Im Jahr 2011 hat Amnesty International Fälle von Folter oder Misshandlung in 101 Ländern dokumentiert. Das sind drei Länder mehr als im Vorjahr – ein beunruhigender Trend. Die Proteste für Demokratie und Menschenrechte wurden von vielen Regierungen mit Gewalt und Folter beantwortet. Folter wurde oft gegen Personen eingesetzt, die friedlich gegen die Regierung demonstriert hatten. Folter zielt nicht nur gegen das einzelne Opfer, sie ist auch eine Waffe zur Einschüchterung einer ganzen Bevölkerung.
Terror und Gegenterror
Am meisten verbreitet ist Folter heute bei der Terrorbekämpfung. Der von der Bush-Regierung im Jahr 2001 erklärte «Krieg gegen den Terror» und die damit verbundene Banalisierung der Folter stellen bis heute einen schweren Rückschlag im Kampf gegen die Folter dar. Nach seinem Amtsantritt im Jahr 2009 erklärte Präsident Obama zwar, dass Folter und Misshandlung von seiner Regierung nicht mehr geduldet würden. Doch die Obama-Administration weigert sich bis heute, die früheren Missbräuche juristisch aufzuklären und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Seither tun sich Regierungen weltweit schwer damit, ihre Mittäterschaft bei Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen beim Kampf gegen den Terror ans Licht zu bringen und strafrechtlich zu verfolgen. Auch Europa ist hier kein Vorbild, da die Verwicklungen zahlreicher europäischer Staaten in das geheime CIA-Haftprogramm bis heute nicht restlos aufgeklärt sind.
Ein Verbot ohne Wenn und Aber
Obwohl das Verbot von Folter und Misshandlung für alle Staaten rechtlich verbindlich ist, wird das Verbot von Regierungen weltweit missachtet und ihre Anwendung mit dem Hinweis auf die nationale Sicherheit und die Terrorbekämpfung gerechtfertigt. Das rechtlich bindende Folterverbot gilt jedoch absolut und lässt keinerlei Ausnahmen zu.
Amnesty International fordert alle Staaten auf, Praktiken wie Schutzhaft, Geheimhaft oder Sicherheitshaft zu beenden, da diese oft zu Folter und Misshandlung von Gefangenen führen. Viele Staaten halten heute Terrorverdächtige ohne Anklage oder Urteil fest – nicht nur in Guantanamo. Im Irak beispielsweise sind Zehntausende Gefangene ohne Anklage oder Urteil inhaftiert und von Folter bedroht.
Die Staaten sind nicht nur verpflichtet das Folterverbot zu respektieren, sie sind auch rechtlich dazu angehalten, sich aktiv gegen Folter einzusetzen, allen Hinweisen auf Folter nachzugehen und mögliche Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Es wäre Zeit, dass die Regierungen diese Verpflichtungen wieder ernst nehmen. Der Internationalen Tag gegen Folter wäre dazu eine Gelegenheit.