©  Adobe Stock / Jonathan Stutz
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Asyl Schweiz Zahlen und Fakten zu Asyl in der Schweiz

4. Februar 2020
Wie viele Asylsuchende erhalten in der Schweiz Asyl? Wie viele werden vorläufig aufgenommen? Und woher kommen diese Menschen? Zahlen und Fakten zur Lage 2019.

Weltweit waren 2018 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung (UNHCR Global Trends Report 2018) – so viele wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr und wiederum 2,3 Millionen mehr als im Vorjahr. Die Millionen Flüchtlinge, die Hunger, Naturkatastrophen und wirtschaftlichem Elend entkommen wollen, sind dabei noch gar nicht mitgezählt. 2019 dürfte sich die Lage tendenziell verschärft haben; neue Zahlen legt das UNHCR voraussichtlich Ende Juni 2020 vor.

Flüchtlinge weltweit...

Die Mehrheit der 70,8 Millionen Flüchtlinge (41,3 Millionen) wurde in anderen Regionen ihres Heimatlandes aufgenommen (Intern Vertriebene). Von den 25,9 Millionen Menschen, die ihr Heimatland verlassen mussten, fand die Mehrheit Zuflucht in einem Nachbarland. In absoluten Zahlen hat die Türkei (im fünften Jahr hintereinander) mit rund 3,7 Millionen Menschen (Stand Ende 2018) am meisten Flüchtlingen Zuflucht geboten. Der Libanon hat am meisten Flüchtlinge im Verhältnis zu seiner Bevölkerung aufgenommen: Jede sechste Person im Zedernstaat ist ein Flüchtling.

Gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) wurden 2019 in Europa etwa 710'000 Asylgesuche gestellt, 12% mehr als 2018, aber nur rund halb so viele wie  2015.  Von diesen Asylgesuchen wurden nur rund 2% in der Schweiz gestellt - was den tiefsten Wert seit Ende des Kalten Krieges darstellt. Die Schweiz leistet somit im europäischen Kontext einen immer geringeren Beitrag, während sich die Situation der Flüchtlinge an den Grenzen und etwa in den Lagern in Griechenland immer weiter verschlechtert.

...und in der Schweiz

Im Jahr 2019 wurden in der Schweiz insgesamt 14'269 Asylgesuche eingereicht – dies sind die tiefsten Werte seit 2007 und nur noch rund ein Drittel so viele wie 2015. Der Rückgang der Asylgesuche in der Schweiz ist vor allem auf die Schliessung der Balkanroute und die Bestrebungen Italiens und der EU (in deren Schlepptau auch der Schweiz) zurückzuführen, die Überfahrt über das Mittelmeer zu verhindern. Im zentralen Mittelmeer etwa ist die Zahl der Landungen in Italien/Malta von über 180'000 im Jahr 2016 auf nurmehr 11'000 gesunken. In Griechenland sind zwar wieder mehr Menschen angekommen, die meisten aber sitzen unter desaströsen Umständen in den Lagern auf den Inseln fest.

Neues Asylverfahren

Im März 2019 trat in der Schweiz ein neues beschleunigtes Asylverfahren in Kraft. Kernstück ist die Zentralisierung der meisten Verfahren in durch den Bund geführten Asylzentren. Asylsuchende haben neu von Beginn des Verfahrens an eine durch den Staat mandatierte und bezahlte Rechtsvertretung. Amnesty hat dazu eine spezfische Zwischenbilanz gezogen.

Hohe Schutzquote

Insgesamt wurden im Jahr 2019 in der Schweiz 19'140 erstinstanzliche Asylentscheide getroffen:

Davon haben 3362 Personen haben einen Nichteintretensentscheid (NEE) erhalten, vor allem so genannte Dublin-Entscheide. 5’551 der Asylsuchenden haben Asyl erhalten und 5501 Asylsuchende wurden vorläufig aufgenommen.

Die Anerkennungsquote (Prozentsatz der Asylgewährungen) betrug damit 31,2%, die Schutzquote (Prozentsatz der Asylgewährungen plus vorläufigen Aufnahmen) 59,3%. Die Anerkennungsquote liegt damit rund 5% höher als im Vorjahr, die Schutzquote praktisch gleich hoch. Das heisst auch, dass selbst in der Lesart der Behörden 60% der Asylgesuche als begründet galten. Das neue beschleunigte Asylverfahren scheint keinen wesentlichen Einfluss auf Anerkennungs- und Schutzquoten zu haben.

