Bangladesch zur Einhaltung ihrer Menschenrechts-verpflichtungen und zur Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens in die Rechtsstaatlichkeit zu drängen.
Werden Sie aktiv
Setzen Sie sich für die willkürlich Inhaftierten in Bangladesch ein: Senden Sie einen Appellbrief – per Post oder E-Mail – an die angegebene(n) Zielperson(en) sowie eine Kopie an die Botschaft.
→ Frist zum Mitmachen: 30. November 2024.
→ Schreiben Sie in Bengalisch, Englisch oder in Ihrer eigenen Sprache.
Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt
Mit grosser Erleichterung habe ich von der Freilassung von Arif Sohel, Sabir Rahman und vielen weiteren Protestierenden erfahren.
Doch bei der jüngsten Niederschlagung der Proteste in Bangladesch wurden mehrere Hundert Demonstrierende getötet und Tausende Menschen verletzt. Darüber hinaus wurden Berichten zufolge in den vergangenen Wochen mehr als 10.000 Demonstrierende – Schüler*innen, Studierende, Oppositionelle – festgenommen oder willkürlich inhaftiert. Die meisten, unter ihnen auch Rony Sheikh, befinden sich nach wie vor in Haft.
Zu den Inhaftierten gehört der 18-jährige Rony Sheikh, der am 22. Juli bei der Vorbereitung auf seine Prüfungen festgenommen wurde. Die Hauptforderung dieser Proteste war ein gerechtes Verfahren für die Einstellung von Staatsbediensteten durch die Abschaffung der 30%-Quote für Nachkommen von Kriegsveteranen.
Bitte sorgen Sie dafür, dass Rony Sheikh und alle anderen Demonstrierenden, die nur wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte unrechtmässig inhaftiert wurden, unverzüglich freigelassen werden.
Stellen Sie bitte sicher, dass alle Demonstrierenden, die wegen einer international anerkannten Straftat festgenommen werden oder wurden, ein schnelles und faires Verfahren erhalten.
Gewähren Sie den Familien und Rechtsbeiständen unverzüglich Zugang zu den Inhaftierten und sorgen Sie dafür, dass der Aufenthaltsort jeder inhaftierten Person den Familienangehörigen umgehend mitgeteilt wird.
Stellen Sie bitte sicher, dass niemand in der Haft gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
Bitte sorgen Sie dafür, dass unverzüglich eine gründliche, wirksame, unabhängige und unparteiische Untersuchung der Todesfälle und Verletzungen während des Vorgehens der Sicherheitskräfte eingeleitet werden. Diejenigen, die für die rechtswidrige Anwendung von Gewalt verantwortlich sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
Hochachtungsvoll,
Dear Md Asaduzzaman,
I am writing to express deep concern over the recent crackdown on protesters in Bangladesh. In addition to over 400 people being killed and thousands of others injured, more than 10,000 protesters have reportedly been arrested or arbitrarily detained in the last few weeks. The student led protests started with the main demand of fair government job recruitment by removing the 30% quota allocated for descendants of war veterans.
Among those who were arrested is 18-year-old Rony Sheikh who was arrested on 22 July while preparing for his exams. Rony is yet to meet with his family members or lawyer since his arrests. The «shoot on sight» curfew at that time prevented his family from even attempting to go to the police to check whether there was a possibility to visit. Rony has been listed in a group complaint and charged with unlawful assembly, assault with intent to kill, and causing bodily harm. According to his family, the lawyers are finding it difficult to access Rony. While some of the protesters who were arrested have been released since, most of them continue to be detained.
The right to freedom of peaceful assembly is a human right, and these mass arrests and arbitrary detentions of protesters is an alarming violation of this right. I therefore urge the Bangladeshi authorities to:
- Immediately release Rony Sheikh and all other protesters who have been unlawfully detained solely for exercising their human rights
- Ensure that all protesters arrested for a recognizable offence receive a prompt and fair trial
- Immediately grant access to the families and the lawyers of those who have been detained, and ensure that the whereabouts of each person in detention is urgently communicated to their families
- End custodial torture and other forms of ill-treatment
- Conduct a prompt, thorough, effective, independent, and impartial investigation into the deaths and injuries during the crackdown. Those found responsible for the unlawful use of force must be held accountable.
Yours sincerely,
Please reply to social media posts, video on protest in Bangladesh with an emoji, a picture, or a drawing of a heart , candle, or a flower with the hashtag #SaveBangladeshiStudents and #ProtectTheProtest
Report information, social media posts on protest in Bangladesh and/or share them on whatsapp and other networking apps.
Generalstaatsanwalt:
Md Asaduzzaman
Attorney General of Bangladesh
Office of the Attorney General
Bangladesh Supreme Court area
Shahabagh, Dhaka-1000
Bangladesh
Fax: 0088 02-9561568
E-Mail: [email protected]
KOPIEN AN
Please copy in:
1.
