Demo-Guide

Demo-Guide: Kenne deine Rechte

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Meine Rechte als Demonstrant*in



JA Das Recht auf Protest ist durch die internationalen Menschenrechte geschützt, auch wenn es nicht explizit in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) erwähnt wird.  

Das Recht auf Protest leitet sich hauptsächlich aus dem Recht auf friedliche Versammlung und dem Recht auf freie Meinungsäusserung ab, die in mehreren Menschenrechtstexten verankert sind: Dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Uno-Pakt II), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der AEMR und der Uno-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen.

Das Recht auf friedliche Versammlung schützt jede absichtliche, vorübergehende und friedliche (d. h. gewaltfrei ausgeübte) Zusammenkunft von Personen im privaten oder öffentlichen Raum, um eine gemeinsame Meinung zu äussern..  

Das Recht auf freie Meinungsäusserung garantiert jeder Person die Möglichkeit, ihre Meinungen und Ideen auf ihre eigene Art und Weise, verbal oder nonverbal, ohne Einmischung durch öffentliche Behörden oder Dritte zu auszudrücken. Es schützt die Fähigkeit sozialer Gruppen, ihre Meinungen kollektiv zu äussern. 

Beide Rechte zusammengenommen schützen verschiedene Arten von Versammlungen wie politische Demonstrationen, Streiks, Sit-ins, Strassenblockaden, kulturelle oder religiöse Feiern und viele andere Veranstaltungen.

Das Recht auf Protest erstreckt sich nicht auf die Anwendung allgemeiner Gewalt und auf die Aufstachelung zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt. Die Äusserung kontroverser oder provozierender Meinungen ist jedoch geschützt. 

JA. Obwohl ein Protest in der Regel eine physische Versammlung von Menschen bedeutet, werden die Grenzen zwischen der digitalen und der physischen Welt zunehmend durchlässig. Das Internet spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation physischer Versammlungen, da ein Grossteil der Koordination und Vorbereitung von Protesten online stattfindet. Der digitale Raum stellt selbst einen Ort für kollektive Versammlungen dar. Virtuelle Proteste, Streiks und Versammlungen sind auf dem Vormarsch. 

2013 verabschiedete der Uno-Menschenrechtsrat eine Resolution, in der er die Staaten «an ihre Verpflichtung erinnert, das Recht aller Menschen auf friedliche Versammlung und auf Vereinigung sowohl online als auch offline in vollem Umfang zu achten und zu schützen»." 

JA. Ziviler Ungehorsam ist durch die Menschenrechte geschützt. Dabei handelt es sich um einen vorsätzlichen Verstoss gegen ein nationales Gesetz, der aus Gewissensgründen begangen wird oder weil man der Meinung ist, dass dies der wirksamste Weg ist, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, Widerstand gegen soziale oder politische Massnahmen auszudrücken oder Veränderungen herbeizuführen.

Handlungen des zivilen Ungehorsams fallen, sofern sie gewaltfrei sind, in den Bereich des Rechts auf Gewissens-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Personen, die sich an dieser Protestform beteiligen, laufen dennoch Gefahr, für Gesetzesverstösse strafrechtlich verfolgt zu werden. 

Die Polizei ist verpflichtet, die Ausübung des Rechts auf Protest zu erleichtern und zu schützen, wobei sie gleichzeitig Garantin für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist.  

Die Polizei sollte grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Protest friedlich ist, und mit den Organisator*innen sowie den Teilnehmer*innen zusammenarbeiten. Sie darf einen Protest nicht ohne zwingenden Grund verbieten, einschränken, blockieren, auflösen oder stören, und sie darf Teilnehmer*innen oder Organisator*innen nicht ohne triftigen Grund bestrafen. Die Polizei hat zudem die Aufgabe, ein Umfeld zu fördern, das die Ausübung des Rechts auf Protest ohne Diskriminierung ermöglicht. Sie kann auch dazu angehalten sein, Strassen zu sperren oder den Verkehr umzuleiten. 

