Mit dem NAP reagiert der Bundesrat auf die 2011 vom Uno-Menschenrechtsrat einstimmig verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Der Auftrag dazu stammt aus dem Postulat «Eine Ruggie-Strategie für die Schweiz», das Ende 2012 vom Nationalrat überwiesen wurde. Seither hat sich die Publikation des NAP immer wieder verzögert.
Der nun vorliegende Nationale Aktionsplan für die Schweiz anerkennt die Bedeutung der Uno-Leitprinzipien als «regulatorische Grundlage für die verschiedenen Aktivitäten der Unternehmen aus einer Menschenrechtsperspektive.» So folgt er auch vorbildlich der von der zuständigen Uno-Arbeitsgruppe empfohlenen Struktur. Der Bundesrat stellt fest: «In der Schweiz ansässige und/oder tätige Unternehmen sollen ihre menschenrechtliche Verantwortung gebührend wahrnehmen». Zu begrüssen ist zudem, dass der Bundesrat diese Umsetzung als kontinuierlichen Prozess versteht.
Der konkrete Inhalt des NAP fällt jedoch in jeder Hinsicht enttäuschend aus: Gleich zu Beginn wird unterstrichen: «Der NAP schafft keine neuen, rechtlich verbindlichen Massnahmen.» Wer den Plan näher anschaut, erkennt denn auch: Von den fünfzig aufgeführten Politikinstrumenten werden gerade mal dreizehn als «neu» bezeichnet, alle anderen sind Teil bereits bestehender Aktivitäten des Bundes. Darunter sind allerdings sieben Massnahmen, die bereits im CSR-Positionspapier aufgeführt wurden, das schon im April 2015 verabschiedet wurde. Unter dem Strich bleiben also lediglich sechs tatsächlich neue Massnahmen. Sie beschränken sich auf Promotion (z.B. Schaffung einer Auszeichnung für Best Practice) und verbesserte Nutzung existierender Instrumente im EDA (z.B. Ausbildung des Botschaftspersonals).
Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen haben sich in der Erarbeitung des Aktionsplans eingebracht und sich an verschiedenen Konsultationen beteiligt. Doch von den wichtigsten Vorschlägen der Zivilgesellschaft ist kaum einer in den Aktionsplan eingeflossen. Weder enthält er verbindliche Massnahmen und Erwartungen an Unternehmen wie beispielsweise eine Verpflichtung zur Sorgfaltsprüfung für Konzerne, noch wurde – wie zum Beispiel in Deutschland – eine Gap-Analyse zur Identifizierung der bestehenden Lücken in Schweizer Recht und Praxis durchgeführt. Dass der NAP bloss alle 4 Jahre überarbeitet werden soll, ist angesichts der rasanten internationalen Entwicklungen unverständlich.
Doch damit nicht genug: Die heutige Version des NAP fällt hinter die im Juni 2016 zur Konsultation verteilte Fassung zurück. War damals vorgesehen, zumindest für bundesnahe Betriebe eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungspflicht einzuführen, ist davon heute nichts mehr zu lesen. Es soll bloss noch eine «Bestandsaufnahme zur Wahrnehmung der CSR bei den Tätigkeiten des Bundes» und bundesnaher Betriebe erstellt werden.
Der Verein Konzernverantwortungsinitiative bedauert, dass der Bundesrat im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte nicht bereit ist, internationale Entwicklungen nachzuvollziehen oder gar zu antizipieren. Die Konsequenzen eines solchen Verhaltens haben sich beim sturen Festhalten am Bankgeheimnis gezeigt. Die Konzernverantwortungsinitiative bietet unserem Land die Chance, seine Reputation zu schützen.