Schweiz unattraktiv

Der Rückgang der Asylgesuchzahlen ist auch auf die Unattraktivität der Schweiz als Zielland zurückzuführen. Diese geht ihrerseits auf die restriktive Asylpolitik des SEM zurück: eine nach wie vor äusserst rigorose Anwendung des Dublin-Abkommens, eine vergleichsweise tiefe Anerkennungsquote für syrische Staatsangehörige als Flüchtlinge, den anhaltend hohen Druck auf die eritreischen Asylsuchenden, schnelle Asylverfahren für Personen aus Ländern mit tiefer Schutzquote wie dem Balkan, Georgien und zahlreichen afrikanischen Ländern wie Guinea, Nigeria, Mali, usw.

Wichtigste Herkunftsländer

Das wichtigste Herkunftsland von Asylsuchenden im Jahr 2019 war mit 2899 weiterhin Eritrea. Weitere wichtige Herkunftsländer waren Afghanistan (1397 Gesuche, 17,8 % mehr als im Vorjahr),  die Türkei (1287 Gesuche, +28,1 %) und Syrien (1100 Gesuche, −21 %).

Eritrea

In Eritrea war nach wie vor der unbegrenzte «Nationaldienst» der Hauptfluchtgrund, Trotzdem diesbezüglich und betr. der Menschenrechtslage im Land generell keine Verbesserungen festzustellen waren, hat die Schweiz an ihrer verschärften Asylpraxis festgehalten: Zwei äusserst fragwürdige Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts bezeichneten Rückführungen 2018 als zumutbar – trotzdem das Gericht selbst die Informationslage als unsicher bezeichnete und den Nationaldienst als Zwangsarbeit qualifizierte. Daraufhin leitete das Staatsekretariat auch die Überprüfung bestehender vorläufiger Aufnahmen ein. Dies führte auch zu einer Rüge des Anti-Folterkomitees der UNO. Die Praxis führt dazu, dass immer mehr abgewiesene eritreische Asylsuchende unter dem abschreckenden Regime der Nothilfe ohne Perspektiven in der Schweiz festsitzen, weil sie sich eine "freiwillige" Rückkehr nicht vorstellen können.

Syrien

In Syrien dauerten in einigen Gegenden Kampfhandlungen an, während in den vom Regime im Zuge einer auf die Zivilbevölkerung gerichteten, völkerrechtswidrigen Kriegsstrategie zurückeroberten Gebieten eine Rückkehr der Vertriebenen kaum realistisch erscheint. In den Hauptaufnahmeländern syrischer Flüchtlinge (Türkei, Libanon) hat sich deren Situation weiter verschlechtert. Dies führt dazu, dass sich weiterhin zahlreiche syrische Flüchtlinge trotz immer grösserer Hindernisse zu einer Flucht nach Europa gedrängt sehen. Während die Schweiz gestützt auf den Bundesratsbeschluss von Dezember 2016 in den Jahren 2017 und 2018 im Rahmen von Resettlement-Programmen rund 2000 syrische Flüchtlinge, vorwiegend aus Libanon und Jordanien, aufgenommen hat, blieb die Schweiz für syrische Flüchtlinge aufgrund langer Verfahrensdauer und einer geringen Quote an Asylgewährungen im europäischen Vergleich ein unattraktives Zielland.  

Afghanistan

In Afghanistan trieb die Lage Gewalt und eine rekordhohe Anzahl ziviler Opfer wie bereits 2018 viele Menschen in die Flucht. Die Sicherheitslage hat sich in keiner Weise verbessert, was – zusammen mit der schwierigen Lage afghanischer Flüchtlinge im Iran – zu einer weiterhin hohen Anzahl Asylgesuchen afghanischer StaatsbürgerInnen führte.

Türkei

Während die Türkei weiterhin weltweit am meisten Flüchtlingen (v.a. aus Syrien) Zuflucht gewährte – dies auch mit wegen eines fragwürdigen Deals mit der EU - , führte die immer umfassendere Repression im Lande gegen JournalistInnen, AktivistInnen, RegierungskritikerInnen, Angehörige kurdischer Parteien und Organisationen sowie (tatsächliche und vermeintliche) Mitglieder der Gülen-Bewegung wieder zu mehr Asylgesuchen türkischer Staatsangehöriger in der Schweiz; die Anerkennungs- und Schutzquote war dabei vergleichsweise hoch.