Konkret muss die Polizei: 

  • Neutral handeln und niemals Partei für oder gegen die Teilnehmer*innen ergreifen; 
  • Spannungen vermeiden, indem sie dafür sorgt, dass die Anzahl der Polizeibeamt*innen, ihre Ausrüstung und ihr Verhalten im Verlauf des Protests nicht als bedrohlich empfunden werden; 
  • Die Teilnehmer*innen vor Übergriffen unter anderem vor Gewalttaten von Dritten oder Gegendemonstrant*innen schützen; 
  • Den Teilnehmer*innen ermöglichen, von ihrem Zielpublikum (Regierungsvertreter*innen, die allgemeine Bevölkerung, die Presse usw.) gesehen und gehört zu werden;  
  • Den Zugang zu medizinischer Versorgung für Demonstrant*innen nötigenfalls ermöglichen. 

JA, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind: 

  • Die Einschränkungen beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage und sind nicht willkürlich;  
  • die Einschränkungen verfolgen ein legitimes Ziel: Sie liegen im öffentlichen Interesse (z. B. nationale Sicherheit oder Gesundheitsschutz) oder dienen dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, und 
  • Die Einschränkungen sind notwendig und verhältnismässig zum Ziel: Sie müssen geeignet sein, dieses Ziel zu erreichen, und die am wenigsten einschneidenden Massnahme darstellen. Die negativen Folgen für die betroffenen Personen dürfen nicht schwerer wiegen als das geschützte Interesse. 

Bei den Einschränkungen kann es sich beispielsweise um eine Änderung der Route oder des Zeitplans des Protests, aber auch um ein vollständiges Verbot des Protests handeln. In solchen Fällen müssen die Behörden angemessene Alternativen anbieten. 

Aber auch bei legitimen Einschränkungen sollten Proteste nach Möglichkeit in Sicht- und Hörweite des Zielpublikums abgehalten werden können. 

NEIN, nach Völkerrecht ist keine Genehmigung erforderlich, um zu demonstrieren. 

An Protesten teilzunehmen und sie zu organisieren ist ein Menschenrecht und kein Privileg: Einen Protest von einer staatlichen Genehmigung abhängig zu machen, ist daher keine legitime Einschränkung und verstösst gegen die internationalen Menschenrechte. Der Staat könnte höchstens verlangen, dass Proteste, die nicht spontan sind, den Behörden gemeldet (Notifizierung), damit die Polizei sie erleichtern und das Recht auf Protest schützen kann. 

In der Schweiz hingegen sehen Gesetze und Reglemente vor, dass Proteste von den Behörden genehmigt werden müssen. 

Die Regeln und Bedingungen für eine solche Genehmigung sind von Stadt zu Stadt unterschiedlich, aber in der Regel müssen Datum, Uhrzeit, Dauer, Ort und/oder ggfs. die geplante Route, die ungefähre Anzahl der erwarteten Personen und die Kontaktdaten der Organisator*innen des Protests angegeben werden. 

JA. Spontane Demonstrationen, die in der Regel als direkte Reaktion auf aktuelle Ereignisse stattfinden, sind geschützt, solange sie friedlich sind. Die Polizei muss sie ebenfalls erleichtern und schützen.

JA, sie sind genauso geschützt wie jede friedliche Versammlung und müssen in Sicht- und Hörweite der Demonstration, gegen die sie sich richtet, stattfinden können. 

JA. Einer Person, die friedlich demonstriert, verliert ihr Recht auf Protest nicht, weil einzelne Teilnehmer*innen gewalttätig sind. In diesem Fall müssen die Behörden dafür sorgen, dass friedlich demonstrierende Personen dies auch weiterhin tun können, und dürfen die Gewalt einzelner Personen nicht als Vorwand benutzen, um die Ausübung der Rechte anderer Personen einzuschränken oder zu verhindern. 

