2001
11. September - Nahezu 3.000 Personen werden getötet als vier entführte Flugzeuge in das World Trade Centre in New York, in das Pentagon und in ein Feld in Pennsylvania geflogen werden. Amnesty International betrachtet diese Angriffe als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
14. September - Der US-Kongress verabschiedet eine Resolution - Autorisierung zur Anwendung militärischer Gewalt (Authorization for Use of Military Force - AUMF) - die dem Präsidenten eine bisher beispiellose Ermächtigung zum Einsatz militärischer Gewalt gegen «Nationen, Organisationen und Personen» erteilt, die er als in irgendeiner Weise mit den Anschlägen oder zukünftigen Aktionen des internationalen Terrorismus in Verbindung bringt.
17. September - US-Präsident George W. Bush unterzeichnet ein Memorandum, das die CIA autorisiert, Gefangenenlager ausserhalb der USA zu errichten, und spezielle Informationen enthält, die sich auf die Grundlagen und Methoden beziehen, mit denen die CIA dieses Gefangenen-Programm installieren soll. Dieses Memorandum steht nach wie vor unter Geheimhaltung.
18. September - Präsident Bush erhebt das AUMF (s.o.) mit seiner Unterschrift zum Gesetz.
7. Oktober - Die USA leiten militärische Aktionen gegen die Taliban-Regierung und Mitglieder der Al-Qaida in Afghanistan ein.
13. November - Präsident Bush erlässt eine Militärverordnung «Gefangennahme, Behandlung und Strafverfahren gegen bestimmte Nicht-US-Staatsbürger im Krieg gegen den Terrorismus» und beauftragt den Verteidigungsminister «geeignete Orte» zu finden, an denen Nicht-US-Staatsbürger für unbestimmte Zeit und ohne Anklage in Gewahrsam gehalten werden können. Durch diese Verordnung soll verhindert werden, dass Gefangene in irgendeiner Form Rechtsmittel vor US-, ausländischen oder internationalem Gerichten einlegen können. Verfahren gegen Gefangene sollen - wenn überhaupt - vor einer Militärkommission stattfinden, einem Organ, das von der Exekutive eingerichtet wird. Es handelt sich nicht um ein unabhängiges oder unparteiisches Gericht.
28. Dezember - Ein Memorandum des Justizministeriums für das Pentagon stellt fest, dass die Bundesgerichte keine Haftprüfungsanträge von «feindlichen Ausländern», die in der Militärbasis auf Guantánamo gefangen gehalten werden, annehmen können sollten. In der Begründung heisst es, Guantánamo Bay liege nicht auf dem Staatsgebiet der USA.
2002
11. Januar - Die ersten Gefangenen werden von Afghanistan nach Guantánamo gebracht und in Käfigen aus Maschendraht im so genannten Camp X-Ray untergebracht.
7. Februar - Präsident Bush unterzeichnet ein Memorandum, das festlegt, dass kein Taliban- oder Al-Qaida-Gefangener als Kriegsgefangener anerkannt wird und dass Artikel 3 der Genfer Konventionen von 1949 nicht auf diese angewendet werden wird. Unter anderem verbietet Artikel 3 unfaire Gerichtsverfahren, Folter, Grausamkeit und «Beeinträchtigungen der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung».
28. April - Gefangene werden von Camp X-Ray nach Camp Delta in Guantánamo verlegt.
1. August - Ein Memorandum des Justizministeriums für den damals als Berater des Weissen Hauses tätigen Alberto Gonzales stellt fest, dass der US-Präsident Folter erlauben kann, dass Vernehmende schwere Schmerzen verursachen dürfen bis hin zur Schwelle der Folter, und dass es eine grosse Bandbreite von Aktionen gibt, die bis zu grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung reichen können, die aber nicht Folter seien und daher nicht strafbar gemäss der US-Gesetze sind, die Folter durch US-Beamte ausserhalb der USA verbieten. Selbst wenn Folter geschieht, so argumentiert das Memorandum, könne das Prinzip der «Notwendigkeit» oder «Selbstverteidigung» herangezogen werden, um jegliche strafrechtliche Verantwortlichkeit auszuschliessen.
