© Fadel Dawod/Getty Images
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COP28 Vereinbarung zur Abkehr von fossilen Brennstoffen vernachlässigt den Schutz der Menschenrechte

Medienmitteilung 13. Dezember 2023, London/Bern – Medienkontakt
Die COP28 in Dubai hat sich zum ersten Mal auf die Notwendigkeit geeinigt, von fossilen Energien wegzukommen; die Zusagen und Versprechen der Staaten blieben jedoch völlig unzureichend. Damit endet ein Klimagipfel, der von Einschränkungen der Zivilgesellschaft und der eklatanten Missachtung der Menschenrechte durch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geprägt war.

Es ist das erste Mal, dass fossile Brennstoffe in Klimagipfel-Beschlüssen erwähnt werden. Der Beschluss der COP28 zu einem «Übergang» weg von fossilen Brennstoffen erkennt ihre Rolle als Verursacher der Klimakrise und die Schäden an, die sie dem Klima und der Umwelt zufügen, und gibt ein deutliches Signal, dass ihr Ausstieg unausweichlich und im Gange ist.

«Die Eigeninteressen der VAE, eines OPEC-Mitglieds, und ihre dreisten Menschenrechtsverletzungen haben dazu beigetragen, dass die fossile Brennstoffindustrie wieder einmal versucht hat, einen UNO-Gipfel zur Förderung ihrer Interessen zu nutzen. Dazu gehörte auch die Einsetzung von Sultan Al Jaber als COP-Präsident. Sultan AI Jaber ist Chef des staatlichen Öl- und Gasunternehmens und stellt die etablierte Klimawissenschaft in Frage.» Ann Harrison, Klimareferentin von Amnesty International

«Die COP28 hat zum ersten Mal signalisiert, dass der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen notwendig ist. Das Ergebnis lässt jedoch Schlupflöcher, die es Produzent*innen fossiler Brennstoffe und den Staaten erlauben, mit dem ‚Business as usual‘ fortzufahren, und bleibt damit hinter dem zurück, was nötig ist, um die Rechte von Milliarden von Menschen zu schützen, die von Klimaschäden betroffen sind», sagte Marta Schaaf, Programmdirektorin für Klima, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit und Unternehmensverantwortung bei Amnesty International. «Das Fehlen angemessener Finanzierungszusagen seitens der Industrieländer, um anderen Staaten bei der Anpassung an die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels zu helfen, ist völlig unzureichend und gefährdet indigene Völker, Gemeinschaften, die an vorderster Front stehen, und andere marginalisierte Gruppen.»

Eine zuvor auf der COP getroffene mangelhafte Vereinbarung über die Verwaltung des Fonds für klimabedingte Verluste und Schäden, der Gemeinschaften entschädigen soll, die am schwersten von den negativen Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, wurde durch die bisher zugesagten geringen Finanzierungsbeträge zusätzlich untergraben.

Ann Harrison, Klimareferentin von Amnesty International, sagte: «Es ist besorgniserregend, dass die Abschlusserklärung das Märchen der fossilen Brennstoffindustrie widerspiegelt, dass Technologien wie die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, die es noch nicht gibt und die nicht eingehend erforscht wurden, die Antwort auf die globale Erwärmung sein sollen. Die Betonung der Rolle von ‚Übergangskraftstoffen‘ bei der Energiewende und die schwache Formulierung zum Auslaufen der Subventionen für fossile Brennstoffe geben der Industrie einen Freibrief, die Produktion von fossilen Energien weiter auszuweiten.»

Unsere Bilanz zur COP 28 und Menschenrechte

Einschränkungen der Menschenrechte während des Klimagipfels

Laut Amnesty International wurde die COP28 durch die Einschränkungen des Raums für die Zivilgesellschaft und die Rekordzahl von Lobbyist*innen für die Öl- und Gasindustrie am Gipfel überschattet. Die Menschenrechtsorganisation fordert, dass die COP-Gastlandvereinbarungen verschärft und zwingend öffentlich gemacht werden, um die Achtung und den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. Zudem fordert Amnesty International, dass das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) eine klare Richtlinien zu Interessenkonflikten und einen zuverlässigen Rahmen für die Rechenschaftspflicht entwickelt.

Die COP28 wurde durch die Doppelmoral und die Missachtung der Menschenrechte durch die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate sowohl innerhalb als auch ausserhalb der globalen Konferenz weiter getrübt. Anstatt zahlreiche inhaftierte Kritiker*innen freizulassen und zu zeigen, dass sie gewillt ist, einen inklusiven Gipfel auszurichten, begann die Regierung der VAE mit einem neuen Massenprozess gegen Dissident*innen, die wegen Terrorismus-Vorwürfen angeklagt sind.