Inspector General (IGP) Md Mainul Islam
6 Phoenix Rd, Dhaka 1000,
Bangladesh
Email: [email protected]
2. Botschaft:
Ambassade de la République populaire du Bangladesh
Rue de Lausanne 65
1202 Genève
Fax: 022 738 46 16
E-mail: [email protected]
AkTuelle Dokumente
DRUCKFERTIGE MODELLBRIEFE:
• MODELLBRIEF DEUTSCH 071/24 (WORD)
• MODEL LETTER ENGLISH 071/24 (WORD)
DIESE URGENT ACTION – KOMPLETT ALS WORD-DATEI:
(Seite 1 Hintergrundinformationen, Seite 2 Modellbrief)
• UA 071/24 – DEUTSCH
• UA 071/24 – ENGLISH
→ Versandmöglichkeiten und Zielperson(en) siehe: ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE
→ Verwenden Sie unsere Briefvorschläge oder schreiben Sie in Ihren Worten.
→ Portokosten für Briefversand: Europa = CHF 1.90 / alle übrigen Länder = CHF 2.50
→ Weitere Informationen zum Mitmachen bei den Urgent Actions finden Sie hier
English version (click on title to open):
Rony Sheikh is one of more than 10,000 protesters (students, members of the opposition as well as by-standers) who were arrested since July 2024, as part of the government’s intense crackdown against protesters. His family claims that neither they nor their lawyers have been given access to Rony, and they fear that he may be subjected to torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment in custody. The government’s harsh response has killed more than 400 people, including jour-nalists and bystanders. The Bangladeshi authorities must immediately end the mass arrests, release all protesters detained solely for exercising their human rights, and ensure the right to fair trial for all detainees.
Since 1 July 2024, Bangladesh has been engulfed in widespread protests following the reinstatement of a controversial 30 percent quota in government jobs for the descendants of independence war veterans. This quota, previously abolished in 2018 due to similar protests, is seen by many, especially university students, as disproportionately favouring supporters of the ruling party. The protests, largely peaceful initially, turned violent after demonstrators were attacked, reportedly by members of the Bangladesh Chatra League (BCL) affiliated with the ruling party, on 15 July at Dhaka University and other institutions. These attacks included the use of rods, sticks, bricks, and firearms, leading to numerous injuries and escalating tensions across the country. Authorities have since arrested thousands of protesters.
On 5 August, the former Prime Minister Sheikh Hasina resigned and fled the country after 15 years of being in power. Over the weekend prior to that, some of the students were released on bail, and since Hasina’s departure, more students have been released on bail. However, many are still in prison.
18-year-old Rony was in the middle of his Higher Secondary Certificate (HSC – A/L equivalent) when he was arrested on 22 July. According to his family members, the authorities came to his residence where he has rented a room, checked his mobile phone and arrested as he had videos of the protests in his mobile. He has not had access to his lawyer or family yet.
The situation deteriorated further on 19 July, when the deadliest crackdown happened with 75 deaths reported in one day. The government responded by deploying the military and paramilitary forces such as the Rapid Action Battalion (RAB) and Border Guards Bangladesh (BGB), and imposing a «shoot-on-sight» curfew along with a nationwide internet blackout. Amnesty International has verified multiple in-stances of unlawful force, including the death of Abu Sayed, a 25-year-old student, who was shot by po-lice officers from a distance of 15 meters while posing no threat. The Dhaka Metropolitan Police (DMP) further escalated the situation by banning all rallies and processions in the capital, leading to more aggressive tactics by security forces, including the unlawful use of tear gas, rubber bullets, and sound grenades and assault rifles.
As of 31 July 2024, more than 200 have been killed (the government statistics say 145), thousands injured and over 10,000 arrested. Most of them are charged in unnamed mass First Incident Reports. According to media reports, the mass arrests have been carried out by various security forces who shut down the internet connection in the neighbourhoods they raided and went to houses to arrest the students. Three students who were being treated in hospital were discharged under coercion and taken into custody, though the Minister of Law made a statement claiming that these students were taken in custody for their own safety.
International law is clear on how law enforcement authorities should respond when certain protesters become violent. According to the UN Human Rights Committee’s General Comment No. 37 on the Right of Peaceful Assembly, participants in an assembly cannot be held responsible for isolated acts of violence by only a few protesters. Furthermore, even where an individual engages in violent conduct (placing them outside the protective scope of the right of peaceful assembly), their other rights must still be protected. It is paramount that the unlawful use of violence by the security forces is investigated and perpetrators are held to account.
This crisis underscores a broader pattern of repression in Bangladesh, where laws like the Digital Security Act 2018 and its successor, the Cyber Security Act 2023, are used to stifle dissent and free speech. The international community's intervention is crucial to pressuring the Bangladeshi government to up-hold its human rights obligations and restore public trust in the rule of law.
Take action
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→ Addresses see above in ADRESSEN
Please also take action on Social Media (guide see above).
→ SOCIAL MEDIA GUIDE
→ Please take action before 30 November 2024.
→ Preferred language: English, Bangla. You can also write in your own language.