1. August - Ein Memorandum des Justizministeriums für die CIA gibt dieser das Recht, zehn Verhörtechniken gegen Abu Zubaydah anzuwenden, der sich seit Ende März 2002 in geheimem CIA Gewahrsam befindet. Diese Techniken schliessen ein: Zwangspositionen, Schlafentzug, Einschluss in eine kleine Kammer und «Waterboarding», eine Technik, die bei den Gefangenen das Gefühl des Ertrinkens verursacht. Bei Abu Zubaydah wird neben anderen Techniken mindestens 83 Mal das «Waterboarding» angewendet. Nach seiner Amtszeit hat Präsident Bush in seinen Memoiren eingeräumt, dass er ausdrücklich im Falle von Abu Zubaydah den Gebrauch «erweiterter Verhörtechniken» autorisiert habe, einschliesslich des «Waterboarding» .
2. Dezember - Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genehmigt Verhörtechniken in Guantánamo einschliesslich des Überstülpens einer Haube, sensorische Deprivation (Minimierung von Sinnesreizen), Verharren in schmerzhaften Körperpositionen und des Einsatzes von Hunden zur Stresserzeugung. Diesen Freibrief widerruft er sechs Wochen später und erklärt, dass die Autorisierung solcher Techniken von Fall zu Fall überprüft werden muss. In seinen im Jahre 2011 veröffentlichten Memoiren bestätigt Donald Rumsfeld seine Mitverantwortung bei der Genehmigung, dass diese Verhörtechniken im Falle von Mohamed al-Qahtani angewendet wurden, nachdem ihm gesagt worden war, dass dieser Gefangene «Informationen habe, die das Leben amerikanischer Bürger retten könnten» . Er erklärt, dass er «geglaubt habe, dass die Techniken, die er autorisiert habe, nur zum Gebrauch gegen diese eine besondere Person beabsichtigt waren» , das heisst gegen Mohamed al-Qahtani, obwohl er in den selben Memoiren bemerkt, dass die Militärbehörden in Guantánamo unter seiner Führung nach zusätzlichen «Widerstand brechenden Techniken» gesucht haben, da «einige Gefangene» (Mehrzahl) «den derzeitigen Verhörtechniken widerstanden» hatten.
4. und 10. Dezember - zwei afghanische Gefangene sterben in US-Gewahrsam in Bagram in Folge von Folter oder anderen Misshandlungen.
2003
14. März - Ein Rechtsgutachten des Justizministeriums für das Pentagon stellt fest, dass «jeder Versuch des Kongresses, die Verhöre von feindlichen Kämpfern zu regeln, die von der Verfassung garantierten Rechte des Präsidenten als Oberbefehlshaber verletzen würde» . Wenn Verhörmethoden gegen die Verpflichtungen der USA aus der UN-Antifolterkonvention verstiessen, «aber durch Notwendigkeit oder Notwehr gerechtfertigt sind» , «dann würden wir diese immer noch als letztlich in Übereinstimmung mit internationalem Recht sehen». Ausserdem führt das Gutachten aus, dass ein Verhörbeamter, der einen «feindlichen Kämpfer» in einer strafbaren Weise verletzt, sich vor Strafverfolgung schützen kann, wenn er sich darauf beruft, dass er so handelte, um Anschläge von Al-Qaida gegen die USA zu verhindern.
April - Verteidigungsminister Rumsfeld erlaubt Verhörtechniken wie Isolation, «Veränderung des Umfelds» (wie zum Beispiel Temperaturanpassung) und Schlafbeeinflussung. Für weitere Techniken kann von Fall zu Fall eine Genehmigung angefordert werden.
27. Mai - Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) trifft hohe US-Regierungsbeamte in Washington DC und fordert die US-Behörden mit Hinweis auf Guantánamo auf, «rechtsstaatliche Verfahren einzuführen und einschneidende Veränderungen für die mehr als 600 dort Internierten einzuleiten».
Juni - Ali Saleh Kahlah al-Marri, Staatsbürger aus Katar, wird auf Befehl des Präsidenten zum «feindlichen Kombattanten» erklärt und aus dem US-Strafrechtssystem genommen und in militärischen Gewahrsam nach South Carolina verbracht.
