Europa Verantwortung für Flüchtlinge in Seenot gemeinsam tragen

Ein Jahr nach der Flüchtlingstragödie von Lampedusa mit mehr als 380 Toten belegt ein neuer Bericht von Amnesty International, dass die Untätigkeit der Europäischen Union zur weiterhin steigenden Zahl der Todesopfer im Mittelmeer beiträgt.

«Auch die Schweiz darf die Augen nicht davor verschliessen, dass weiter Tausende von Flüchtlingen und Migrantinnen bei dem verzweifelten Versuch sterben, Europas Küsten zu erreichen», sagt Cyrielle Huguenot, in der Schweizer Amnesty-Sektion verantwortlich für Migrationsfragen. «Der Bundesrat darf die Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen nicht allein den Mittelmeeranrainern aufbürden. Amnesty Schweiz begrüsst deshalb, dass Bundesrätin Simonetta Sommaruga Italien kürzlich Unterstützung bei der Registrierung von Flüchtlingen zugesagt hat. Darüber hinaus muss sich die Schweiz aber auch finanziell an Such- und Rettungsmissionen im Mittelmeer beteiligen.»

Der aktuelle Amnesty-Bericht fasst die Ergebnisse einer Recherchemission nach Italien und Malta zusammen, die im Sommer stattgefunden hat. Weil die Landrouten über Griechenland und Bulgarien für Flüchtlinge mittlerweile unter anderem durch meterhohe Zäune unpassierbar geworden sind, weichen immer mehr Menschen auf Routen aus, die über das Mittelmeer nach Europa führen.

Italien braucht Unterstützung

Seit dem Schiffsunglück am 3. Oktober 2013 hat die italienische Marine mit der Operation «Mare Nostrum» über 140‘000 Menschen aus Seenot gerettet. Trotzdem sind auch in diesem Jahr über 2‘500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken.

«Mit Mare Nostrum finanziert Italien im Alleingang einen humanitären Einsatz, der ganz Europa etwas angeht. Mare Nostrum ist aber keine Dauerlösung. Alle europäischen Länder müssen endlich Verantwortung für die Seenotrettung im Mittelmeer übernehmen, auch die Schweiz», so Huguenot.

Der aktuelle Bericht «Lives adrift: Refugees and migrants in peril in the central Mediterranean» dokumentiert die Ergebnisse einer im Sommer stattgefundenen Recherchemission nach Italien und Malta. Die Rechercheure sprachen mit mehr als 50 Flüchtlingen und Migrantinnen. In dem Bericht enthalten sind Interviews mit Überlebenden, Expertinnen und Behördenvertretern.

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