Der Internationale Frauentag vom 8. März bietet eine gute Gelegenheit, diese Frauen und ihren Mut zu würdigen.
Shackelia Jackson, Jamaika
Shackelia Jackson ist aus Trauer zur Aktivistin geworden. Am 20. Januar 2014 bereitete Shackelias Bruder Nakiea Jackson in seinem Restaurant das Mittagessen vor, als er von der Polizei erschossen wurde. Sie sagten, dass Nakiea auf die Beschreibung eines Mannes passte, den sie nach einem Raubüberfall suchten. Seither arbeitet Shackelia daran, dass die Verantwortlichen vor Gericht kommen. Sie trotzt dabei Einschüchterungen und Schikanen der Polizei.
«Der Schmerz, den meine Familie und ich erlitten haben, brachte mich dazu, um Gerechtigkeit für meinen Bruder und für alle Opfer von Polizeigewalt zu kämpfen», sagt sie. «Ich bin eine gebrochene Schwester, die spricht, damit andere nicht vergessen, was geschehen ist.»
«Ich lasse mich nicht abschrecken, weil ich auf den Schultern von Riesen stehen darf.»
Shackelia Jackson
Shackelia hat sich Dutzenden anderer Familien in Jamaika angeschlossen, die mit ähnlichen Tragödien leben. Viele von ihnen haben sich zusammengeschlossen, um der Gewalt der Polizei Einhalt zu gebieten.
«Ich lasse mich nicht abschrecken, weil ich auf den Schultern von Riesen stehen darf. Amnesty International und ihre Verbündeten haben mir eine globale Plattform gegeben, um eine Geschichte des Unrechts neu zu schreiben. Das erinnerte mich daran, dass ich gebrochen, nicht zerstört bin.»
Wu Rongrong, China
Wu Rongrong ist als eine der «Feministischen Fünf» Chinas bekannt – eine Gruppe von Frauen, die 2015 wegen der Planung einer Kampagne zur Bekämpfung sexueller Belästigung verhaftet wurden. Die Verhaftungen, die mit dem Internationalen Frauentag zusammenfielen, führten zu einem weltweiten Aufschrei, der Unterstützung von Hillary Clinton fand. Obwohl die Frauen freigelassen wurden, sind die «Feministischen Fünf» unter Beobachtung geblieben.
Vor ihrer Verhaftung war Wu Rongrong Leiterin der Women's Rights Action Group, deren mutige, kreative Aktionen die öffentliche Aufmerksamkeit auf Geschlechterungleichheit und Sexismus gelenkt haben. Die Gruppenmitglieder haben sich die Köpfe rasiert, um gegen diskriminierende Zulassungsbedingungen für weibliche Hochschulbewerberinnen zu protestieren, und trugen aus Protest gegen häusliche Gewalt Brautkleider, die mit roter Tinte bespritzt waren.
«Frauen stehen ihr ganzes Leben lang vor Herausforderungen, aber viele dieser Probleme bleiben unsichtbar», sagt Wu Rongrong. «Beispielsweise haben Betroffene sexueller Belästigung nicht nur grosses Leid, sondern auch keinen wirksamen Rechtsschutz. Wenn die Opfer nicht beschuldigt, sondern ermutigt würden, Wiedergutmachung zu suchen, würde es helfen, die sexuelle Belästigung zu reduzieren.»
Noura Ghazi Safadi, Syrien
Wenn sich die syrische Menschenrechtsanwältin Noura Ghazi Safadi für Gewissensgefangene engagiert, geht es um Liebe, Hoffnung und Familie. Sie hat schon sehr früh Erfahrungen mit Menschenrechtsverletzungen machen müssen, als ihr Vater verhaftet wurde. Ihr Ehemann Bassel Khartabil Safadi, ein digitaler Aktivist, den die syrische Regierung 2012 verhaftet hatte, wurde 2015 hingerichtet.
«Seit mein Mann hingerichtet wurde, fühle ich mich für jeden Gefangenen zuständig.»
Noura Ghazi Safadi
«Mein Vater war mehrmals politischer Gefangener. Mit zwölf Jahren schwor ich, dass ich Anwältin werde und politische Gefangene verteidige», sagt Noura.
«Seit mein Mann hingerichtet wurde, fühle ich mich für jeden Gefangenen zuständig und sehe es als meine Verantwortung an, für ihn zu kämpfen. Ich glaube, dass Frauen sich am besten mit diesem Thema befassen können, da sie eine führende Rolle bei der Gestaltung der Zukunft Syriens spielen. Sie haben bewiesen, dass sie in der Lage sind, jedes Hindernis zu meistern, das vor ihnen liegt.»