3. Juli - Das Pentagon kündigt an, dass Präsident Bush sechs Guantánamo-Gefangene für ein Verfahren vor einer Militärkommission vorgesehen hat. Zwei der sechs wurden in der Folge ohne Anklage oder Gerichtsverfahren freigelassen und nach Grossbritannien überstellt.
2004
30. Januar - Das IKRK äussert Besorgnis, dass «US-Behörden die in Guantánamo Inhaftierten ausserhalb des Gesetzes gestellt haben. Das heisst, dass die Häftlinge nach 18 Monaten Gefangenschaft immer noch keine Informationen über ihr weiteres Schicksal haben und ihnen keinerlei rechtliche Mittel zur Verfügung stehen. Durch seine Besuche ist das IKRK in der einzigartigen Lage, die Folgen dieser Ungewissheit auf die Gefangenen zu beobachten. Es hat bei vielen von ihnen eine besorgniserregende Verschlechterung der psychischen Gesundheit festgestellt».
28. April - Bilder von Folter und anderen Misshandlungen an irakischen Gefangenen durch US-Soldaten ihm Gefängnis von Abu Ghraib im Irak werden von CBS News gesendet und in der Folge in der ganzen Welt verbreitet.
Mai - In Guantánamo wird Camp 5 eröffnet und die ersten Gefangenen werden dort untergebracht.
28. Juni - Der Oberste US-Gerichtshof urteilt im Fall «Rasul gegen Bush», dass US-Gerichte sich mit Klagen gegen die Rechtmässigkeit der Inhaftierung der Guantánamo-Gefangenen befassen können.
7. Juli - Das Pentagon kündigt die Bildung von Combatant Status Review Tribunals (CSRTs) (Kommissionen zur Überprüfung des Kombattantenstatus) an - Gremien von jeweils drei Offizieren, die überprüfen, ob Guantánamo-Gefangene «ordnungsgemäss» als «feindliche Kombattanten» inhaftiert sind. Die CSRTs sind ermächtigt, geheime oder erzwungene Beweise gegen Gefangene zu benutzen, denen rechtlicher Beistand verweigert wird und die als «feindliche Kombattanten» betrachtet werden bis sie das Gegenteil beweisen.
14. September - Administrative Berufungskommissionen, ähnlich den CSRTs, werden eingerichtet, um «vertrauliche» jährliche Untersuchungen durchzuführen mit dem Ziel zu entscheiden, ob Gefangene weiterhin als solche von den USA gehalten werden sollen.
November - Eine Klage, die im Fall des jemenitischen Gefangenen Salim Ahmed Hamdam vor einem US-Bundesgericht eingereicht wurde, führt zur Aussetzung von vorgerichtlichen Verfahren vor Militärkommissionen.
2005
25. Mai - Amnesty International fordert die Schliessung des Gefangenenlagers Guantánamo. Der Forderung schliessen sich in der Folge UN-Experten, die ehemaligen US-Präsidenten Carter und Clinton, Staatsoberhäupter in Europa und anderswo und weitere Menschenrechts- und Juristenorganisationen an.
30. September - Präsident Bush unterzeichnet das Gesetz über die Behandlung von Gefangenen aus dem Jahre 2005, das den Gebrauch grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlungsmassnahmen verbietet (jedoch nur soweit sie per US-Gesetz als solche definiert sind, was signifikant enger als das Verbot durch das Völkerrecht angelegt ist), aber das Recht der Gefangenen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung in erheblichem Masse einschränkt.
2006
27. Februar - Fünf UN-Experten veröffentlichen einen Bericht über die Häftlinge in Guantánamo und stellen darin unter anderem fest, dass internationale Menschenrechtsabkommen auf ihre Situation angewendet werden können; dass die Gefangenen das Recht haben, die Rechtmässigkeit ihrer Gefangenschaft von einem ordentlichen Gericht überprüfen zu lassen; dass der Versuch der US-Regierung den Begriff der «Folter» umzudefinieren, «Anlass zu grösster Sorge gibt»; dass Verhörtechniken, die von der Regierung autorisiert wurden, internationales Recht verletzen; dass die USA durch die Abwehr unparteiischer Untersuchungen von Misshandlungen ihre Verpflichtungen missachten und dass die Bedingungen, denen die Gefangenen unterliegen «eine erhebliche Verschlechterung der psychischen Gesundheit vieler Gefangener zur Folge haben».
