© Reuters (Bild: Snapshot aus Video)
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URGENT ACTION Venezuela – Briefaktion Massenverhaftungen gefährdeter Gruppen

UA 072/24-1 I Mitmachen bis 27. September 2024 I (UA Update vom: 08.08.2024) I AI-Index: AMR 53/8396/2024
Zwischen dem 29. Juli und dem 7. August 2024 wurden im Nachgang der venezolanischen Präsidentschaftswahlen mehr als 2'000 Menschen festgenommen, weil sie protestiert hatten oder als regierungskritisch gelten. Zumeist handelt es sich hierbei um junge Menschen, darunter mindestens 105 im Alter von 13–17 Jahren. Mindestens 16 Personen, die mit Seh- oder Hörbehinderungen leben, befinden sich weiterhin in Haft. Es gibt nach wie vor glaubwürdige Vorwürfe über Haft ohne Kontakt zur Aussenwelt und die Verweigerung eines Rechtsbeistands, was die Inhaftierten der Gefahr von Folter und Misshandlungen aussetzt.

In Venezuela sind mehr als 2'000 Menschen wegen der Ausübung ihrer Rechte auf friedliche Versammlung, freie Meinungs-äusserung und politische Beteiligung inhaftiert worden. Darunter befinden sich mehr als 100 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 17 Jahren und mindestens 16 Menschen mit Behinderungen. Amnesty International betrachtet mit Sorge, dass die Verfahrensrechte dieser Personen, darunter auch Menschen in schutzbedürftigen Situationen wie junge schwangere Frauen, nicht gewährleistet sind. So wird ihnen der Kontakt zu ihren Familien sowie zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl verweigert. Viele wurden zudem ungerechtfertigt in Hochsicherheitsgefängnisse verlegt. Dadurch sind sie in Gefahr, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden.

Die Regierung geht seit Jahren mit repressiven Massnahmen gegen kritische Stimmen und Protestierende vor. Unverhältnismässige Gewaltanwendung, Inhaftierungen, Folter und Tötungen sind gang und gäbe, werden willkürlich vorgenommen und bleiben straffrei. Sowohl die UN-Ermittlungsmission zu Venezuela als auch der Internationale Strafgerichtshof sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den in Venezuela begangenen Straftaten allem Anschein nach um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, für die es keine Verjährungsfrist gibt.

In Venezuela herrscht seit mehr als zehn Jahren eine komplexe humanitäre und menschenrechtliche Krise. Amnesty International kritisiert seither die damit einhergehenden schweren Menschenrechtsverletzungen, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese tiefgreifende Krise hat dazu geführt, dass inzwischen mehr als 25% der Gesamtbevölkerung das Land verlassen haben, um im Ausland Schutz zu suchen.

Die Beteiligung an den venezolanischen Präsidentschaftswahlen am 28. Juli war sehr hoch, obwohl die Situation vor den Wahlen von Verfolgung, Zensur und Drohungen geprägt war. Am Ende der Wahl erklärten die Wahlbehörden Nicolás Maduro zum Sieger. Die Opposition prangerte jedoch an, dass ein solches Ergebnis nicht durch die von ihr während der Wahl gesammelten Daten gestützt werde. Die Wahlbehörde hat die offiziellen Ergebnisse nicht veröffentlicht, obwohl dies im venezolanischen Recht vorgeschrieben ist. Seither kommt es im ganzen Land zu Massendemonstrationen, die sich der Kritik der Opposition anschliessen. Die Behörden begegnen dem mit massiver Repression, die Folgendes umfasst: den Einsatz tödlicher und weniger tödlicher Gewalt, der bislang mindestens 17 Todesopfer forderte, zumeist junge Menschen, darunter zwei Teenager; massenhafte politisch motivierte willkürliche Inhaftierungen; die mutmassliche Folterung von hochrangigen Oppositionsmitgliedern; rechtswidrige Hausdurchsuchungen mit exzessiver Gewaltanwendung; die Mobilisierung von regierungsnahen bewaffneten Gruppen (sogenannte colectivos) und von Sicherheitskräften in Zivil sowie einen stark stigmatisierenden Diskurs gegen politische Aktivist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und NGOs. Die Entwicklungen im Land verlaufen rasant und unbeständig, und die Zahl der Menschenrechtsverletzungen steigt stündlich.