Damit ein Protest nicht mehr geschützt ist, muss er insgesamt als gewalttätig eingestuft werden. Das heisst, die Gewalt ist so weit verbreitet, dass die Polizei nicht mehr gezielt gegen gewalttätige Einzelpersonen vorgehen kann. 

In diesem Fall fällt der Protest nicht mehr unter das Recht auf Protest, aber die Teilnehmer*innen sind weiterhin durch andere Menschenrechte geschützt, wie das Recht auf Leben, das Recht auf Sicherheit und das Recht, nicht der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. 

JA, du hast das Recht, einen Protest zu beobachten, zu filmen oder zu fotografieren. Dafür brauchst du grundsätzlich keine Genehmigung! 

In der Schweiz darf die Arbeit der Polizei gefilmt oder fotografiert werden, solange sie nicht gestört wird und ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt. Wird die Polizei in ihrer Arbeit gestört, kann eine Strafverfolgung drohen. 

Wenn du ein Video oder ein Foto veröffentlichen willst, auf dem einzelne Personen erkennbar sind, musst du die Zustimmung der betroffenen Personen einholen (und auch ihrer Eltern, wenn sie unter 18 Jahre alt sind). Andernfalls müssen die identifizierbaren Personen auf dem Foto (Polizeibeamt*innen oder Teilnehmer*innen) vorher unkenntlich gemacht werden. Beim Erstellen von Fotos und Videos ist stets zu bedenken, dass das Bildmaterial auch in einem Strafverfahren gegen dich oder andere Demonstrant*innen verwendet werden könnte.  

 JA. Nach Völkerrecht kann das Verdecken des Gesichts oder das Tragen einer Maske ein Mittel sein, sich im Rahmen eines Protests auszudrücken, und ist somit durch die Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung geschützt.

Die anonyme Teilnahme an einem Protest ist ein legitimes Mittel für Demonstrant*innen, um Vergeltungsmassnahmen zu vermeiden oder ihr Recht auf Privatsphäre zu schützen. 

In Ausnahmefällen, in denen die getragenen Symbole ausdrücklich zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufrufen, sollten Einschränkungen gelten. 

In der Schweiz verbieten einige Gesetze das Verhüllen des Gesichts im öffentlichen Raum. 

Mehr dazu, was das Schweizer Recht zu diesem Thema sagt.

 


Meine Rechte gegnüber der Polizei


 

JA, aber dies darf nicht grundlos geschehen, und die Polizei muss das Recht auf Privatsphäre und die geltenden Gesetze zum Datenschutz einhalten. 

Überwachungsmittel dürfen nicht eingesetzt werden, um Teilnehmer*innen einzuschüchtern oder sie von der Teilnahme an einem friedlichen Protest abzuhalten. 

Erfahre mehr über dein Recht auf Privatsphäre in der Schweiz.

JA, aber nur in Ausnahmefällen! 

Die Hauptpflicht der Polizei besteht darin, Proteste zu erleichtern und zu gewährleisten. Sie soll die Kommunikation in den Vordergrund stellen, um Konflikten durch Dialog und Vermittlung vorzubeugen. Sie soll die Ordnung aufrechterhalten, indem sie auftretende Konflikte deeskaliert. 

Im Allgemeinen sollte bei einem Protest davon ausgegangen werden, dass er friedlich ist. Die Anwendung von Gewalt durch die Polizei sollte daher nur das letzte Mittel sein. 

Um rechtmässig zu sein, muss die Anwendung von Gewalt drei Bedingungen erfüllen: 

  • Sie muss gesetzlich vorgesehen sein; 
  • Sie muss ein legitimes Ziel verfolgen; 
  • Sie muss notwendig sein und in einem angemessenen Verhältnis zum legitimen Ziel stehen. 

Die Ausstattung der Polizei kann aus einer persönlichen Schutzausrüstung sowie aus angemessenen “weniger tödlichen” Waffen (z. B. Tränengas, Wasserwerfer, Gummigeschosse usw.) bestehen. Diese müssen wissenschaftlich getestet und zugelassen sein. Sie müssen von gut ausgebildeten Polizist*innen verantwortungsvoll eingesetzt werden. 

