Die Afrikanische Union möchte Staatschefs von Verfahren vor dem ICC ausnehmen
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«Die Afrikanische Union sendet mit dieser Erklärung eine völlig verkehrte Botschaft: Politiker auf dem afrikanischen Kontinent sollen demnach ihre eigenen Interessen höher werten dürfen als die Interessen derjenigen, die Opfer von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord geworden sind», kritisierte Tawanda Hondora, Vizedirektorin der Abteilung Recht und Politik bei Amnesty International.
Geringschätzung der Opfer
An ihrem Sondergipfel in Addis Abeba am 11. -12. Oktober 2013 appellierten die Staatschefs der Afrikanischen Union (AU) zudem an den Uno-Sicherheitsrat, die Verfahren gegen den kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta und dessen Vizepräsidenten William Ruto vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag zu verschieben.
«Das heisst im Klartext, dass die Opfer jener Gewaltexzesse nach den Wahlen in Kenia nicht zählen», so Tawanda Hondora.
Amnesty International anerkennt, dass Kenia eine Phase schrecklichster Gewalt durchgemacht hat, die zahlreiche Menschenleben kostete und viel Schaden anrichtete. Das darf aber nicht zum Vorwand genommen werden, um kenianische Spitzenpolitiker von der Verantwortung abzuschirmen.
Die Opfer der damaligen Gewaltwelle warten seit mehr als fünf Jahren darauf, dass die Räder der Justiz in Gang kommen. Nachdem Kenia selbst nicht in der Lage war, die Ereignisse rechtlich aufzuarbeiten, wurde der ICC eingeschaltet. Die Verfahren müssen jetzt weiter geführt werden können. Würde der Sicherheitsrat der Forderung der AU nach Sistierung Folge leisten, wäre dies ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz.
Drohung mit Austritten aus dem ICC
Die führenden Politiker der AU erwogen ausserdem, alle 34 afrikanischen Mitgliedstaaten des Römer Statuts zum Austritt aus dem ICC-Vertrag aufzufordern, sollten die Verfahren gegen die Kenianer nicht aufgehoben oder mindestens aufgeschoben werden. So weit ging die Versammlung dann allerdings nicht. Amnesty International hatte die afrikanischen Staatschefs aufgefordert, nicht dem Beispiel des kenianischen Parlaments zu folgen, das am 5. September für den Austritt aus dem ICC gestimmt hatte.
«Afrikanische Staaten haben eine entscheidende Rolle bei der Gründung des ICC gespielt und stehen jetzt vor der grossen Herausforderung, daraus ein Instrument für gerechte, faire und effiziente Verfahren zu machen», sagte Tawanda Hondora.
Medienmitteilung veröffentlicht: London, 13.10.2013
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