«Dass Südafrika offenbar beabsichtigt, die Mitgliedschaft im ICC zu kündigen, ist eine grosse Enttäuschung. Mit dieser Massnahme würde das Land Millionen Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen im Stich lassen und das System der internationalen Gerichtsbarkeit untergraben», sagt Netsanet Belay, Direktor des Afrika-Programms von Amnesty International.
Die Republik Südafrika hatte nach den Jahrzehnten des ungerechten Apartheid-Regimes den internationalen Strafgerichtshof unterstützt und damit einen wichtigen Beitrag zu dessen Etablierung geleistet.
Die südafrikanische Regierung hat nun aber bei den Vereinten Nationen eine Absichtserklärung deponiert, gemäss welcher das Land aus dem ICC austreten wolle. Diese erfolgte offenbar als Reaktion auf die Strafverfolgung des ICC gegen Südafrika wegen Nicht-Kooperation: Südafrika hatte sich geweigert, den sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bachir auszuliefern, als dieser das Land im Juni 2015 anlässlich des Gipfels Afrikanischer Staaten besuchte. Al-Bashir wird vom ICC wegen Kriegsverbrechen gesucht.
Die südafrikanische Regierung ist der Meinung, in dieser Sache vom ICC ungerecht behandelt worden zu sein.
«Südafrika darf seine wichtige Rolle in Sachen Menschenrechte und Gerechtigkeit nicht aufgeben. Das Römer Statut wurde von Staaten unterzeichnet, die es nicht mehr dulden wollen, dass Verbrechen gegen internationales Recht ungesühnt bleibt. Dazu gehört auch die Apartheid», sagt Netsanet Belay.
«Südafrika sollte mit dem ICC konstruktive Gespräche führen, um seine Anliegen vorzubringen, statt übereilt Massnahmen zu ergreifen. Diese schaden nur dem Ruf des Landes, vor allem aber dem Kampf der internationalen Gemeinschaft für Frieden und Gerechtigkeit.»
Hintergrund
Zurzeit ist beim Verfassungsgericht Südafrikas ein Verfahren hängig, in welchem beurteilt werden soll, ob das Land mit der Nicht-Verhaftung von Präsident Omar Al-Bashir internationale Vereinbarungen und eigenes Recht verletzt hatte. Der Austritt aus dem Römer Statut kann dieses Verfahren nicht beeinflussen. Südafrika kann sich seinen Verpflichtungen auf diesem Weg nicht entziehen.
Sorgen macht der Entscheid der südafrikanischen Regierung insbesondere, weil eine Woche zuvor auch das Parlament Burundis ein Gesetz verabschiedete, nach welchem Burundi den ICC verlassen soll.