Am 17. Oktober 2006 unterzeichnete US-Präsident George W. Bush das Gesetz über Militärkommissionen (Military Commissions Act). Dieses Gesetz missachtet grundlegende Rechte, die in der US-Verfassung und Gesetzgebung sowie in von den USA ratifizierten internationalen Abkommen verbrieft sind.
Internationale Rechtsstandards:
Recht auf Freiheit. Alle, denen ihre Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, haben das Recht, die Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung gerichtlich anzufechten und freigelassen zu werden, wenn die Inhaftierung nicht rechtmässig ist.
US-Justiz im «Krieg gegen den Terror»:
Das Gesetz über Militärkommissionen entzieht den US-Bundesgerichten die Zuständigkeit, die Rechtmässigkeit der Haft oder die Haftbedingungen von ausländischen Staatsbürgern zu überprüfen, die als «feindliche Kämpfer» in US-Gewahrsam gehalten werden.
Beschwerderecht. Alle, deren Rechte oder Freiheiten durch den Staat verletzt werden, haben das Recht, eine wirksame Beschwerde einzulegen.
Über 750 Menschen wurden in Guantánamo Bay gefangen genommen und werden dort teilweise seit über fünf Jahren festgehalten, ohne dass sie einer strafbaren Handlung angeklagt worden sind oder vor Gericht gestellt wurden.
Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und Nicht-Diskriminierung.
Das Gesetz über Militärkommissionen schränkt das Recht auf gerichtliche Überprüfung von Inhaftierungen sowie das Recht auf Einlegen von Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzungen ein, allerdings nur für ausländische Staatsbürger. Das Gesetz diskriminiert daher aufgrund der Nationalität der Inhaftierten.
Nur gegen ausländische Staatsbürger, die als «feindliche Kämpfer» eingestuft wurden, kann ein Verfahren vor Militärkommissionen eröffnet werden. Bei diesen Verfahren ist es wahrscheinlich, dass niedrigere Rechtsstandards gelten werden als für US-Staatsbürger, die derselben bzw. ähnlicher Verbrechen beschuldigt werden. Dies verstösst gegen das Verbot der diskriminierenden Anwendung des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren.
Recht auf ein Verfahren vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht.
Das Gesetz über Militärkommissionen erlaubt dem Präsidenten die Einrichtung von Militärkommissionen. Die Exekutive – vor allem Präsident und Verteidigungsminister – bestimmt, welche Gefangenen vor Militärkommissionen gestellt, welche Verfahren die Kommissionen anwenden und welche Militärrichter und Offiziere in die Kommissionen berufen werden. Angesichts dieser überragenden Rolle der Exekutive ist die Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Zuständigkeit der Militärkommissionen ernsthaft anzuzweifeln.
Unschuldsvermutung
Alle Gefangenen in Guantánamo wurden als «feindliche Kämpfer» in einem nur unzureichend definierten «Krieg» eingestuft.
Obwohl für die Militärkommissionen gilt, dass die Beschuldigten als unschuldig anzusehen sind, bis das Gegenteil zweifelsfrei bewiesen ist, wurde dieses Recht durch wiederholte Äusserungen von Regierungsvertretern untergraben, die die Gefangenen in Guantánamo bereits als «Mörder» und «Terroristen» bezeichnet haben.
Recht auf ein Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist
In dem Gesetz über Militärkommissionen heisst es ausdrücklich, dass alle Regelungen für Kriegsgerichte bezüglich eines zügigen Verfahrens «nicht für Verfahren vor Militärkommissionen gelten».
Recht auf freie Wahl des Rechtsanwalts
Das Recht eines Angeklagten auf freie Wahl des Rechtsanwalts ist nach dem Gesetz über Militärkommissionen nicht gewährleistet.
Recht auf Anfechtung und das Vorlegen von Beweisen.
Das Gesetz über Militärkommissionen erlaubt die Verwendung von Geheiminformationen als «Beweise» gegen den Angeklagten, ohne dass dieser die «Beweise» anfechten kann. Dies gilt vor allem für die «Quellen, Methoden oder Handlungen», durch die die Regierung die «Beweise» erhalten hat.
Ausschluss von Beweisen, die unter Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung erlangt wurden.
Das Gesetz über Militärkommissionen erlaubt die Zulassung von Beweisen, die durch grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erzwungen wurden. Die Militärrichter, die den Militärkommissionen vorstehen, können entscheiden, ob sie mutmasslich durch Folter oder Misshandlung erzwungene «Beweise» zulassen.
«Beweise», die auf Hörensagen beruhen, können verwendet werden, ohne dass der Angeklagte ihre Quelle oder die Methode, mit der sie erlangt wurden, wirksam anzufechten. Somit wird auch hier die Verwendung von durch Folter oder Misshandlung erzwungenen «Beweisen» zugelassen.
Keine Todesstrafe ohne Rechtsverfahren, das alle erforderlichen Schutzgarantien bietet, um ein faires Verfahren zu gewährleisten.
Das Gesetz über Militärkommissionen erlaubt die Verhängung der Todesstrafe, während gleichzeitig die Schutzgarantien für faire Gerichtsverfahren eingeschränkt werden.
Stand: Dezember 2007