Die Verwaltung wurde damit beauftragt bis Sommer 2020 einen entsprechend überarbeiteten Gesetzestext vorzulegen.
«Wir begrüssen den Entscheid und haben unsere Erwartungen bereits klar formuliert: Die Istanbul-Konvention des Europarats verlangt, dass die fehlende Zustimmung im Mittelpunkt jeder rechtlichen Definition von Vergewaltigung und anderen Formen sexueller Gewalt stehen soll. Die aktuelle Gesetzgebung verstösst gegen die geltenden Menschenrechtsnormen und muss dringend revidiert werden», sagte Cyrielle Huguenot, Frauenrechtsverantwortliche bei Amnesty Schweiz.
Das geltende Strafrecht ist überholt: Es erkennt eine sexuelle Handlung gegen den Willen der/des Betroffenen nur dann als schweres Unrecht, wenn das Opfer dazu genötigt wurde.
Das geltende Strafrecht ist überholt: Es erkennt eine sexuelle Handlung gegen den Willen der/des Betroffenen nur dann als schweres Unrecht, wenn das Opfer dazu genötigt wurde – zum Beispiel durch Gewalt oder Zwang. Vom Opfer wird damit indirekt verlangt, dass es sich zur Wehr setzt und so weitere Verletzungen in Kauf nimmt. Ein «Nein» reicht nicht aus, und massive Angriffe auf die sexuelle Selbstbestimmung bleiben deshalb in der Schweiz regelmässig straflos.
Strafrechtsprofessorinnen und -professoren, Opferhilfestellen und Frauenrechtsorganisationen haben sich bereits für eine Neudefinition der Vergewaltigung im Schweizer Strafgesetzbuch ausgesprochen, die auf fehlender Einwilligung und nicht auf Nötigung basiert. Fast 37'000 Personen und 37 Organisationen unterzeichneten eine entsprechende Petition von Amnesty International.
Amnesty International setzt sich für eine Neudefinition des Begriffs der Vergewaltigung ein, die alle nicht einvernehmlichen vaginalen, oralen und analen Penetrationen sexueller Natur umfasst, unabhängig davon, ob es sich beim Opfer um eine Frau oder einen Mann handelt. Eine solche Definition von Vergewaltigung steht im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen der Schweiz, insbesondere mit denen der Istanbul-Konvention.
In Folge der Ratifizierung der Konvention und aufgrund erschütternder Berichte zum Ausmass sexueller Gewalt gegen Frauen haben mehrere europäische Länder angekündigt, dass sie die Definition der Vergewaltigung im Strafgesetz neu formulieren wollen. Bis heute stellen bereits neun Länder in Europa Vergewaltigung aufgrund fehlender Zustimmung unter Strafe (Belgien, Zypern, Deutschland, Island, Irland, Luxemburg, Schweden, das Vereinigte Königreich und Griechenland). In Spanien, Dänemark, den Niederlanden und Finnland werden entsprechende Reformen diskutiert.