10. Juni - Drei Gefangene sterben in Guantánamo, offensichtlich durch Selbsttötung.
29. Juni - Der Oberste Gerichtshof der USA urteilt im Fall «Hamdam gegen Rumsfeld», dass die im Rahmen der Militärverordnung von 2011 eingerichteten Militärkommissionen gegen US-amerikanisches Recht und das Völkerrecht verstossen. Das Gericht urteilt, dass zumindest Artikel 3 der Genfer Konventionen auf die Gefangenen angewendet werden muss und revidiert damit die Entscheidung des Präsidenten aus dem Jahre 2002.
6. September - Präsident Bush kündigt die Verlegung von 14 Gefangenen an, die sich davor bis zu viereinhalb Jahre in geheimem CIA-Gewahrsam befanden (gleichzeitig bestätigt er damit zum ersten Mal die tatsächliche Existenz des geheimen Gefangenen-Programms). Er benützt diese Fälle, um die Gesetze verabschieden zu können, die es erlauben, das geheime Gefangenen-Programm zu verlängern, Straffreiheit für die in dieses Programm Involvierten zu sichern und die Militärkommissionen wieder einzurichten.
17. Oktober - Präsident Bush unterschreibt das Gesetz - Military Commissions Act (MCA) - welches den US-Gerichten die Zuständigkeit für Haftprüfungsanträge ausländischer Staatsbürger entzieht, die sich als «feindliche Kombattanten» in US-Gewahrsam befinden. Das MCA autorisiert den Präsidenten, ein verändertes System der Militärkommissionen für Verfahren gegen solche Gefangene einzurichten, und engt den Rahmen des Kriegsverbrechensgesetzes der USA ein, das zuvor alle Verletzungen des gemeinsamen Artikels 3 der Genfer Konventionen mit Strafe belegt hatte. Das MCA stellt ausserdem eine Reihe von speziellen Massnahmen bereit zur Auslegung des Artikels 3, es fehlt die ausdrückliche Strafandrohung des Verbots in Artikel 3 im Bezug auf unfairen Prozess oder «Beeinträchtigungen der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung». Präsident Bush kündigt an, dass das MCA die Fortsetzung des geheimen Gefangenen-Programms erlauben wird.
Dezember - Camp 6 wird in Guantánamo eröffnet.
13. Dezember - Ein Bundesrichter verwirft den Haftprüfungsantrag von Salim Ahmed Hamdam mit der Begründung, dass das MCA den Bundesgerichten die Rechtsprechung in solchen Fällen verbietet.
2007
20. Februar - Das US Court of Appeal (Berufungsgericht) urteilt, dass die Bundesgerichte ihre Zuständigkeit für Haftprüfungsanträge von Guantánamo-Gefangenen mit Verabschiedung des Gesetzes über die Militärkommissionen tatsächlich verloren haben.
30. März - Der australische Staatsbürger David Hicks wird zum ersten von einer Militärkommission verurteilten Gefangenen in Guantánamo. In einer vorgerichtlichen Vereinbarung bekennt er sich «der materiellen Unterstützung des Terrorismus» schuldig und wird zu neun Monaten Haft verurteilt, die er in Australien verbüsst.
27. April - Das Pentagon erklärt, dass der irakische Staatsbürger Abd al-Hadi al-Iraqi nach Guantánamo verbracht wurde. Vor diesem Transfer befand er sich in geheimem CIA-Gewahrsam.
30. Mai - Die Guantánamo-Verwaltung erklärt, dass ein Gefangener aus Saudi-Arabien tot in seiner Zelle gefunden wurde, als Folge einer offensichtlichen Selbsttötung.
7. Juni - Amnesty International und fünf weitere Menschenrechtsorganisationen veröffentlichen die Namen und Daten von 39 Personen, von denen man glaubt, dass sie im geheimen CIA-Gewahrsam gehalten worden waren und deren derzeitiger Verbleib unbekannt ist.
