Der Sitz des Internationalen Strafgerichthofs ist in Den Haag. © Hypergio / Wikicommons
Der Sitz des Internationalen Strafgerichthofs ist in Den Haag. © Hypergio / Wikicommons

International Criminal Court Mitgliedstaaten müssen den internationalen Strafgerichtshof stärken

Medienmitteilung 15. November 2016, Bern – Medienkontakt
Für Millionen von Opfern ist der internationalen Strafgerichtshof (ICC) die letzte Aussicht auf Gerechtigkeit. Der Entscheid einzelner Länder, den ICC zu verlassen, stellt eine gefährliche Entwicklung dar. Amnesty International fordert die Mitgliedsstaaten im Vorfeld der Konferenz in Den Haag auf, sich voll und ganz hinter den Gerichtshof zu stellen.

Vom 16. bis 24. November findet in Den Haag die 15. Versammlung der Mitgliedsstaaten des Römer Statuts, der Gründungsakte des ICC, statt. Die afrikanischen Staaten Burundi, Südafrika und Gambia hatten im Oktober angekündigt, ihre Mitgliedschaft zu kündigen.

«Anstatt auszutreten und so Millionen von Opfern den einzigen Weg zu Gerechtigkeit zu verschliessen, müssen sich die Staaten gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof loyal verhalten. Sie müssen ihre kollektive Macht nutzen, um die Doppelmoral und das beschämende Versagen zu bekämpfen, und eine weitere politische Instrumentalisierung des Strafgerichtshofs durch den Uno-Sicherheitsrat verhindern», sagte Netsanet Belay, Leiter Recherche und Advocacy für Afrika bei Amnesty International.

Zynische Entscheide

«Diese Versammlung darf nicht von der zynischen Entscheidung einiger weniger Regierungen dominiert werden, die beschlossen haben, das Gericht zu verlassen. Stattdessen müssen die Befürworter für die Stärkung des Systems sorgen», sagte Belay.

Die Sorge um den beinahe ausschliesslichen Fokus der Ermittlungen und Strafverfolgungen des ICC auf Afrika ist legitim. Doch es gibt starke Hinweise, dass die Chefanklägerin des Strafgerichtshofs dieses Missverhältnis ausgleichen und ihre Arbeit auch auf andere Regionen ausdehnen will. Hierfür braucht es aber die Unterstützung und die Ressourcen der Versammlung, insbesondere der Staaten des Südens.

Ein weiteres grosses Problem sind die Bestrebungen des Uno-Sicherheitsrats, die Arbeit des ICC für politische Zwecke zu instrumentalisieren, indem nur gewisse Fälle überwiesen werden und andere nicht. Alle 124 Mitgliedsstaaten müssen zusammenarbeiten, um diese unterschiedlichen Massstäbe zu bekämpfen.

Forderungen von Amnesty

Amnesty International hat eine Reihe von Empfehlungen formuliert, die das Gericht und seine Arbeit stärken sollen. Von den Mitgliedsstaaten fordert Amnesty:

  • Ihre Unterstützung für den ICC zu bekräftigen und Südafrika, Gambia und Burundi aufzurufen, ihren Austritts-Entscheid zu überdenken.
  • Die ständigen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrats aufzufordern, ihr Veto-Recht nicht weiter zu verwenden, um Überweisungen von Fällen von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Genozid zu unterbinden.
  • Genügend Mittel zu genehmigen, damit der ICC seine Untersuchungen 2017 ausweiten kann.
  • Bessere Systeme zu entwickeln, die die Zusammenarbeit von Regierungen mit dem Gericht sicherstellen – insbesondere im Fall von Verhaftungen.
  • Sicherzustellen, dass Änderungen am rechtlichen Rahmen des Gerichts den höchsten Standards bezüglich Fairness für die Angeschuldigten genügen und gleichzeitig die Rechte von Opfern, Zeuginnen und Zeugen geschützt sind.
Abkehr vom Internationalen Strafgerichtshof 

In einigen Teilen Afrikas hat der ICC einen Rückschlag erlitten. Im Frühjahr hatte der ICC Vorermittlungen wegen Menschenrechtsverletzungen in Burundi aufgenommen. Burundis Präsident Pierre Nkurunziza bezeichnete daraufhin den Strafgerichtshof als «Instrument der internationalen Gemeinschaft, um die afrikanischen Staaten zu unterdrücken». Auch Südafrika wendete sich vom Strafgerichtshof ab. Hintergrund ist ein Streit über den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir, der wegen Kriegsverbrechen in Darfur mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Als Baschir 2015 Südafrika besuchte, hätten die Behörden des Landes ihn verhaften müssen, taten dies aber nicht.

Gambia wirft dem Gericht in Den Haag «einseitige Verfolgung von Menschen mit dunkler Hautfarbe» vor. Dabei stammt die Chefanklägerin des Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, selbst aus Gambia. Hintergrund für den Austritt dürften Menschenrechtsverletzungen sein, die dem Präsidenten Gambias, Yahya Jammeh, zur Last gelegt werden, wie das Verschwindenlassen politischer Gegner.   

Vetorecht wird missbraucht

Die angekündigten Austritte sind ein herber Schlag für die Reputation des Strafgerichtshofs, welcher für die Beurteilung von schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zuständig ist. Sollten weitere Staaten folgen, würde die Verfolgung von Kriegsverbrechern schwieriger werden – den Preis zahlen die Opfer dieser Verbrechen.

Amnesty setzt sich auch dafür ein, dass der Uno-Sicherheitsrat einem Verhaltenskodex zustimmt, in dem sich die Vetomächte bereiterklären, freiwillig auf das Vetorecht zu verzichten, wenn es um Fälle von Genozid, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit geht.