Tränengas und Wasserwerfer dürfen nur eingesetzt werden wenn: 

  • gezieltere Mittel nicht wirksam waren oder nicht wirksam gewesen wären; 
  • allgemeine Gewalt stattfindet oder diese zu befürchten ist; 
  • die Auflösung einer gewalttätigen Gruppe nicht anders möglich ist; 
  • der Raum, in dem diese Geräte eingesetzt werden, nicht zu eng ist und die Demonstrant*innen die Möglichkeit haben, sich zu entfernen; 

JA, aber nur in einigen Kantonen ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Polizeibeamt*innen bei Einsätzen ein Namensschild oder eine sichtbare Dienst- oder Personalnummer tragen müssen. Wenn du Anzeige erstatten möchtest, präge dir die Nummer oder den Namen des Polizisten oder der Polizistin gut ein und notiere sie dir. 

JA, eine Personenkontrolle darf aber nicht ohne Grund erfolgen und ist verboten, wenn sie diskriminierend ist.  

So ist das ethnische Profiling – d.h. die Verwendung von Kriterien wie die nationale oder ethnische Herkunft zur Rechtfertigung von Personenkontrollen, ohne dass objektive oder sachliche Gründe vorliegen eine Form von Diskriminierung. 

In der Schweiz kann es jedoch eine Straftat darstellen, sich einer solchen Kontrolle zu widersetzen, selbst wenn sie nicht gesetzeskonform ist: Widersetze dich ihr nicht! Wehre dich gegebenenfalls nachträglich. 

Bleibe ruhig und lass dich nicht provozieren! Wenn du dich ärgerst und dies auch zum Ausdruck bringst, kann dies von der Polizei als aggressives Verhalten betrachtet werden und als Anlass für eine Strafverfolgung dienen.

Es gibt in der Schweiz keine allgemeine Pflicht , immer einen Ausweis auf sich zu tragen. Wenn du deine Identität nicht preisgibst oder keinen Ausweis bei dir hast, kann die Polizei dies zum Anlass nehmen, deine Identität abzuklären, indem sie deine Sachen durchsucht oder dich auf den Polizeiposten führt.  

So wehrst du dich nach der Kontrolle: 

  • Kontaktiere die Polizei des Ortes, an dem die Kontrolle stattgefunden hat, per E-Mail (die allgemeine Adresse, die du im Internet finden kannst, reicht aus) und verlange eine schriftliche Verfügung über die Personenkontrolle und die Gründe, die zu dieser Kontrolle geführt haben.  
  • Kontaktiere eine Rechtsvertretung (siehe Nummer «AntiRep» oder «Legal Team») und/oder die Organisator*innen des Protests, um sie zu informieren und zu fragen, was du tun kannst, um eine Beschwerde einzureichen. 

Eine Liste mit Kontakten in verschiedenen Städten findest du hier.

JA, nur in Ausnahmefällen – z.B. im Falle von allgemeiner Gewalt – und nur als letztes Mittel. 

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind und die Polizei beschliesst, einen Protest aufzulösen, muss sie zunächst eine mündliche Durchsage mithilfe eines Megaphons oder eines Einsatzfahrzeugs machen, die für alle Teilnehmer*innen klar verständlich ist. 

Sobald der Protest für aufgelöst erklärt wurden, müssen die Teilnehmer*innen ihn verlassen. Wenn du die Versammlung nicht verlässt, kann es sein, dass du strafrechtlich verfolgt wirst und die Polizei versucht, dich festzunehmen. 

In der Schweiz passiert es oft, dass Personen, die sich nicht sofort entfernen, von der Polizei umzingelt (oder «eingekesselt») werden und es ist in der Regel nur möglich, den Kessel zu verlassen, wenn man seine Identität bekannt gibt (siehe: Darf die Polizei meine Idenitität bei einem Protest kontrollieren). 