20. Juli - Präsident Bush verfügt einen Erlass, durch den die geheime Gefangenhaltung erlaubt und bestätigt wird. Dieser Erlass bestimmt, dass der gemeinsame Artikel 3 der Genfer Konventionen für das geheime CIA Gefangenen-Programm gilt und erachtet das CIA-Programm als voll vereinbar mit den Pflichten, die der Artikel 3 den USA auferlegt, so lange «die Bedingungen der Gefangenhaltung und der Verhörpraktiken des Programms» in den Grenzen verlaufen, die dieser Erlass setzt.
9. August - Das Pentagon erklärt, dass die CSRTs entschieden hätten, dass alle 14 im September 2006 nach Guantánamo verbrachten Gefangenen die Kriterien für die Bezeichnung «feindliche Kombattanten» erfüllen.
Dezember - Ein afghanischer Gefangener in Guantánamo stirbt, laut offizieller Verlautbarung an Darmkrebs.
6. Dezember - Der CIA-Direktor gibt zu, dass Videoaufzeichnungen von Verhören, die im Jahre 2002 im Rahmen des geheimen CIA-Gefangenen-Programms durchgeführt wurden, im Jahre 2005 von der Behörde vernichtet wurden. In der Folge wird bekannt, dass es 92 Aufzeichnungen gegeben hatte, 90 davon waren über das Verhör von Abu Zubaydah, während die beiden anderen sich auf das Verhör von Abd al Rahim al Nashiri bezogen. Die Aufzeichnungen dokumentierten auch den Gebrauch «erweiterter Verhörtechniken» einschliesslich «Waterboarding», eine der Techniken, die bei beiden Gefangenen angewendet wurden.
2008
5. Februar - Der CIA-Direktor bestätigt, dass «Waterboarding» in den Jahren 2002 und 2003 von der Behörde als Verhörtechnik gegen drei im geheimen Gewahrsam gehaltenen Gefangenen angewendet wurde.
14. März - Das Pentagon erklärt, dass der afghanische Staatsbürger Muhammad Rahim al-Afghani nach Guantánamo verbracht wurde. Vor seinem Transfer war er im geheimen CIA-Gewahrsam gehalten worden. Er wird der letzte nach Guantánamo verbrachte Gefangene sein.
13. Mai - Die US-Regierung stellt einen Antrag auf Todesstrafe gegen fünf Guantánamo-Gefangene bei einem gemeinsamen Verfahren vor einer Militärkommission. Die fünf - Khalid Sheikh Mohammed, Walid bin Attash, Ramzi bin al-Shibh, Ali Abd al-Aziz Ali und Mustafa al Hawsawi - werden der Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September in den USA beschuldigt. Vor ihrem Transfer waren sie spurlos verschwunden und bis zu viereinhalb Jahre lang in geheimem CIA-Gewahrsam gehalten worden.
12. Juni - Der Oberste Gerichtshof der USA urteilt im Fall «Boumediene gegen Bush», dass die in Guantánamo als «feindliche Kombattanten» gehaltenen Gefangenen das Recht auf Überprüfung der Rechtmässigkeit ihrer Inhaftierung durch ein ordentliches Gericht haben. Der Gerichtshof erklärt es als gegen die Verfassung verstossend, wenn die Regierung und der US-Kongress (auf der Grundlage des Gesetzes über Militärkommissionen von 2006) versuchen, Gefangenen ihr Recht auf Haftprüfung vorzuenthalten, und erklärt das von der Regierung und dem Kongress eingerichtete Ersatzverfahren für die Haftprüfung für unzureichend und damit unzulässig.
15. Juli - Mit 5 zu 4 Stimmen urteilt das Berufungsgericht für den 4. Bezirk, dass der Kongress den Präsidenten ermächtigt hat, Ali Saleh Kahlah al-Marri als «feindlichen Kombattanten» gefangen zu halten.
