Acht Jahre Guantánamo – eine Chronologie

Stand: 15. Dezember 2009
Zentrale Daten seit dem 11. September 2001

2009

19. Dezember 2009 - Die USA entlassen zwölf Gefangene aus dem Gefangenenlager Guantánamo. Sechs Jemeniten, vier Afghanen und zwei Somalier werden «unter angemessenen Sicherheitsstandards» in ihre Heimatländer überstellt.

18. Dezember 2009 – Das Schweizer Bundesverwaltungsgerichts heisst die Beschwerde eines algerischen Häftlings aus Guantánamo teilweise gut. Der negative Entscheid des Bundesamtes für Migration zu seinem Asylgesuch in der Schweiz wird aufgehoben.

17. Dezember 2009 - Die USA stellen die Schliessung Guantánamos bis Sommer 2010 in Aussicht.

16. Dezember 2009 – Der Schweizer Bundesrat entscheidet, einen von den USA freigelassenen Guantánamo-Gefangenen aus Usbekistan in der Schweiz aufzunehmen.

15. Dezember 2009 - In einer Pressemitteilung erklärt Amnesty International, dass die angekündigte Verlegung der Gefangenen in die Haftanstalt Thomson in Illinois als nicht ausreichend anerkannt wird, da es keinen Unterschied macht, ob die Gefangenen im Staatsgebiet der USA oder anderswo festgehalten werden. Es bleibe die Tatsache bestehen, dass sie entweder angeklagt oder freigelassen werden müssten.

04. Dezember - Der US-Verteidigungsminister Robert Gates spricht davon, dass 116 der 211 verbleibenden Gefangenen aus Guantánamo ins Ausland gebracht werden soll. Es beleibt unklar, wie viele dort mit einem Prozess rechnen müssen. Ein Zeitplan nannte er nicht. Offenbar müssen für viele Gefangene noch Aufnahmeländer gefunden werden.

13. November - Der Justizminister Eric Holder kündigt an, dass fünf Guantánamo-Gefangene in New York vor ein Zivilgericht gestellt werden sollen. Für andere Gefangene soll es allerdings weiterhin Verfahren vor Militärkommissionen geben.

29. Oktober - Obama unterzeichnet ein Gesetz, das die Überstellung von Guantánamo-Häftlingen für Prozesse in den USA erlaubt. Es handelt sich um einen Kompromiss mit dem Kongress. Dieser muss 45 Tage vor der Überstellung informiert werden. Dagegen verbietet es das Gesetz, Gefangene in die USA zu entlassen.

08. Oktober - Die USA lassen einen kuwaitischen Gefangenen frei, nachdem eine US-Richterin ihn bereits im September angeordnet hatte.

12. Juni - Überstellung von Gefangenen in ihre Heimatstaaten: Die US-Behörden fliegen zwei Gefangene in ihre Heimatländer, Irak und Tschad, aus. Im Laufe des Jahres werden einige weitere Gefangene, unter anderem in den Jemen und nach Afghanistan, entlassen.

09. Juni - Zum ersten Mal wird ein Guantánamo-Häftling in die USA gebracht, um dort vor ein US-Zivilgericht gestellt zu werden. Der Tansanier Ahmed Ghailani wird wegen der mutmasslichen Beteiligung an Anschlägen auf US-Botschaften in Tansania und Kenia vor einem Bundesgericht in New York angeklagt.

02. Juni - Ein jemenitischer Guantánamo-Häftling begeht vermutlich Selbstmord.

09. April - CIA-Direktor, Leon Panetta, bestätigt die Schliessung aller geheimen Gefängnisse («Black Sites»), die der US-Geheimdienst in verschiedenen Ländern betrieben hatte.

23. Februar - Aufnahme von früheren Guantánamo-Gefangenen in Drittstaaten: Grossbritannien nimmt einen äthiopischen Ex-Häftling auf. Bis November nehmen auch Frankreich, die Bermudas, Portugal, Belgien, Palau, Italien und Ungarn insgesamt 18 Gefangene auf. Sie stammen aus Ländern wie Algerien, China, Syrien und Tunesien, wo sie Folter oder unfaire Prozesse befürchten müssten.