Zusätzlich zu der massenhaften Inhaftierung von Demonstrierenden zwischen dem 29. Juli und dem 7. August hat Amnesty International mit Besorgnis eine Verschärfung der repressiven Massnahmen der Regierung festgestellt:

Mindestens 17 Menschen starben durch den Einsatz von tödlicher oder weniger tödlicher Gewalt.

Es gibt glaubwürdige Berichte darüber, dass gegen führende Persönlichkeiten der Opposition Haftbefehle erlassen wurden, u. a. gegen den Präsidentschaftskandidaten und die Oppositionsführerin.

Es gibt Vorwürfe, dass mindestens ein hochrangiges Oppositionsmitglied gefoltert wurde, um ein «Geständnis» zu erzwingen.

Es wurden Dutzende rechtswidrige und gewaltsame Hausdurchsuchungen vorgenommen, um Aktivist*innen und Demonstrierende zu schikanieren, einzuschüchtern und zu inhaftieren.

Es gibt glaubwürdige Berichte über den grossflächigen Einsatz von nicht uniformierten Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, die tödliche und exzessive weniger tödliche Gewalt anwandten.

Hochrangige Regierungsangehörige und regierungsnahe Behörden sind für die wiederholte und anhaltende Stigmatisierung von Oppositionssprecher*innen, Aktivist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Demonstrierenden und zivilgesellschaftlichen Organisationen verantwortlich. Mehrere Menschenrechtler*innen sind inhaftiert worden, darunter Edni López, Kennedy Tejeda, Edward Ocariz und andere, deren Namen aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden.

Die aktuellen Ereignisse fügen sich in die bestehenden Muster von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein, aller-dings in einem besorgniserregenden Ausmass, das eine internationale Reaktion verlangt. Hier wäre die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs mit ihren bereits laufenden Ermittlungen für die neuen Ermittlungen zuständig, die zu Inhaftierungen, Folter, geschlechtsspezifischer Gewalt und strafrechtlicher Verfolgung im Zusammenhang mit den Wahlen aufgenommen werden. Alle für diese Verbrechen verantwortlichen Personen, unabhängig von ihrer Position, sollten vor unparteiische und unabhängige Gerichte gestellt werden, wobei ein faires Verfahren in vollem Umfang gewährleistet sein muss.

Icon_Alert  Werden Sie aktiv

Setzen Sie sich für die willkürlich inhaftierten Demonstrierenden ein: Senden Sie einen Appellbrief – per E-Mail und/oder über die sozialen Medien (X/Twitter) an die angegebene(n) Zielperson(en) sowie eine Kopie an die Botschaft.

Frist zum Mitmachen: 27. September 2024.
Schreiben Sie in Spanisch, Englisch oder in Ihrer eigenen Sprache.

        

 

   

Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt

Zwischen dem 29.Juli und dem 7.August 2024 wurden im Nachgang der Präsidentschaftswahlen mehr als 2.000 Menschen festgenommen, weil sie protestiert hatten oder als regierungskritisch gelten. Zumeist handelt es sich hierbei um junge Menschen, darunter mindestens 105 im Alter von 13–17 Jahren. Mindestens 16 Personen, die mit Seh- oder Hörbehinderungen leben, befinden sich weiterhin in Haft. Es gibt nach wie vor glaubwürdige Vorwürfe über Haft ohne Kontakt zur Aussenwelt und die Verweigerung eines Rechtsbeistands, was die Inhaftierten der Gefahr von Folter und Misshandlungen aussetzt.

Ich befürchte, dass die Verfahrensrechte dieser Personen, darunter auch Menschen in schutzbedürftigen Situationen wie junge schwangere Frauen, nicht gewährleistet sind. So wird ihnen der Kontakt zu ihren Familien sowie zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl verweigert.

Die Regierung geht seit Jahren mit repressiven Massnahmen gegen kritische Stimmen und Protestierende vor. Unverhältnismässige Gewaltanwendung, Inhaftierungen, Folter und Tötungen sind gang und gäbe, werden willkürlich vorgenommen und bleiben straffrei. Sowohl die UN-Ermittlungsmission zu Venezuela als auch der Internationale Strafgerichtshof sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den in Venezuela begangenen Straftaten allem Anschein nach um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, für die es keine Verjährungsfrist gibt.