Juli/August - Der erste Prozess vor einer nach dem Gesetz über die Militärkommissionen einberufenen Militärkommission findet statt. Der Jemenit Salim Hamdan wird von den sechs Offizieren der Kommission der «Unterstützung des Terrorismus» für schuldig befunden, vom Vorwurf der Verschwörung wird er freigesprochen. Er wird zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Im November 2008 wird Hamdan in den Jemen gebracht, um dort einen Monat Reststrafe zu verbüssen.
7. Oktober - Ein Bundesrichter weist die US-Regierung an, die 17 uigurischen Gefangenen, die sich noch in Guantánamo befinden, in die USA zu entlassen. Die Regierung hatte vorher zugestanden, dass die 17 Männer keine «feindlichen Kombattanten» sind. Die Regierung legt gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein, und ihre Entlassung wird auf unbestimmte Zeit verschoben.
11. November - Amnesty International und fünf weitere Menschenrechtsorganisationen fordern die europäischen Regierungen auf, Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen, die keiner Straftat angeklagt werden, aber auch nicht in ihre Herkunftsländer zurück können, weil ihnen dort Folter oder andere Menschenrechtsverletzungen drohen.
20. November - Das US-Bezirksgericht für den District of Columbia ordnet an, dass fünf von sechs Männern, die im Januar 2002 in Bosnien und Herzegowina gefangen genommen worden waren, freigelassen werden und verfügt, dass die Regierung den sechsten gefangen halten kann. Diese sechs Männer sind die ersten, die noch in Guantánamo von den USA als so genannte «feindliche Kombattanten» festgehalten werden, mit deren Haftprüfungsantrag gemäss der Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs im Falle Boumediene vom Juni 2008 verfahren wird.
5. Dezember - Der Oberste Gerichtshof akzeptiert eine Anhörung im Falle des Staatsangehörigen von Katar, Ali al-Marri, der seit Juni 2003 in den USA als «feindlicher Kombattant» festgehalten wird. In Frage steht, ob der Kongress durch die Verabschiedung der Autorisierung zur Anwendung militärischer Gewalt (siehe 14. September 2001) die Erlaubnis für eine unbegrenzte militärische Gefangenschaft einer sich legal auf dem Boden der USA aufhaltenden Person gegeben hat, die die Regierung beschuldigt, mit Al-Qaida konspiriert zu haben, um Anschläge in den USA zu verüben.
11. Dezember - Das Streitkräfte-Komitee (Armed Services Committee) des US-Senats gibt eine amtliche Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse heraus betreffend der Misshandlung von Gefangenen im «Krieg gegen den Terrorismus». Darin enthalten ist die Erkenntnis, dass «leitende Beamte der Regierung der Vereinigten Staaten Informationen angeboten haben über den Gebrauch von aggressiven Techniken, Gesetze umgestaltet haben, um den Anschein der Legalität zu wahren, und deren Gebrauch zum Nachteil der Gefangenen autorisiert haben». Es stellt auch fest, dass «aggressive» Verhörtechniken, wie sie im Jahre 2002 vom damaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für den Gebrauch in Guantánamo erlaubt wurden, ihre Anwendung in Afghanistan und im Irak gefunden haben.
2009
14. Januar - Susan Crawford, die für die Einberufung der Militärkommissionen in Guantánamo Verantwortliche, erklärt gegenüber der Washington Post, dass sie die Anklage gegen Mohamed al-Qahtani nicht weiter verfolgen wird, weil er gefoltert worden war.
20. Januar - Barack Obama wird als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt.
22. Januar - Präsident Obama unterzeichnet drei Erlasse, einen davon mit dem Inhalt, dass die Gefangeneneinrichtung in Guantánamo «so bald als möglich geschlossen werden soll, nicht später als ein Jahr nach diesem Erlass». Der Erlass verlangt darüber hinaus eine Überprüfung aller Inhaftierungen in Guantánamo und der dort herrschenden Bedingungen, sowie einen Stopp aller Militärkommissions-Verfahren. Präsident Obama befiehlt der CIA, die andauernde geheime Gefangenhaltung zu beenden, ebenso wie den Gebrauch «erweiterter Verhörtechniken». Er fordert auch eine Überprüfung des Falles Ali al-Marri.