09. Februar - Ungefähr 50 Häftlinge auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba sind zur Zeit im Hungerstreik. Die Mehrheit der Streikenden wird von den Guantánamo-Behörden zwangsernährt. Die bei der Zwangsernährung angewandten Massnahmen kommen grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleich.

21. Januar - Direkt nach seinem Amtsantritt verfügt US-Präsident Barack Obama, dass alle Terrorismus-Verfahren und Militärtribunale in dem Gefangenenlager in Guantánamo sofort gestoppt werden und dass das Gefängnis bis Januar 2010 geschlossen wird. Er verfügt auch, dass alle geheimen CIA-Gefängnisse geschlossen werden.

2008

11. Dezember – Der Verteidigungsausschuss («Armed Services Committee») des US-Kongresses veröffentlicht Ergebnisse seiner Untersuchung zu Gefangenenmisshandlung im «Krieg gegen den Terror». Unter anderem stellt er fest, dass «hochrangige Regierungsvertreter Anweisung gegeben haben, wie aggressive Verhörmethoden zu verwenden seien, Gesetze uminterpretiert haben, um diesen Methoden einen Anschein der Legalität zu geben, und ihre Anwendung genehmigt haben». Der Ausschuss stellt ausserdem fest, dass «aggressive» Verhörmethoden, die 2002 von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für Guantánamo genehmigt worden waren, auch in Afghanistan und dem Irak angewendet wurden.

11. Dezember – Der portugiesische Aussenminister Luis Amada erklärt, Portugal sei bereit, Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. In einem Brief fordert er seine europäischen Amtskollegen auf, sich seinem Angebot anzuschliessen.

20. November - Amnesty International unterstützt eine Beschwerde gegen den negativen Asylentscheid des Bundesamtes für Migration (BFM) im Fall der drei Guantánamo-Häftlingen aus Libyen, Algerien und China. Mehr

20. November – Ein US-Gericht ordnet die Entlassung von fünf der sechs Männer an, die 2002 in Bosnien-Herzegowina festgenommen und nach Guantánamo gebracht wurden. Es urteilt, dass die Regierung den sechsten Mann weiter in Haft halten darf. Die sechs sind die ersten, über deren Haftprüfungsantrag vor einem Zivilgericht entschieden wird. Am 17. Dezember werden drei der bosnischen Gefangenen algerischer Herkunft tatsächlich nach Bosnien-Herzegowina ausgeflogen. Es ist das erste Mal, dass Gefangene aus Guantánamo aufgrund einer Gerichtsentscheidung freigelassen werden.

10. November - Das schweizerische Bundesamt für Migration lehnt die Asylgesuche von drei Guantánamo-Häftlingen aus Libyen, Algerien und China ab. Mehr

Anfang November – Amnesty International und fünf weitere Menschenrechtsorganisationen fordern die europäischen Regierungen auf, Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen, die keiner Straftat angeklagt werden, aber auch nicht in ihre Herkunftsländer zurück können, weil ihnen dort Folter oder andere Menschenrechtsverletzungen drohen. In der Schweiz sind drei Asylgesuche hängig.

7. Oktober – Ein Bundesrichter ordnet die Entlassung von 17 chinesischen Uiguren in die USA an. Die Regierung legt Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Obwohl die Regierung die 17 Männer bereits seit einiger Zeit nicht mehr als «feindliche Kämpfer» eingestuft hatte, bleiben sie weiterhin in Guantánamo inhaftiert. Mehr

Mitte August 2008 – Anhörungen von zwei weiteren Gefangenen, Mohammad Jawad und Omar Khadr, finden statt. Die beiden wurden vor Jahren als Minderjährige festgenommen. Für die Aburteilung von minderjährigen Tatverdächtigen sind die Verfahren vor Militärkommissionen in den Augen von Amnesty International völlig ungeeignet, denn das System sieht gar keine Sonderbehandlung von jugendlichen Straftätern vor. Zum Artikel

Anfang August 2008 – Trotz des Urteils des obersten Gerichtshofes führt die Regierung Bush die bereits anberaumten Verfahren vor Militärkommissionen durch. Der erste Prozess Kriegsverbrechen-Prozess findet Anfang August statt. Der aus Jemen stammende Salim Hamdan, einstiger Fahrer von Osama bin Laden, wurde der «Unterstützung des Terrorismus» schuldig befunden und zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Amnesty International beurteilt den Ablauf des Verfahrens als juristische Farce. Zum Artikel

