Der Kornzern Royal Dutch Shell (RDS) könne nicht für die Taten seiner nigerianischen Tochterfirma Shell Petroleum Development Company of Nigeria Ltd (SPDC) verantwortlich gemacht werden, hielt der High Court in seinem Entscheid vom 26. Januar 2017 fest. Der Fall müsse vor einem nigerianischen Gericht beurteilt werden. Den betroffenen Gemeinschaften, deren Lebensgrundlage durch beschädigte Pipelines verseucht wurde, bleibt nun nichts anderes übrig, als das Urteil anzufechten, um zu ihrem Recht zu kommen.
Der Konzern hatte jahrzehntelang vom Öl des Niger-Deltas profitiert und dabei die Menschenrechte und den Umweltschutz missachtet. Im Verlauf der Jahre kam es mehrfach vor, dass Öl auslief und die Böden sowie das Wasser verschmutzte – bis heute wurden diese Verunreinigungen noch nicht beseitigt.
Für Tochterfirma nicht verantwortlich?
Es war dies die zweite Klage gegen Royal Dutch Shell RDS und die Tochterfirma SPDC. Sie wurde von rund 40‘000 Mitgliedern der Ogale-Gemeinschaft aus der Region Ogoni eingereicht. Die vor Gericht vorgelegten Beweise und Belege von Amnesty International zeigen auf, dass Royal Dutch Shell massiven Einfluss in die Geschäftsführung seiner Tochterfirma hat. Dennoch hat Shell die Zuständigkeit des britischen Hohen Gerichts in Frage gestellt, da der Fall nigerianische KlägerInnen und eine nigerianische Unternehmung beträfe.
Für ländliche Gemeinschaften ist es jedoch äusserst schwierig, sich an nigerianische Gerichte zu wenden, da nur nationale Gerichtshöfe die Kompetenz haben, Fälle zu behandeln, bei denen es um die Ölförderung geht. Nur wenige Anwälte und Anwältinnen sind zudem bereit, den grossen Ölfirmen entgegenzutreten. In den wenigen Fälle, die bis vor Gericht kamen, dauerte die Behandlung durch die nigerianische Justiz Jahre – ohne dabei zu Lösungen zu gelangen.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Dieses Urteil stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar. Wenn es bestätigt wird, müssen sich multinationalen Unternehmen mit Sitz in Grossbritannien um die Menschenrechte in den Ländern ihrer Tochterfirmen nicht kümmern. Es werden die armen Menschen in den Entwicklungsländern sein, die den Preis bezahlen werden. Das Urteil zeigt, wie die mächtigen Unternehmen ungestraft handeln können. Und es ist ein Schlag ins Gesicht all der Gemeinschaften aus dem Niger-Delta, die noch immer auf Gerechtigkeit warten.