Ich wende mich deshalb an Sie und bitte Sie: Gewährleisten Sie die Wahrnehmung des Rechts auf friedliche Versammlung und lassen Sie umgehend all jene frei, die allein wegen ihrer Teilnahme an Protestveranstaltungen inhaftiert sind. 

Sorgen Sie bitte dafür, dass die Rechte von Menschen, die aufgrund ihres Alters, einer Behinderung oder schweren bzw. chronischen Erkrankungen schutzbedürftig sind, in vollem Umfang gewahrt werden.

Hochachtungsvoll,
 

Dear Attorney General of the Republic,

Official reports of the arrest of more than two thousand people for exercising their right to peaceful assembly, freedom of expression and political participation are appalling. Among them are more than 100 teenagers aged between 13 and 17 and at least 16 people with disabilities who have been victims of this wave of repression. Protest must be protected, not punished.

It is extremely alarming that virtually all of these people, including teenagers and vulnerable groups such as young pregnant women, are experiencing a total lack of due process guarantees, such as not being allowed to communicate with their families, denial of representation by trusted counsel, and unjustified transfers to maximum security prisons. It is alarming to learn of the real risks of ill-treatment or even torture faced by thousands of people.

These arrests, torture, killings and excessive use of force, carried out arbitrarily and with impunity, are characteristic of a policy of repression that has been in place for years and is aimed at silencing dissent, including protest. It is important to remember that both the UN Fact-Finding Mission and the Office of the Prosecutor of the International Criminal Court have stated that the crimes committed in Venezuela appear to constitute crimes against humanity, for which there is no statute of limitations.

We therefore urge you to protect those exercising their right to peaceful assembly, to immediately release all those detained for protesting, and to protect those who are vulnerable because of their age, disability, or serious or chronic health condition.

Yours sincerely,
 

Señor Fiscal General de la República,

Los anuncios oficiales de la detención de más de dos mil personas por ejercer sus derechos a la reunión pacífica, libertad de expresión, y participación política son deplorables. Entre estas personas, hay más de 100 adolescentes, de edades entre los 13 y 17 años, y al menos 16 personas con alguna discapacidad, que han sido víctimas de esta ola de represión. La protesta debe protegerse, no castigarse.

Preocupa en extremo que prácticamente ninguna de estas personas, incluidas adolescentes y personas en situación de vulnerabilidad como mujeres jóvenes embarazadas, sufran la falta total de garantías del debido proceso, como la incomunicación con sus familiares, la negación de defensa de su representación legal de confianza, y traslados injustificados a prisiones de máxima seguridad. Es alarmante saber de los riesgos reales que enfrentan estos miles de personas de sufrir malos tratos o incluso tortura.

Las detenciones, torturas, muertes, uso excesivo de la fuerza, practicadas arbitrariamente y con impunidad son características de una política de represión que existe hace años, cuyo objetivo es silenciar la disidencia, incluida la protesta. Es importante recordar que tanto la Misión de Determinación de los Hechos de la ONU como la Fiscalía de la Corte Penal Internacional han establecido que los crímenes cometidos en Venezuela parecen constituir crímenes de lesa humanidad, los cuales no prescriben.

Por todo lo anterior, le exigimos que proteja a quienes ejercen el derecho a la reunión pacífica, que libere de inmediato a todas las personas detenidas por protestar, y proteja a aquellas personas en situaciones de vulnerabilidad por su edad, vivir con alguna discapacidad, o condiciones de salud graves o crónicas.

Atentamente,
 

You can tag @TarekWiliamSaab on X/Twitter ...
... and use any of the publicly available statement issued to date (2 August):

Der Postdienst in Venezuela ist derzeit ausser Betrieb.