12. Juni 2008 – Der Oberste Gerichtshof der USA entscheidet, dass die ausländischen Guantanamo-Häftlinge ihre Inhaftierung vor einem US-Zivilgericht anfechten können. Für Amnesty International ist das Urteil ein bedeutender Schritt zur Wiederherstellung der Gesetzmässigkeit. Mit seinem Urteil hat das Oberste Gericht zum dritten Mal innert vier Jahren die Auffassung der Bush-Administration zurückgewiesen, wonach Tatverdächtige auf unbestimmte Zeit festgehalten werden können, ohne dass sie angeklagt werden oder Zugang zu einem Rechtsverfahren erhalten. Good News

Juni – Die US-Regierung gibt gegenüber dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes an, dass etwa 2’500 Minderjährige im Irak, in Afghanistan und in Guantánamo von den USA gefangen gehalten wurden. Etwa 90 befanden sich auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan, davon waren zehn im April 2008 noch in Haft. In Guantánamo seien es acht gewesen, die Zahl wird später auf zwölf korrigiert.

13. Mai – Die US-Regierung klagt fünf Gefangene in einem gemeinsamen Verfahren vor einer Militärkommission an. Dem Pakistaner Khalid Shaikh Mohammed, den Jemeniten Ramsi Binalshibh und Walid bin Attasch, dem Pakistaner Ali Abdel Asis Ali und dem Saudi Mustafa Ahmed al Hausawi wird eine Beteiligung an den Attentaten vom 11.September 2001 vorgeworfen. Die Anklage fordert die Todesstrafe.

14. März – Das Pentagon gibt bekannt, das der Afghane Muhammad Rahim al-Afghani nach Guantánamo gebracht wurde. Zuvor war er in geheimer CIA-Haft.

5. Februar – Der CIA-Direktor bestätigt, dass die CIA 2002 und 2003 «Waterboarding» bei drei Häftlingen in Geheimgefängnissen angewendet hat.

2007

6. Dezember - Die CIA gibt bekannt, dass Videobänder zerstört worden sind, auf denen «spezielle Verörtechniken» zu sehen gewesen sind. Der Anwalt von Majid Khan, der einzige sogenannten «high value detainee», dem bisher ein Rechtsbeistand gewährt worden ist, forderte daraufhin, dass in seinem Fall kein Aktenmaterial vernichtet werde. Aus den dabei öffentlich gemachten Dokumenten des Anwalts geht auch hervor, dass Majid Khan in Guantánamo in einem bisher geheimen «Camp 7» festgehalten wird.

4. November – Die «New York Times» schreibt mit Berufung auf offizielle Quellen, dass sich die US-Administration darüber nachdenke, das Gefangenenlager Guantánamo zu schliessen. Ähnliche Spekulationen machten bereits im Sommer die Runde. Als Voraussetzung für eine Schliessung wurde allerdings genannt, dass als «gefährlich» erachtete Häftlinge in den USA selbst auf unbestimmte Zeit in Haft gehalten werden könnten. Damit würden die rechtswidrigen Zustände lediglich verlagert. Zudem gestaltet sich auch die Freilassung von Häftlingen, die nicht mehr als «Gefahr» angesehen werden, als schwierig: Etlichen droht im Heimatland (weitere) Folter und Misshandlung.

9. August – Die neue britische Regierung verlangt die Auslieferung jener Häftlinge, die zwar nicht britische Staatsbürger sind, aber über eine britische Aufenthaltsbewilligung verfügen. Sie erfüllt damit eine zentrale Forderung von AI.

20. Juli – US-Präsident Bush erlässt einen Ausführungsbefehl betreffend des CIA-Programms über geheime Inhaftierungen und Verhöre (sog. executive order). Der Order gibt grünes Licht für die Fortsetzung des (völker- und menschenrechtswidrigen) Geheimprogramms und erlaubt «spezielle Verhörmethoden» für Terrorverdächtige, welche als bedrohlich oder als wichtige Informationsquelle angesehen werden.