Das Rampenlicht der Medien mag sich mit dem Ende der COP von den VAE entfernen, aber Amnesty International wird sich weiterhin unermüdlich für Menschenrechtsreformen in den VAE einsetzen. Die Menschenrechtsorganisation fordert weiterhin die Freilassung aller inhaftierten Dissident*innen und ein Ende aller willkürlichen Inhaftierungen und unfairen Prozesse.

Amnesty International wird sich zudem weiterhin für die Freilassung von Ahmed Mansoor einsetzen, dem letzten emiratischen Bürger, der sich offen für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in seinem Land einsetzt und seit 2017 inhaftiert ist. Die Organisation fordert ausserdem, dass die rechtswidrige digitale Überwachung gestoppt und gleichgeschlechtliche Beziehungen entkriminalisiert werden.

Ann Harrison sagte: «Die Eigeninteressen der VAE, eines OPEC-Mitglieds, und ihre dreisten Menschenrechtsverletzungen haben dazu beigetragen, dass die fossile Brennstoffindustrie wieder einmal versucht hat, einen UNO-Gipfel zur Förderung ihrer Interessen zu nutzen. Dazu gehörte auch die Einsetzung von Sultan Al Jaber als COP-Präsident. Sultan AI Jaber ist Chef des staatlichen Öl- und Gasunternehmens und stellt die etablierte Klimawissenschaft in Frage.»

Die Richtlinien für Proteste und Aktionen wurden auf der COP28 von der UNFCCC ungewöhnlich streng durchgesetzt, wodurch Versuche, einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu fordern und Bedenken über die düstere Menschenrechtsbilanz der VAE zu äussern, beeinträchtigt wurden.

Gipfeltreffen werden nur dann zu sinnvollen Ergebnissen führen, wenn jeder die Freiheit hat, Kritik zu üben, sich zu versammeln und friedlich zu demonstrieren, und in der Lage ist, die Gestaltung und die Ergebnisse der globalen Klimapolitik sinnvoll zu beeinflussen.

Zusätzlich zu dem aufwändigen Genehmigungsverfahren für Aktionen in der von der UNFCCC verwalteten Blauen Zone der COP28, , gab es eine umfassende Videoüberwachung. Dies führte zu einer Atmosphäre der Einschüchterung. Niemand wagte es, ausserhalb des von der UNFCCC verwalteten Bereichs zu protestieren, aus Furcht, aufgrund der drakonischen Gesetze der VAE, die abweichende Meinungen kriminalisieren, verhaftet zu werden.

Ann Harrison sagte: «Es müssen Lehren gezogen und Massnahmen ergriffen werden, um die Meinungsfreiheit und die friedliche Versammlung bei künftigen Klimakonferenzen besser zu schützen. Klimagerechtigkeit erfordert ein mutigeres, kontinuierliches und partizipatives Handeln, in dessen Mittelpunkt der Schutz und die Achtung der Menschenrechte stehen.»

Hintergrund

Die Gesamtzusage für den Fonds für Schäden und Verluste, der zunächst von der Weltbank verwaltet werden soll, sofern diese verschiedenen Bedingungen zustimmt, beläuft sich auf rund 700 Millionen US-Dollar, was kaum ausreicht, um den Fonds in Gang zu bringen. Die Wahl der Weltbank wurde von der Zivilgesellschaft heftig kritisiert, da sie Bedenken wegen des fehlenden Schutzes der Menschenrechte in ihrem Finanzierungsmodell hatte. Die den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellten Mittel für die Anpassung an den Klimawandel belaufen sich nur auf etwa die Hälfte der angestrebten 300 Millionen US-Dollar, obwohl Hunderte von Milliarden Dollar benötigt werden.

Auf dieser COP wurde vereinbart, dass Aserbaidschan Gastgeber des nächstjährigen Gipfels sein wird. Die Industrie für fossile Brennstoffe trägt auch dort zur Finanzierung eines hochgradig autoritären Systems bei. Das Land betreibt eine aufwendige Öffentlichkeitsarbeit, um seine erschreckende Menschenrechtsbilanz in Bezug auf Unterdrückung, willkürliche Verhaftung von Kritiker*innen, Folter von Gefangenen und Zerschlagung der Zivilgesellschaft zu beschönigen. Die Rechte auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt und LGBTI*-Personen werden stark diskriminiert.