Alcatraz-Gefängnis, USA, September, 2018. © motimeiri / istock
Alcatraz-Gefängnis, USA, September, 2018. © motimeiri / istock

Todesstrafe Fünf Mythen werden entlarvt

Die Diskussion um die Todesstrafe wird oft von Mythen bestimmt. Viele Mythen zur Todesstrafe halten sich, auch wenn die Fakten dagegen sprechen. Die meist verbreiteten Mythen und die Fakten.

MYTHOS

Die Todesstrafe schreckt vor Verbrechen ab und macht die Gesellschaft sicherer.

FAKT

Es gibt keine überzeugende Beweise, dass die Todesstrafe abschreckender wirkt als andere Strafen.

In Kanada war die Mordrate im Jahr 2008 weniger als halb so hoch wie 1976, als die Todesstrafe dort abgeschafft wurde.

In einer 35 Jahre umfassenden Studie wurde Honkong, wo es keine Todesstrafe gibt, mit Singapur verglichen. Singapur hat etwa dieselbe Bevölkerungsdichte und vollstreckt regelmässig Todesurteile. Die Todesstrafe hat aber kaum einen Effekt auf die Verbrechensrate.


MYTHOS

Die Todesstrafe ist ein wirksames Mittel, um terroristische Angriffe zu vermeiden.

FAKT

Die Androhung einer Hinrichtung schreckt kaum Leute ab, welche bereit sind, für politische oder ideologische Ziele zu töten und zu verletzen.

Einige Anti-Terror-Experten haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die Hingerichteten als Märtyrer betrachtet werden; deren Glorifizierung dient der Mobilisierung für ihre Ideologie und ihre Organisation.

Bewaffnete Widerstandsgruppen benutzen die Todesstrafe auch als Rechtfertigung für Vergeltungsmassnahmen, womit sich die Gewaltspirale weiter dreht.


MYTHOS

Die Todesstrafe ist legitim, solange sie von der Bevölkerung unterstützt wird.

FAKT

Die Geschichte ist durchzogen von Menschenrechtsverletzungen, die durch eine Bevölkerungsmehrheit unterstützt wurden – auf die man im Nachhinein jedoch mit Schrecken zurückblickt.

Sklaverei, Rassentrennung und Lynchmorde wurden alle von den Gesellschaften unterstützt, in welchen sie stattfaden, und waren dennoch massive Menschenrechtsverletzungen. Es ist die Pflicht der Regierungen, die Rechte aller Individuen zu schützen. Auch wenn das manchmal heisst, dies gegen die Ansicht der Mehrheit zu tun.

Ausserdem kann sich die öffentliche Meinung ändern, je nach politischer Führung und je nachdem ob die Bevölkerung objektive Informationen über die Todesstrafe erhält.


MYTHOS

Alle Hingerichteten sind schuldig, schwere Verbrechen begangen zu haben.

FAKT

Weltweit werden jährlich Hunderte von Menschen aufgrund unfairer Verhandlungen hingerichtet. Zum Beispiel werden «Geständnisse» unter Folter erpresst, der Zugang zu einem Anwalt oder rechtliche Hilfe verweigert.

Gerade bei den Ländern China, Iran und Irak, die am häufigsten Hinrichtungen durchführen, bestehen grosse Zweifel an der Gerechtigkeit ihres Justizsystems.

Die Entlassungen von 187 Todeskandidaten in den USA seit 1973 zeigen, dass sich das Justizsystem immer irren kann – egal, wie viele juristische Hürden aufgebaut werden. So lange Menschen Fehler machen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Unschuldige hingerichtet werden.


MYTHOS

Es sind die Hinterbliebenen von Mordopfern, die die Todesstrafe verlangen.

FAKT

In der weltweiten Bewegung gegen die Todesstrafe sind viele Menschen aktiv, die durch Gewaltverbrechen Angehörige verloren haben oder selber Opfer von Gewalt wurden. Aus ethischen oder religiösen Gründen möchten sie jedoch nicht, dass in «ihrem Namen» die Todesstrafe ausgesprochen wird. In den USA sind das Organisationen wie die «Familien von Mordopfern für Menschenrechte»  (Murder Victims’ Families for Human Rights) in New Hampshire, welche die Bewegung gegen die Todesstrafe anführen.