5. Juni – Die Anklagen gegen Omar Khadr und Ahmed Hamdan werden von der Militärkommission aus formalen Gründen (Deklaration als «enemy combatant» und nicht als «unlawful enemy combatant») nicht entgegen genommen. Das Pentagon geht in die Berufung und bekommt am 24. September recht. Die Verfahren sollen Ende Jahr wieder aufgenommen werden, Omar Khadr und Ahmed Hamdan befinden sich weiterhin auf unbestimmte Zeit in (Isolations-)-Haft.

30. Mai – Das US-Verteidigungsministerium gibt bekannt, dass ein weiterer Häftling Selbstmord begangen hat. Immer wieder gibt es Selbstmordversuche. Juma al Dossari, Doppelbürger aus Bahrain und Saudi Arabien, hat 12mal versucht, sich das Leben zu nehmen. In einem Brief an seinen Anwalt schrieb er : «I can say, that life and death are equal, but death has become my greatest hope to end my misery, suffering and sad life».

30. März – David Hicks wird nach einer absurden Absprache zwischen seinen Anwälten und der Militärkommission wegen Unterstützung des «Terrorismus» zu 7 Jahren Haft verurteilt, von denen er noch 9 Monate in Australien verbüssen muss. Ende Mai wird er nach Australien überführt. Er ist bis heute der einzige geblieben, der – auch dies allerdings nicht vor einem ordentlichen Gericht – verurteilt worden ist.

2. Februar – David Hicks, Omar Khadr und Ahmed Hamdan werden erneut angeklagt, diesmal vor so genannten Militärkommissionen und gestützt auf den am 17. Oktober 2006 verabschiedeten Military Commissions Act.

Januar – Etwa 165 Gefangene werden in das neu erstellte Camp 6 verlegt. Dort sind sie mindestens 22 Stunden am Tag in völliger Isolation, ohne Tageslicht, aber bei ununterbrochener künstlicher Beleuchtung untergebracht.

2006

Oktober/November – Die Regierung strebt an, alle anhängigen Haftprüfungsanträge, die vor der Verabschiedung des Gesetzes über Militärkommissionen für Gefangene aus Guantánamo gestellt wurden, nicht vor Gericht behandeln zu lassen. Die Regierung argumentiert, dass das Wissen der 14 aus geheimer Haft nach Guantánamo überstellten Gefangenen über das CIA-Programm – einschliesslich Befragungstechniken und die Aufenthaltsorte geheimer Einrichtungen – aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht enthüllt werden dürfe.

17. Oktober – Präsident Bush unterzeichnet das Gesetz über Militärkommissionen (Military Commissions Act). Diese Gesetz entzieht den Bundesgerichten die Zuständigkeit für Haftprüfungsanträge von «feindlichen Kombattanten», die irgendwo auf der Welt in US-Gewahrsam gehalten werden. Darüber hinaus erlaubt das Gesetz dem Präsidenten, neue Militärkommissionen einzurichten, um derartige Gefangene vor Gericht zu stellen und schränkt die Reichweite des US-Gesetzes zu Kriegsverbrechen ein, indem Verstösse gegen das im gemeinsamen Artikel 3 vorgesehene Verbot bezüglich unfairer Gerichtsverfahren bzw. der «Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung», nicht ausdrücklich strafrechtlich verfolgt werden. Präsident Bush kündigt an, das Gesetz werde die Fortführung des CIA-Programms zur geheimen Inhaftierung ermöglichen.

6. September – Präsident Bush kündigt die Überführung von 14 Gefangenen nach Guantánamoan, die in geheimen CIA-Hafteinrichtungen (sogenannten «black sites») in Gewahrsam gehalten worden waren.

29. Juni – Der Oberste US-Gerichtshof urteilt im Fall «Hamdan gegen Rumsfeld», dass die im Rahmen der Militärverordnung von 2001 eingerichteten Militärkommissionen sowohl gegen US-amerikanisches Recht als auch gegen das Völkerrecht verstossen. Der Gerichtshof urteilt weiter, dass der gemeinsame Artikel 3 der Genfer Konventionen anzuwenden sei – damit widerspricht er der Entscheidung des Präsidenten von 2002.

