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Iran Unrühmlicher Platz zwei

21. August 2017
Iran ist seit Jahren das Land mit den meisten Hinrichtungen nach China: Jedes Jahr werden mehrere Hundert Menschen hingerichtet. Die Regierung veröffentlicht keine glaubwürdigen Zahlen zur Anwendung der Todesstrafe.

Delikte: Die Mehrheit der Hinrichtungen erfolgt wegen Drogendelikten. Auch für andere Delikte, die nicht in die Kategorie der «schwersten Verbrechen» fallen, wird die Todesstrafe verhängt: Gotteslästerung, Beleidigung des Propheten oder Sex zwischen Personen gleichen Geschlechts. Für Ehebruch kann die Todesstrafe durch Steinigung verhängt werden.

Minderjährige: Iran richtet regelmässig jugendliche Straftäter und Straftäterinnen hin (jünger als 18 Jahre zur Zeitpunkt der Tat), was internationales Recht verletzt.

Unfaire Verfahren: Die Gerichtsverfahren verletzen oft internationale Standards; vor Gericht werden «Geständnisse» verwendet, die unter Folter oder Misshandlung erzwungen werden.

Diskriminierung: Die Todesstrafe wird im Iran auch als Waffe der politischen Repression eingesetzt; sie trifft besonders oft Angehörige von ethnischen oder religiösen Minderheiten.

Hinrichtungsmethoden: Erhängen. Hinrichtungen werden regelmässig in der Öffentlichkeit durchgeführt; mindestens 33 im Jahr 2016.

 

Sahine Ashtiani – zum Tod durch Steinigung verurteilt

Sakineh Ashtiani © AI / Private Wegen Ehebruchs wurde Sakineh Ashtiani, eine Mutter von zwei Kindern, 2006 von einem iranischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt. Davor war sie bereits wegen der angeblichen Beteiligung an der Ermordung ihres Ehemannes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Die drohende Hinrichtung durch Steinigung führte zu weltweiten Protesten und Solidaritätsaktionen.

Der Rechtsanwalt von Sakineh Ashtiani beantragte im Juli 2010 eine gerichtliche Überprüfung des Todesurteils. Ob seinem Antrag stattgegeben wurde, ist nicht bekannt. Der Anwalt wurde später inhaftiert, ihm wurde die Anwaltslizenz entzogen. Amnesty International forderte die iranischen Behörden auf, die Hinrichtung von Sakineh Ashtiani zu stoppen, und forderte ihre unverzügliche Freilassung, falls sie nur aufgrund ausserehelicher Beziehungen festgehalten werde.

Das Urteil der Steinigung wurde bis heute nicht umgesetzt. Laut unbestätigten Berichten wurde Sakineh Ashtiani Ende 2014 freigelassen.

 

Saman Naseem – Warten auf den Tod

Saman Naseem © AI / Private Er war erst 17-jährig, als er angeblich an bewaffneten Aktionen gegen den Staat teilgenommen haben soll. Saman Naseem, ein Angehöriger der kurdischen Minderheit im Iran, wurde im April 2013 wegen dieser Vorwürfe und wegen «Feindschaft zu Gott» zum Tod verurteilt. Er war mit Folter zu einem «Geständnis» gezwungen worden, vor Gericht wurde dieses Geständnis dann gegen ihn verwendet.

Am Tag vor der angekündigten Hinrichtung brachte man Saman Naseem an einen unbekannten Ort, fünf Monate lang gab es keinerlei Hinweise über sein Schicksal oder seinen Aufenthaltsort. Dann erhielt seine Familie ein Lebenszeichen aus dem Gefängnis. Das Oberste Gericht hatte das Gesuch um Neubeurteilung seines Falles gutgeheissen und das Todesurteil aufgehoben. Saman Naseem ist weiterhin im Gefängnis und wartet auf ein neues Urteil.

Januar 2018: Saman Naseem wurde vom Vorwurf «Feindschaft zu Gott» (Mohareb) freigesprochen und zu fünf Jahren Gefängnis für die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe verurteilt. Er ist damit nicht mehr von der Hinrichtung bedroht.

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