15. März - Ein durchgesickerter vertraulicher Bericht des IKRK beschreibt die Folterungen und Misshandlungen von 14 «wichtigen Gefangenen» in CIA-Gewahrsam vor ihrem Transfer nach Guantánamo Anfang 2006. Vier Gefangene erklärten gegenüber dem IKRK, dass sie während ihres geheimen CIA-Gewahrsams zeitweise in Guantánamo gefangen gehalten wurden.
16. April - Die US-Regierung veröffentlicht weitgehend unbearbeitet vier ursprünglich vertrauliche Memoranden des Justizministeriums für die CIA über Vernehmungen aus den Jahren 2002 und 2005.
15. Mai - Präsident Obama kündigt an, dass er die Verfahren vor Militärkommissionen wieder in Gang setzen wird.
21. Mai - Präsident Obama bestätigt in einer Rede zur nationalen Sicherheit seine Absicht zur Schliessung von Guantánamo, billigt aber die zeitlich unbegrenzte Inhaftierung einiger Gefangener ohne Strafprozess.
1. Juni - Ein jemenitischer Staatsbürger stirbt in Guantánamo, nach offizieller Verlautbarung als Folge von Selbsttötung.
24. August - Justizminister Eric Holder erweitert das Mandat von Staatsanwalt John Durham, der die Vernichtung der Verhöraufzeichnungen untersucht, mit dem Ziel, eine «Überprüfung einzuleiten» , ob im Zusammenhang mit der Vernehmung von bestimmten Gefangenen an Orten ausserhalb der USA Bundesgesetze verletzt wurden.
13. November - Justizminister Holder kündigt an, dass fünf der Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September beschuldigte Guantánamo-Gefangene in die USA verbracht und vor ein reguläres Bundesgericht gestellt werden. Dieselben fünf Gefangenen waren im Jahre 2008 von der Bush-Administration vor einer Militärkommission angeklagt worden.
15. Dezember - Präsident Obama gibt ein Memorandum heraus, demzufolge die gelegentliche Verlegung von einigen Guantánamo-Gefangenen in das Thomson Correctional Center (Strafvollzugsanstalt) in Illinois erfolgen soll. In der Folge blockiert der Kongress jegliche Verlegung dieser Art.
2010
22. Januar - Die Jahresfrist für die Schliessung von Guantánamo verfällt, und weiterhin sind 198 Gefangene in der Militärbasis in Gefangenschaft, die Hälfte von ihnen jemenitische Staatsangehörige. Die Guantánamo-Überprüfungskommission veröffentlicht ihren Abschlussbericht mit dem Ergebnis, dass unter anderem entschieden wurde, dass 48 Gefangene weder angeklagt noch freigelassen werden können und dass auf der Grundlage der Resolution AUMF (siehe 14. September 2001) einstimmig entschieden wurde, sie weiterhin in Haft zu halten.
25. Januar - Das Weisse Haus veröffentlicht eine Entscheidung, dass auf Grund der Sicherheitslage im Jemen bis auf weiteres die Verbringung jemenitischer Gefangener von Guantánamo in den Jemen gestoppt wurde.
April - Das Pentagon erlässt Regeln zur Durchführung von Verfahren vor Militärkommissionen. Das neue Handbuch bestätigt, dass die US-Regierung - wie ihre Vorgängerin - sich das Recht vorbehält, weiterhin Personen für unbegrenzte Zeit gefangen zu halten, selbst wenn sie von einer Militärkommission freigesprochen wurden.
Juli - Der sudanesische Staatsangehörige Ibrahim al-Qosi bekennt sich im Sinne der Anklage terroristischer Handlungen schuldig und wird im folgenden Monat zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Oktober - Der kanadische Staatsangehörige Omar Khadr, der zum Zeitpunkt seiner Festnahme im Juli 2002 in Afghanistan 15 Jahre alt war, bekennt sich schuldig, in fünf Fällen «Kriegsverbrechen» begangen zu haben. Er wird von der «Jury» einer Militärkommission zu 40 Jahren Haft verurteilt, die aber aufgrund einer Vereinbarung nach erfolgtem Schuldbekenntnis auf acht Jahre reduziert wird. Die kanadischen sowie die US Behörden stimmen seinem Transfer nach Kanada zu, nachdem er ein Jahr in US-Gewahrsam verbracht hat.