Diese Praxis verstösst gegen Völkerrechtsstandards, wonach Einkesselungen nur als letztes Mittel eingesetzt werden sollten, um mögliche gewalttätige Personen von den übrigen Teilnehmer*innen zu isolieren – und damit zu vermeiden, dass der gesamte Protest aufgelöst werden muss. 

Unter keinen Umständen sollte die Einkesselung als Mittel zur Auflösung eines Protests eingesetzt werden. 

Wenn du festgenommen wirst, hast du das Recht, in einer Sprache, die du verstehst, über die Gründe deiner Festnahme informiert zu werden. Wenn du unter 18 Jahre alt bist und festgenommen wirst, muss die Polizei die gesetzliche Vertretung benachrichtigen. 

Grundsätzlich muss die Polizei dich nach der Feststellung deiner Identität gehen lassen, wenn es keinen Grund für Polizeigewahrsam oder eine vorläufige Festnahme gibt. Spätestens nach 24 Stunden muss die Polizei dich aus der vorläufigen Haft entlassen oder der Staatsanwaltschaft zuführen. 

Wurdest du der Staatsanwaltschaft zugeführt, muss diese die Haftgründe prüfen und kann innert 48 Stunden nach der Festnahme Untersuchungshaft beim Zwangsmassnahmengericht beantragen. Das Gericht muss innerhalb von 48 Stunden nach Eingang des Antrags über die Untersuchungshaft entscheiden. Du hast das Recht, Beschwerde einzulegen. Verlange in jedem Fall, von einem Anwalt oder einer Anwältin vertreten zu werden!  

Wenn du einer Straftat beschuldigt wirst, hast du das Recht, dich an einen Anwalt oder eine Anwältin zu wenden. Wenn du niemanden kennst, mussdie Polizei eine*n Rechtsvertreter*in des Pikettdienstes aufbieten.  

Dir sollte ausserdem ermöglicht werden, eine Vertrauensperson anzurufen, um sie über deine Verhaftung zu informieren, sofern die Ermittlungen dies nicht verbieten.  

Es kann sein, dass die Polizei dich fotografieren oder deine Fingerabdrücke nehmen möchte. Du kannst erklären, dass du damit nicht einverstanden bist. In diesem Fall muss sie einen Befehl der Staatsanwaltschaft einholen. Die Polizei kann unter Umständen auch die Entnahme einer DNA-Probe mittels eines Wattestäbchens verlangen. Dazu ist sie grundsätzlich befugt. Du kannst dich dagegen nachträglich mit einer Beschwerde wehren.  

Wenn du Medikamente brauchst, melde dich bei der Polizei. Wenn es dir nicht gut geht, kannst du verlangen, dass dich ein Amtsarzt oder eine Amtsärztin untersucht oder du falls nötig in ein Krankenhaus gebracht wirst. 

JA, du hast das Recht, die Aussage zu verweigern beziehungsweise zu schweigen. Dazu sagst du den Polizeibeamt*innen einfach einen Satz: «Ich mache von meinem Schweigerecht Gebrauch.» Wenn du zum Beispiel sagst, dass du nichts über die Sache weisst, nicht vor Ort warst oder dich nicht erinnern kannst, ist das bereits eine Aussage, die in einem Strafverfahren verwendet werden kann.  

Mit einer Aussage kannst du nicht nur dich selbst, sondern auch andere Personen belasten. Mache von deinem Schweigerecht Gebrauch, bis du mit einem Rechtsbeistand in Ruhe sprechen kannst. Die Gespräche mit deinem Anwalt oder deiner Anwältin sind geheim und dürfen nicht abgehört werden. 

Du bist auch nicht verpflichtet, ein Protokoll zu unterschreiben. Wenn du es doch tust, solltest du es vorher in Ruhe durchlesen. Wenn du es nicht verstehst, bitte darum, dass es dir in eine verständliche Sprache übersetzt wird. 

