© Jacek Pulawski
© Jacek Pulawski

Asylpolitik Schweiz Statements von Flüchtlingen

Oktober 2012
Wie ergeht es Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind? Flüchtlinge berichten über ihr Schicksal auf der Flucht.

«Wie weit ist es mit uns gekommen, dass wir in unseren eigenen Häusern bombardiert werden? Meine kleine Tochter ist tot, mein Sohn und meine Frau werden wohl auch nicht überleben. Auch meine Mutter ist umgekommen. Warum diese Angriffe? Hier sind keine Rebellen. Nur ganz normale Leute. Meine Schwester und ihr Mann sind hierher geflohen vor den Kämpfen in ihrem Quartier. Sie suchten Sicherheit, stattdessen fanden sie Tod.»

(Syrien)

«Ich floh aus Somalia, nachdem meine Frau beim Angriff einer bewaffneten Gruppe getötet und ich selber verletzt wurde. 18 Monate verbrachte ich in Libyen, 11 davon in verschiedenen Haftlagern. Im Lager Kufra haben mich die Wächter geschlagen und kochendes Wasser über mich geschüttet, als ich nach Essen und Medikamenten gefragt habe. Danach wurde ich nicht behandelt, obwohl meine Beine von den Verbrennungen aufgedunsen waren.»

(Somalia)

«Wir wurden auf der Flucht zwei Mal überfallen, zuerst in Somalia, dann in Kenia. Bewaffnete Banditen haben uns alles gestohlen und uns geschlagen, mich und die anderen. Während mehrerer Tage konnte ich nicht mehr sprechen, ich war wie tot. Die anderen mussten sich um mich kümmern, ich konnte nicht einmal mehr auf die Kinder aufpassen.»

(Somalia)

«Die Polizei in Libyen hat uns verhaftet, weil wir keine Papiere hatten – meinen Mann, unser Kind und mich. Auf dem Polizeiposten nahmen sie uns alles weg und schlugen uns vor den Augen des Kindes. Sie haben mir dabei die linke Hand gebrochen. Dann brachten sie uns in verschiedene Haftlager, mich mit dem Sohn nach Garabuli, meinen Mann in ein anderes Lager. Das Leben dort war extrem hart. Ständig wurden wir schikaniert. Wir litten Hunger und hatten kein sauberes Wasser. Mein Sohn wurde schwer krank, er litt an Lungenproblemen. Der Lagerleiter erlaubte mir, ihn zum Arzt zu bringen. Wir wurden von Wächtern begleitet, aber es gelang uns zu fliehen.»

(Eritrea)

«Ich war 21 Tage auf dem Meer. Wir waren 80 Menschen auf dem Boot. Nur fünf haben überlebt. Nach drei Tagen gab es kein Wasser mehr, nichts mehr zu essen und kein Benzin. Das Boot trieb auf dem Meer. Es war im August und es regnete nie. Manche begannen, ihren Urin zu trinken und mussten sich übergeben. Nach acht Tagen ist der Erste gestorben. Von den 25 Frauen hat nur eine überlebt. Jeden Tag gab es Tote.

Tagsüber war die Sonne stechend heiss und unsere Haut war verbrannt. Alles tat mir weh, selbst die Kleider ertrug ich nicht mehr auf der Haut. Das Meerwasser drang ins Boot ein. Wir waren immer nass und nachts war es sehr kalt. Immer wieder kamen Schiffe an uns vorbei, aber sie halfen uns nicht. Wenn wir ein Schiff sahen, haben wir mit aller Kraft gerufen. Doch nach einigen Tagen waren alle schwach vor Hunger und Durst und wir schafften es nicht mehr. Einmal hat uns ein Schiff 20 Liter Wasser zugeworfen und ist weitergefahren. An jenem Tag waren wir noch zu sechst auf dem Boot. Danach ist noch eine Person gestorben und ein Tag später ist ein Schiff gekommen und hat uns gerettet.»

(Eritrea)

«Ich fuhr in einem Boot mit anderen Flüchtlingen zur griechischen Insel Samos. Die Küstenwache hat uns aufgegriffen, ins Gefängnis gesteckt und nach sechs Tagen nachts wieder an der türkischen Grenze abgesetzt. Diejenigen, die bettelten und nicht gehen wollten, wurden geschlagen. Auch mich schlugen sie mehrmals. Mein Telefon und die 400 Euro, die ich bei der Verhaftung auf mir trug, haben sie mir nicht zurückgegeben. Aus Angst und Ratlosigkeit habe ich alles akzeptiert.

Beim zweiten Versuch zu fliehen wurde ich wieder in Griechenland verhaftet und in der Folge an verschiedenen Orten inhaftiert. Überall gab es Erniedrigungen und Schläge. Ich bin aus der Türkei geflohen, weil ich Angst vor Gefängnis, Gewalt und Unterdrückung hatte. Doch auf der Flucht in Griechenland war ich diesen Gefahren noch mehr ausgesetzt und wurde fast paranoid. Seit meiner Kindheit war ich immer wieder in Gefängnissen. Ich bin heute einfach nicht mehr stark genug, um all das zu ertragen.»

(Türkei)

«Ich war in einem Lastwagen versteckt unterwegs in die Schweiz, als mich die griechische Polizei verhaftet hat. Die Polizisten fesselten mich, schlugen mich und auf dem Polizeiposten der griechischen Stadt Igoumenitsa musste ich mich nackt ausziehen. Sie schlugen mich weiter und liessen mich stundenlang so stehen. Dann kam ich in eine Zelle im Keller, wo bereits etwa 120 Personen waren. Wir hatten keinerlei Kontakt zur Aussenwelt, durften nur zwei Mal in 24 Stunden auf die Toilette, zum Essen gab es Brot und ein paar Oliven. Ich war 25 Tage dort. Danach wurde ich noch auf drei andere Polizeiposten gebracht – überall gab es Schikanen, Beschimpfungen, immer wieder Schläge. Es waren die schlimmsten drei Monate meines Lebens.»

(Türkei)