Attorney General of the Republic, Tarek William Saab
Edificio Sede Principal del Ministerio Público,
Esquinas de Misericordia a Pele El Ojo Avenida México,
Caracas, Venezuela

Twitter/X: @TarekWiliamSaab (= Beste Möglichkeit, die Zielperson zu erreichen)
E-Mail: [email protected]


KOPIEN AN

Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela
Waldeggstrasse 47, Postfach 237
3097 Liebefeld

Fax: 031 371 64 69
E-Mail: [email protected]
 


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DRUCKFERTIGE MODELLBRIEFE:
•  MODELLBRIEF DEUTSCH 072/24-1 (WORD)
•  MODEL LETTER ENGLISH 072/24-1 (WORD)
•  MODELO DE CARTA ESPAÑOL 072/24-1 (WORD)

DIESE URGENT ACTION – KOMPLETT ALS WORD-DATEI:
(Seite 1 Hintergrundinformationen, Seite 2 Modellbrief)
•  UA 072/24-1 – DEUTSCH
•  UA 072/24-1 – ENGLISH
 

Versandmöglichkeiten und Zielperson(en) siehe: ADRESSEN und SOCIAL MEDIA GUIDE
Verwenden Sie unsere Briefvorschläge oder schreiben Sie in Ihren Worten.
Portokosten für Briefversand: Europa = CHF 1.90 / alle übrigen Länder = CHF 2.50
Weitere Informationen zum Mitmachen bei den Urgent Actions finden Sie hier


English version (click on title to open):

Between 29 July and 7 August 2024, over two thousand people were arrested for protesting or being seen as critical of the government. Most of the detainees are young people, including at least 105 aged between 13 and 17. At least 16 people with disabilities, such as visual or hearing impairments, remain in detention. Credible allegations of incommunicado detention and denial of legal counsel persist, leading to a high risk of ill-treatment and torture. We urge the authorities to release all those detained for exercising their rights and call on the Attorney General to protect persons who are vulnerable because of their age or because of living with a disability or serious or chronic health condition.

Venezuela has been experiencing a profound human rights crisis for at least ten years. During this time, Amnesty International has reported serious human rights violations, including crimes against humanity, and a complex humanitarian emergency, which have caused more than 25% of the population to flee the country.

On 28 July, Venezuela saw a massive turnout for the presidential elections, despite a pre-election environment characterized by persecution, censorship and threatening discourse. When voting ended, the electoral authorities declared Nicolás Maduro the winner. However, the opposition claimed that this result was not supported by the official polling documents they had collected during the election. The electoral authority has not published official results, as required by Venezuelan law. Since then, mass demonstrations have broken out across the country in support of the opposition. The state authorities have responded with a policy of large-scale repression, including the use of lethal and less lethal force, which has resulted in at least 17 deaths, mostly of young people, including two teenagers; mass politically motivated arbitrary detentions; possible torture of key opposition figures; illegal home raids with excessive use of force; mobilization of pro-government armed groups (colectivos) and non-uniformed security forces; and a highly stigmatizing discourse against political activists, human rights defenders and civil society organizations (CSOs). Developments in the country are highly dynamic and volatile, with the number of human rights violations increasing by the day and public statements being issued constantly by all actors, both national and international.

In addition to the mass arrests of protesters between 29 July and 7 August, Amnesty International has noted with concern a dramatic increase in the government's repressive policies, including:

  • At least 17 people killed through the use of lethal and less lethal force.
  • Credible allegations of arrest warrants being issued against opposition leaders, including the presidential candidate and the head of the opposition.
  • Reports of torture committed against at least one senior opposition figure, allegedly to obtain a self-incriminating confession.
  • Dozens of illegal home raids with use of force to harass, intimidate and detain activists and protesters.
  • Credible reports of widespread deployment of non-uniformed security forces and armed groups using lethal and excessive less lethal force.
  • Repeated and continued stigmatization by senior government officials and government-linked authorities against opposition leaders, activists, human rights defenders, protesters and CSOs. Several human rights defenders have been arrested, including Edni López, Kennedy Tejeda, Edward Ocariz and others whose identities are being withheld for safety reasons.

The events that are currently unfolding fall within existing patterns of crimes against humanity on a very worrying scale that merits an international response. In this regard, the ongoing investigation by the Office of the Prosecutor of the International Criminal Court would have jurisdiction to investigate the perpetrators of possible acts of detention, torture, gender-based violence and persecution committed in the context of the elections. All authorities responsible for these crimes, including the chain of command, can and must be brought to justice in impartial and independent courts, with full guarantees of a fair trial.


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