NEIN, nach Völkerrecht sind die Organisator*innen eines Protests nicht für die Handlungen der Teilnehmer*innen oder Dritter verantwortlich. Jede Person, die persönlich eine Straftat begeht oder den Anordnungen der Polizei nicht Folge leistet, trägt ihre eigene individuelle Verantwortung. 

Die Organisator*innen sind nicht verantwortlich für 

  • die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit (einschliesslich der Lenkung des Autoverkehrs und der Menschenmengen) 
  • die Bereitstellung medizinischer Versorgung 
  • die Reinigung des Geländes nach der Versammlung oder andere damit verbundene öffentliche Dienstleistungen 
  • Die Kosten der Polizeieinsätze. 

In der Schweiz jedoch legen die Behörden einige dieser Aufgaben in die Verantwortung der Organisator*innen. 

Mehr über die Praxis in der Schweiz findest du hier.

  • Bleibe ruhig; 
  • Dokumentiere die Situation schriftlich, per Tonaufnahme oder durch Filmen, ohne die Polizeiarbeit zu stören (siehe: Darf ich einen Protest filmen oder fotografieren); 
  • Schreibe so bald wie möglich ein Gedächtnisprotokoll (GP), d. h. eine Zusammenfassung der Ereignisse und ihrer Hintergründe, ohne sie vorher mit anderen Personen im Detail zu besprechen. Das Gedächtnisprotokoll ist in erster Linie für dich: Bewahre es sicher auf und gib es nicht weiter. Es kann dir bei einem Gerichtsverfahren helfen, dich an das Beobachtete zu erinnern. Du kannst das GP per E-Mail verschicken, um das Datum nachzuweisen; 
  • Wenn du möchtest, kannst du dich der betroffenen Person als Zeug*in anbieten und ihr deine Kontaktdaten geben; 
  • Wenn du eine diskriminierende Polizeikontrolle beobachtest, melde den Vorfall der Beratungsstelle für Rassismusopfer: network-racism.ch  

Bleib ruhig, dokumentiere die Situation und schreibe ein Gedächtnisprotokoll. Lass dich so schnell wie möglich rechtlich beraten! 

Wenn es sich um ein strafrechtlich relevantes Verhalten handelt, kannst du eine Anzeige / einen Strafantrag gegen eine*n Polizeibeamte*n erstatten. Bedenke, dass du maximal drei Monate Zeit hast, um einen Strafantragzu stellen. Bevor du ein Strafverfahren einleitest, ist es wichtig zu klären, welche Beweise du hast (z.B. Videoaufnahmen), welchen Risiken du dich aussetzt und ob das Verfahren Aussicht auf Erfolg hat. 

  • Sprich mit Personen, denen du vertraust, über das, was geschehen ist; 
  • Nimm Anzeichen von psychischer Belastung bei dir oder anderen ernst und suche bei Bedarf professionelle Hilfe. 
  • Bei körperlichen Verletzungen:  
    • Suche einen Arzt oder eine Ärztin auf, um dich gründlich untersuchen zu lassen und mögliche Verletzungen zu dokumentieren; 
    • Fotografiere die Verletzungen auch mit einem Lineal, um die Grössenverhältnisse zu dokumentieren. 
    • Mache nach ein paar Tagen wieder Fotos um den Verlauf zu dokumentieren.  
  • Schreibe ein Gedächtnisprotokoll (siehe: Was kann ich tun, wenn ich während eines Protests Zeug*in von Menschenrechtsverletzungen werde?); 
  • Hol dir rechtliche Unterstützung, wenn du dich gegen das Verhalten der Polizei wehren möchtest. In vielen Städten gibt es kostenlose Rechtsberatungen. Nimm frühzeitig Kontakt mit ihnen auf. 

Wenn du von Behörden Strafen erwartest, versichere dich, dass deine Post in deiner Abwesenheit abgeholt wird, um die kurzen Rechtsmittelfristen nicht zu verpassen.