Zwangsräumungen in Kambodscha, die Aktivistin Phouk Hong © Amnesty International
Zwangsräumungen in Kambodscha, die Aktivistin Phouk Hong © Amnesty International

Frauen im Kampf gegen Zwangsräumungen

25. November 2011, aktualisiert 2015
In Kambodscha sind in den vergangenen Jahren Zehntausende von Menschen gewaltsam aus ihren Dörfern oder Stadtteilen vertrieben worden, weil die Regierung immer mehr Land an die Agroindustrie verpachtet oder für den Bau von kommerziellen Zentren freigibt. Meist wird die Bevölkerung weder genauer informiert noch konsultiert, sie werden nicht angemessen entschädigt, und der angebotene Ersatz reicht nicht annähernd für ein Leben in Würde. Die Betroffenen verlieren nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihr soziales Netz.

Im Bericht von Amnesty International über Zwangsräumungen in Kambodscha erzählen fünf Frauen ihre Geschichte. Es sind Geschichten von Verlust und Erniedrigung, aber auch von Mut und Widerstand. Frauen kämpfen in Kambodscha an vorderster Front gegen Zwangsräumungen, und nehmen hohe Risiken in Kauf, um ihre Lebensgrundlagen zu verteidigen.

Die Geschichte der Reisbäuerin Mai

Mai war im fünften Monat schwanger, als ihr Heim im Oktober 2009 im Beisein von bewaffneten Polizisten und Behördenvertretern dem Erdboden gleichgemacht und niedergebrannt wurde. «Mein Haus, mein Hab und Gut, meine Kleider, alles ging in Flammen auf. Nichts blieb mir.» Schon ein Jahr zuvor war ein Teil des Dorfes niedergewalzt worden, um der geplanten Zuckerrohrplantage Platz zu machen. Die Reisfelder der Familien wurden gewaltsam geräumt, die Ernte gestohlen, und es begann eine Einschüchterungskampagne, um die Dorfbevölkerung zu vertreiben.

Mai wehrte sich. In einem tagelangen Fussmarsch zog sie mit ihrer Familie nach Pnomh Penh, um sich beim Premierminister über ihre Vertreibung zu beklagen. Sie wurde aber nicht empfangen, sondern festgenommen. Man verklagte sie wegen Verletzung von Forstgesetzen und steckte sie ins Gefängnis. Erst nach 8 Monaten - während derer sie ihren jüngsten Sohn zur Welt brachte - wurde sie wieder entlassen, aber nur nachdem sie gezwungen worden war, schriftlich auf sämtliche Ansprüche auf ihr Land zu verzichten. Heute lebt sie mit ihren Kindern in preklären Verhältnissen im Haus der erwachsenen Tochter, die über die Grenze nach Thailand gegangen ist und ihr eigenes Baby bei der Grossmutter gelassen hat. Ihren Mann hat sie seit ihrer Verhaftung in Pnomh Penh nie mehr gesehen.

Die Geschichte von Tep Vanny

Vanny wohnte zusammen mit ihrem Mann und den beiden Kindern am Boeung Kak See, einem Gebiet im Zentrum Phnom Penhs. Im August 2008 begann die Firma Shukaku Inc den See aufzufüllen und mehrere tausend in der Nähe des Boeung-Kak-Sees lebende Menschen sind von dort vertrieben worden. Die BewohnerInnen – in erster Linie die Frauen - begannen sich zu organisieren und leisteten friedlichen Widerstand, so auch Vanny.

 

Ähnlich wie Mai und Vanny geht es vielen Frauen, die von Zwangsräumungen betroffen sind. «Der Verlust der Heimat und des sozialen Umfelds ist für jeden Menschen eine traumatische Erfahrung», sagt Donna Guest, stellvertretende Leiterin des Asien-Pazifik-Programms von Amnesty International. «Aber die Frauen als Hauptverantwortliche für die Familie trifft es besonders schwer. Die Zwangsräumungen stellen auch die Erfolge wieder infrage, die Kambodscha im Kampf gegen die Armut in den letzten 20 Jahren errungen hat.»

Mehr zu Zwangsräumungen in Kambodascha im Dokumentarfilm «Khmers without a land: even a bird needs a nest»