10. Juni – Drei Gefangene sterben in der Einrichtung, nachdem sie offenbar Selbstmord begangen haben.

2005

30. Dezember – Präsident Bush unterzeichnet das Gesetz über die Behandlung von Gefangenen (Detainee Treatment Act 2005), das den Einsatz grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von Gefangenen verbietet, aber auch die Rechte der Gefangenen in Guantánamo auf gerichtliche Anfechtung der Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung bzw. der Haftbedingungen einschränkt.

25. Mai – Amnesty International fordert die Schliessung des Gefangenenlagers Guantánamo Bay. Die Forderung wird später von Uno-Sachverständigen, den früheren US-Präsidenten Carter und Clinton, Staatschefs europäischer und anderer Länder sowie Menschenrechts- und Juristenorganisationen aufgegriffen.

2004

November – Ein Rechtsmittel, das für den jemenitischen Gefangenen Salim Ahmed Hamdan bei einem US-Bundesgericht eingelegt wurde, führt zur Aussetzung von Vorverhandlungen vor der Militärkommission.

7. Juli – Das Pentagon kündigt die Bildung von Sondergerichten zur Prüfung des Kombattantenstatus von Gefangenen an. Das mit drei Offizieren besetzte Tribunal kann geheime oder erzwungene Informationen als Beweise gegen die Inhaftierten verwenden. Vor diesen Sondergerichten soll den Gefangenen ein Rechtsbeistand verweigert werden. Zudem werden die Gefangenen im weiteren Sinne als «feindliche Kämpfer» angesehen, sofern sie nicht das Gegenteil beweisen.

28. Juni – Der Oberste US-Gerichtshof urteilt im Fall «Rasul gegen Bush», dass US-Bundesgerichte befugt sind, Rechtsmittel von Gefangenen in Guantánamo anzuhören.

Mai – Vier Jahre nachdem der Uno-Ausschuss gegen Folter die «übermässig harte» Führung der sogenannten «Supermax»-Gefängnisse (Hochsicherheitsgefängnisse) der USA kritisiert hat, ist das «Camp V» in Guantánamo fertig gestellt, das nach dem Modell der «Supermax»-Gefängnisse errichtet wurde.

2003

3. Juli – Das Pentagon verkündet, dass sechs Gefangene von Guantánamo für eine Verhandlung vor Militärkommissionen in Frage kommen. Zwei der sechs werden anschliessend ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren freigelassen und nach Grossbritannien überführt.

Juni – Ali Saleh Kahlah al-Marri, Staatsbürger Katars, wird durch einen Präsidentenbefehl zum «feindlichen Kämpfer» erklärt. Damit wird der zivilen Justiz die Zuständigkeit für das Verfahren gegen ihn entzogen. Er wird dem Militär übergeben und auf einem Stützpunkt in South Carolina inhaftiert.

27. Mai – Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) trifft sich mit hochrangigen Vertretern der USA in Washington und dringt darauf, ein rechtsstaatliches Verfahren einzurichten und die Situation der über 600 Gefangenen in Guantánamo entscheidend zu ändern.

April – Donald Rumsfeld genehmigt Befragungstechniken wie Isolierung, Verschärfung der Haftbedingungen durch extreme Hitze oder Kälte und Schlafentzug. Weitere Techniken können von Fall zu Fall beantragt werden.

14. März – Ein Rechtsgutachten des US-Justizministeriums behauptet, «jeder Versuch des Kongresses, die Verhöre von feindlichen Kämpfern zu regeln, würde die von der Verfassung garantierten Rechte des Präsidenten als Oberbefehlshaber verletzen». Wenn Verhörmethoden gegen die Verpflichtungen der USA aus der UN-Antifolterkonvention verstiessen, «aber durch Notwendigkeit oder Notwehr gerechtfertigt sind», «dann würden wir diese immer noch als letztlich in Übereinstimmung mit internationalem Recht sehen». Ausserdem führt das Gutachten aus, dass ein Befrager, der einen «feindlichen Kämpfer» in einer strafbaren Weise verletzt, sich vor Strafverfolgung schützen kann, wenn er sich darauf beruft, dass er so handelte, um Anschläge von al-Qaida gegen die USA zu verhindern.

