Der Menschenrechtsverteidiger Tofik Abdulgaziev befindet sich im Gefängniskrankenhaus LPU-3 in der Oblast Tscheljabinsk. Im Jahr 2022 war er in einem unfairen Verfahren vor einem Militärgericht wegen politisch motivierter Vorwürfe zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er ist Mitglied der basisdemokratischen Organisation Krim-Solidarität. Vor seiner Festnahme im März 2019 organisierte Tofik Abdulgaziev Veranstaltungen für Kinder von Krimtatar*innen, die aufgrund politisch motivierter Anklagen in Haft waren. Er schickte Lebensmittelpakete an Krimtatar*innen in Untersuchungshaftanstalten, besuchte Gerichtsverhandlungen zu politisch motivierten Fällen und unterstützte Krimtatar*innen, bei denen Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.
Am 6. Mai 2024 analysierte ein*e unabhängige*r Mediziner*in die Ergebnisse der im Gefängnis vorgenommenen amtsärztlichen Untersuchung von Tofik Abdulgaziev und kam zu dem Schluss, dass der Menschenrechtler an Tuberkulose, beidseitiger Lungenentzündung, chronischer Herzinsuffizienz und anderen schweren Krankheiten leidet. Diese Krankheiten gelten laut Beschluss 54 der russischen Regierung vom 2. Februar 2004 als Erkrankungen, bei deren Vorhandensein man nicht inhaftiert werden darf. Nach russischem Recht haben Gerichte die Befugnis, Gefangene mit diesen Krankheiten auf freien Fuss zu setzen. Am 6. August 2024 entschied das Bezirksgericht Metalurgitscheski in Tscheljabinsk jedoch, Tofik Abdulgaziev nicht aus gesundheitlichen Gründen freizulassen.
Todesfälle in Haft, die auf die vorsätzliche Verweigerung von angemessener medizinischer Versorgung zurückzuführen sind, stellen eine willkürliche Verletzung des Rechts auf Leben dar, was auf gravierende Weise gegen internationale Menschenrechtsnormen verstösst. Tofik Abdulgaziev muss unverzüglich aus gesundheitlichen Gründen freigelassen und in eine medizinische Einrichtung seiner Wahl verlegt werden, um dort angemessen medizinisch versorgt und behandelt zu werden.
Tofik Abdulgaziev war einer von mehr als 20 krimtatarischen Aktivist*innen, die am 27. März 2019 willkürlich festgenommen wurden. Die Anklagen gegen ihn lauteten auf «Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation» unter Paragraf 205.5(2) des Strafgesetzbuchs und „Vorbereitung der gewaltsamen Machtergreifung“ gemäss Paragraf 278. Die russischen Behörden warfen ihm Mitgliedschaft in der islamistischen Organisation Hizb ut-Tahrir vor, die in Russland willkürlich als «terroristische Organisation» eingestuft ist. Das Militärgericht des Südlichen Militärbezirks in Rostow am Don verurteilte Tofik Abdulgaziev im Mai 2022 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren.
Im Mai 2023 wurde das Urteil bestätigt und Tofik Abdulgaziev in ein Gefängnis in der Stadt Werchneuralsk verlegt, etwa 2.000 km weit weg von seiner Heimat, der Krim. Im März 2024 wurde er in kritischem Zustand in ein Gefängniskrankenhaus in Tscheljabinsk gebracht, wo bei ihm Berichten zufolge Tuberkulose, Lungenentzündung und andere schwere Erkrankungen diagnostiziert wurden. Er befindet sich nach wie vor in diesem Gefängniskrankenhaus. Am 6. August 2024 entschied ein Gericht, Tofik Abdulgaziev nicht aus gesundheitlichen Gründen freizulassen.
Die Organisation Krim-Solidarität wurde 2016 als Reaktion auf die politische und religiöse Verfolgung der Krimtatar*innen durch die russischen Behörden gegründet. Ziel des Zusammenschlusses von Aktivist*innen, Rechtsbeiständen und Angehörigen von Inhaftierten ist es, deren Zugang zu rechtlicher, finanzieller, medizinischer oder sonstiger Unterstützung zu gewährleisten. Die Organisation versucht ausserdem, über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen auf der Krim zu informieren. Mehrere bekannte Mitglieder der Krim-Solidarität befinden sich wegen konstruierter Vorwürfe im Gefängnis.
Die Gemeinschaft der Krimtatar*innen machte vor der russischen Besetzung und rechtswidrigen Annektierung der Krim im Jahr 2014 etwa zwölf Prozent der dortigen Bevölkerung aus. Unter den Kritiker*innen der diskriminierenden russischen Massnahmen im Bereich der Religions- und Glaubensfreiheit finden sich zahlreiche einflussreiche Krimtatar*innen. Die russischen De-facto-Behörden betrachten daher die gesamte Gemeinschaft der Krimtatar*innen als illoyal und nehmen sie mit Vergeltungsmassnahmen ins Visier. Menschen, die sich zu den seit 2014 begangenen Menschenrechtsverletzungen auf der Krim äussern, werden verfolgt. Dazu gehören das Verschwinden-lassen von Personen, Schikanen, Einschüchterungen, willkürliche Festnahmen, Folter und andere Misshandlungen sowie die strafrechtliche Verfolgung und langjährige Inhaftierung nach unfairen Gerichtsverfahren aufgrund politisch motivierter Anklagen.
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