9. November - Das Justizministerium kündigt ohne weitere Erklärung an, dass niemand für die «Vernichtung der Videoaufzeichnungen der Gefangenenverhöre durch CIA-Personal» angeklagt werden wird.
2011
6. Januar - Saeed Farhi bin Mohammed wird von Guantánamo, wo er seit 2002 gefangen war, in seine Heimat nach Algerien verbracht. Seine Gefangenschaft war im November 2009 von einem US Richter als gesetzeswidrig beurteilt worden. Saeed bin Mohammed hatte seinen Anwälten mitgeteilt, dass er nicht nach Algerien zurück gebracht werden wolle, weil er dort Verfolgung befürchtet.
22. Januar - Der zweite Jahrestag der nicht eingehaltenen Frist zur Schliessung von Guantánamo vergeht, und es befinden sich noch 174 Gefangene auf der Militärbasis.
1. Februar - Ein afghanischer Gefangener stirbt in Guantánamo, nach offizieller Verlautbarung eines natürlichen Todes.
18. Februar - Der sudanesische Staatsangehörige Noor Uthman Muhammed wird wegen terroristischer Handlungen zu 14 Jahren Haft verurteilt, nachdem er sich vor einer Militärkommission schuldig bekannt hatte. Im Austausch für sein Schuldeingeständnis und sein Versprechen zu kooperieren und in anderen Fällen als Zeuge auszusagen, stimmte die zuständige Behörde zu, ihn nach 34 Monaten von jeder weiteren Haft zu verschonen.
4. April - Justizminister Holder kündigt an, dass die fünf Guantánamo-Gefangenen, die beschuldigt werden, für die Anschläge vom 11. September verantwortlich zu sein, vor eine Militärkommission gestellt werden und revidiert damit die 18 Monate zuvor getroffene Entscheidung, dass sie in den USA vor ein Bundesgericht gestellt werden.
20. April - Gegen Abd al Rahim al Nashiri wird vor einer Militärkommission Anklage erhoben.
16. Mai - Der Oberste Gerichtshof der USA verwirft den Fall Mohammed gegen Jeppesen, der von fünf Gefangenen vorgebracht worden war, die angaben, im Rahmen des CIA Programms verschleppt, gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. Gleichzeitig lässt er die geteilte Entscheidung des Berufungsgerichts gelten, dass sich die US-Regierung auf das «Prinzip des Staatsgeheimnisses» beruft als Rechtfertigung dafür, dass die Klage fallen gelassen wurde, ohne ihre Berechtigung zu überprüfen.
18. Mai - Ein afghanischer Gefangener stirbt in Guantánamo, laut offizieller Verlautbarung als Folge von Selbsttötung.
31. Mai - Gegen die fünf im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September Angeklagten wird vor einer Militärkommission das Verfahren eröffnet. Die Regierung bestätigt, dass sie die Verhängung der Todesstrafe anstrebt.
30. Juni - Justizminister Holder gibt bekannt, dass die vorläufige Überprüfung der Vernehmungen im CIA-Programm, die von Stellvertretenden Staatsanwalt John Durham durchgeführt wurde, beendet ist. Justizminister Holder akzeptiert Durhams Empfehlung «eine vollständige strafrechtliche Untersuchung des Todes zweier sich in Gewahrsam befindender Personen» durchzuführen. Darüber hinaus, sagt er, «ist eine ausführliche strafrechtliche Untersuchung der übrigen Angelegenheiten nicht garantiert».
28. September - Die für die Einberufung der Militärkommission zuständige Behörde stimmt der Anklage gegen Abd al Rahim al Nashiri zu und autorisiert damit die Regierung ein Todesurteil zu beantragen.
9. November - In Guantánamo wird das Anklageverfahren gegen Abd al Rahim al Nashiri eingeleitet.
1. Dezember - 171 Männer aus mehr als 20 Ländern werden weiterhin in Guantánamo gefangen gehalten, die meisten ohne Anklage oder Prozess.
2014
9. Dezember - Es sind noch 136 Gefangene im Lager inhaftiert. Das ist die tiefste Zahl seit Januar 2002.