Joy Wathagi, Kenia
Joy Wathagi ist Jugendkoordinatorin von Amnesty International in Nairobi, Kenia. Sie bezieht Stellung für eine Jugendliche, die Tausende von Kilometern entfernt ist: Die 18-jährige Studentin Taibeh Abbasi lebt in Norwegen und träumt davon, Ärztin zu werden. Aber sie läuft Gefahr, nach Afghanistan ausgeschafft zu werden – ein Land, in dem sie noch nie war. Als Joy erfuhr, dass Taibehs Klassenkameraden Proteste organisierten, wollte sie Solidarität zeigen, und so beschloss sie, an der #TellNorway-Kampagne mitzumachen.
«Als ich hörte, dass Norwegen Jugendliche ausschaffen würde, war ich sehr traurig und wollte etwas dagegen unternehmen», sagt Joy. «Ich habe an all die Flüchtlinge gedacht, die in mein Land, Kenia, gekommen sind. Ich habe Menschen aus Somalia, dem Sudan und Ruanda getroffen. Sie verdienen es, hier zu leben, wie jeder Kenianer. Ich bin mit vielen Flüchtlingen zur Schule gegangen, mit ihnen aufgewachsen, und sie sind meine Freunde geworden. Für mich wäre es furchtbar, wenn sie zurückgeschickt würden.»
Azza Soliman, Ägypten
Azza Soliman verteidigt die Opfer von Folter, willkürlicher Inhaftierung, häuslicher Gewalt und Vergewaltigung in Ägypten. Sie war Mitbegründerin des Egyptian Women's Legal Aid Centre und später der Lawyers for Justice and Peace. Diese Organisationen bieten Rechtsbeistand, Unterstützung und Alphabetisierungskurse für Frauen und Mädchen, die in Armut leben.
Wegen ihrer mutigen und selbstlosen Arbeit betrachten die ägyptischen Behörden Azza Soliman als Spionin und Bedrohung der nationalen Sicherheit. Im Dezember 2016 wurde sie verhaftet und verhört. Sie wurde kurz darauf wieder freigelassen, es droht ihr aber eine Anklage. Ihr wird vorgeworfen, den Ruf Ägyptens zu beschädigen. Azza darf das Land nicht verlassen, ihr Vermögen wurde eingefroren und sie könnte jederzeit im Gefängnis landen. Trotzdem gibt sie nicht auf.
Zhang Leilei*, China
Die Aktivistin Zhang Leilei will der sexuellen Belästigung in China ein Ende setzen. 2017 entwarf sie U-Bahn-Anzeigen, um das Bewusstsein für das Thema zu schärfen, aber sie wurden von den U-Bahn-Behörden abgelehnt. So verwandelte sich Zhang Leilei selbst in eine menschliche Reklametafel, und Frauen im ganzen Land folgten ihrem Beispiel.
Nun hat Zhang Leilei die Universitäten im Blick. Sie fordert die Einführung einer Stelle, damit sexuelle Belästigung an Hochschulen gemeldet werden kann. Weniger als zwei Wochen nach ihrem Aufruf veröffentlichten Studierende und Ehemalige von rund 70 Universitäten ihre offenen Briefe. Sie haben bereits Wirkung gezeigt – nach Berichten aus China erwägt das Bildungsministerium die Einrichtung neuer Verfahren zur Verhinderung von sexueller Belästigung.
*Zhang LeiLei ist ein Pseudonym.
Hortense Lougué, Burkina Faso
Hortense Lougué ist eine vielbeschäftigte Frau in Burkina Faso. Sie ist aufgewachsen in einem von Ungerechtigkeit und Ungleichheit geprägten Land, in dem Mädchen Zwangsheirat und weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) ausgesetzt sind. Nun widmet sie ihr Leben der Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt und entwickelt zahlreiche Projekte zur Förderung von Bildung und Menschenrechten. Hortense Lougué arbeitet mit Frauen und Mädchen, die zur Heirat gezwungen wurden oder FGM erlitten haben. «Ich leite zehn Projekte. Wir bemühen uns mit Entschlossenheit und Ausdauer, das Leben von Frauen und Mädchen in Burkina Faso zu verbessern», sagt Hortense Lougué.