2002

2. Dezember – US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genehmigt die uneingeschränkte Anwendung von Befragungstechniken. Dazu gehren das Überstülpen von Kapuzen, Entkleiden, sensorische Deprivation (Minimierung von Sinnesreizen), Isolierung, Verharren in schmerzhaften Körperhaltungen und den Einsatz von Hunden zur Erzeugung von Angst . Er hebt diese Pauschalgenehmigung sechs Wochen später allerdings wieder auf und erklärt, dass für die Anwendung derartiger Techniken im Einzelfall seine Genehmigung notwendig sei.

1. August – In einem Memorandum des US-Justizministeriums an den damaligen Berater des Weissen Hauses, Alberto Gonzales, werden folgende Empfehlungen ausgesprochen: Der Präsident kann Folter genehmigen und Ermittler dürfen Gefangenen starke Schmerzen zufügen, ehe sie die Grenze zur Folter überschreiten. Damit würde diese Behandlung keine strafrechtliche Verfolgung nach US-Recht nach sich ziehen. Ausserdem hält das Memorandum fest, sei Folter durch US-Behördenvertreter auch ausserhalb der USA verboten, könne jedoch mit den Argumenten der «Notwendigkeit» bzw. «Selbstverteidigung» eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen verhindern.

28. April – Gefangene werden von «Camp X-Ray» ins «Camp Delta» verlegt.

5. April – Der Gefangene Yaser Esam Hamdi wird von Guantánamo in Militärhaft auf dem Festland verlegt, nachdem sich herausgestellt hat, dass er US-Staatsbürger ist.

7. Februar – Präsident Bush unterzeichnet ein Memorandum, in dem verfügt wird, dass kein Gefangener aus den Reihen der Taliban oder Al Kaida als Kriegsgefangener zu betrachten sei und dass der allen vier Genfer Konventionen gemeinsame Artikel 3 ebenfalls nicht für sie gelte. Dieser gemeinsame Artikel 3 verlangt faire Standards für Gerichtsverfahren und verbietet Folter, Grausamkeit und die «Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung.»

11. Januar – Die ersten Gefangenen werden von Afghanistan nach Guantánamo überführt und in Maschendrahtkäfigen in einem Bereich festgehalten, der als «Camp X-Ray» bezeichnet wird.

2001

28. Dezember – In einem Memorandum des Justizministeriums an das Pentagon wird nahegelegt, dass die Bundesgerichte nicht über Haftprüfungsanträge der in Guantánamo Bay festgehaltenen«feindlichen Ausländer» zu beraten haben, da der US-Stützpunkt nicht zum amerikanischen Hoheitsgebiet gehört.

13. November – Präsident Bush erlässt eine Militärverordnung über die Inhaftierung, Behandlung und Strafverfolgung von ausländischen Staatsbürgern, die es dem Pentagon erlaubt, diese ohne Anklage-erhebung auf unbestimmte Zeit in Gewahrsam zu nehmen. Die Verordnung verbietet es Gefangenen, die im Rahmen dieser Verordnung festgehalten werden, Rechtsmittel in Verfahren vor US-amerikanischen, ausländischen oder internationalen Gerichten einzulegen. Die Militärverordnung sieht vielmehr vor, dass Verfahren gegen Gefangene – wenn überhaupt – vor einer Militärkommission stattfinden. Dabei handelt es sich um ein Exekutivorgan, kein unabhängiges und unparteiisches Gericht.

7. Oktober – Die USA greifen die Taliban-Regierung und Angehörige von Al Kaida in Afghanistan an.

14. September – Der amerikanische Kongress verabschiedet eine Resolution, die dem Präsidenten erstmalig die Befugnis erteilt, mit Gewalt gegen «Nationen, Organisationen und Individuen» vorzugehen, die seines Erachtens auf irgendeine Weise mit den Anschlägen bzw. mit künftigen Aktionen des internationalen «Terrorismus» in Zusammenhang stehen.

11. September – Fast 3000 Menschen kommen ums Leben, als vier entführte Flugzeuge in verschiedene Ziele in den USA gelenkt werden, unter anderem in das World Trade Center in New York.