Modelle von Stadien in einer  Ausstellung der saudischen Bewerbung für die Fifa Fusssball-Weltmeisterschaft 2034 in Riad gezeigt werden.  © Fayez Nureldine / AFP / Getty
Modelle von Stadien in einer Ausstellung der saudischen Bewerbung für die Fifa Fusssball-Weltmeisterschaft 2034 in Riad gezeigt werden. © Fayez Nureldine / AFP / Getty

Fifa / Saudi-Arabien Vergabe der Fussballweltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien entlarvt die leeren Menschenrechtsverpflichtungen der Fifa

Medienmitteilung 11. Dezember 2024, London/Bern – Medienkontakt
Die heutige Bestätigung Saudi-Arabiens als Gastland der Fifa Fussballweltmeisterschaft der Männer 2034 birgt grosse Risiken für Einwohner*innen, Arbeitsmigrant*innen und Fans. Amnesty International fordert dringende Massnahmen und Reformen, um zu verhindern, dass es im Rahmen der WM 2034 zu verheerenden Menschenrechtsverletzungen kommt. Auch die Schweiz sollte aktiv werden.

Ein angemessener Menschenrechtsschutz ist nicht gewährleistet, dennoch hat der Weltfussballverband Fifa heute die Austragung der Fussballweltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien vergeben. Die Fifa hat mit diesem Entscheid gezeigt, dass sie alle Warnungen von Menschenrechtsorganisationen, Fangruppen und Gewerkschaften ignorieren und ihre eigene Menschenrechtspolitik in den Wind werfen.

Klar ist, der Preis für die Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien werden jene Menschen bezahlen, deren Rechte im Namen dieser WM verletzt werden. Wenn keine glaubwürdigen Garantien für Reformen vorgelegt werden, besteht das hohe Risiko, dass Fans diskriminiert, Anwohner*innen gewaltsam vertrieben, Arbeitsmigrant*innen ausgebeutet werden oder sogar sterben. Die Fifa hat 2016 anerkannt, dass sie im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards eine klare Verantwortung dafür trägt, Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten zu verhindern und abzumildern sowie für Entschädigung zu sorgen, wenn sie dazu beigetragen hat. Indem die Fifa die heutige Entscheidung ungeachtet der bekannten Risiken getroffen hat, trägt sie eine grosse Verantwortung für allfällige Menschenrechtsverletzungen im Rahmen der WM 2034.

Die Fifa wird sich nicht darauf berufen können, dass sie das Ausmass der Risiken nicht kannte, die mit der Ausrichtung eines Sportgrossanlasses in einem Land mit einem derart schwachen Menschenrechtsschutz verbunden sind. Amnesty International veröffentlichte bereits im Juni einen Bericht, der die Menschenrechtsrisiken im Zusammenhang mit den Bewerbungen für die Fussballweltmeisterschaften der Männer 2030 und 2034 bewertet. Die Untersuchung zeigte, dass die Bewerbung Saudi-Arabiens für die Durchführung der Fussball-WM 2034 eine grosse Bandbreite ernsthafter Risiken birgt, etwa für die Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit, aber auch für die Rechte von Frauen und LGBTI*-Personen. Zudem werden für die Austragung des Turniers umfangreiche Bauprogramme nötig sein, was die Gefahr von rechtswidrigen Zwangsräumungen und Arbeitsrechtsverstössen erhöht.

Um Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Bewerbung Saudi-Arabiens für die Fussball-WM 2034 zu verhindern, wären grundlegende Reformen erforderlich, einschliesslich umfassender Verbesserungen des Arbeitsrechts und die Freilassung von Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen, die zu Unrecht in Haft sind.

Auch die nationalen Verbände, die für die Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien gestimmt haben, tragen eine Verantwortung. «Es ist bedauerlich, dass auch der Schweizerische Fussballverband SFV das von Anfang an abgekartete Spiel der Fifa mitspielt und die Bewerbungen für die WM 2030 und 2034 trotz fehlender Menschenrechtsgarantien durchwinkt. Insbesondere mit dem Zuschlag für Saudi-Arabien nimmt er gravierende Menschenrechtsverletzungen in Kauf, namentlich die Ausbeutung von Arbeitsmigranten mit potenziell tödlichem Ausgang, Repressalien gegen WM-Kritiker*innen und Journalist*innen oder die Diskriminierung von weiblichen und LGBTI*-Fans», sagt Lisa Salza, Verantwortliche für Sport und Menschenrechte bei Amnesty International.

«Zu begrüssen ist die zwischen den Zeilen geäusserte Kritik an der Menschenrechtslage im Gastgeberland und die Forderung nach zusätzlichen unabhängigen Kontroll- und Rekursinstanzen. Der SFV ist mit ihrem Präsidenten im Fifa-Unterkomitee für Menschenrechte vertreten und sollte diese Position nutzen, um eine regelmässige Überprüfung der Einhaltung von Menschenrechtsstandards bei der Vorbereitung aller Turniere zu erwirken. In Anbetracht dessen, dass die Fifa nach wie vor in der Schuld Hunderttausender Arbeitmigrant*innen steht, die bei Stadien- oder Infrastrukturbauten der WM 2022 in Katar geschädigt wurden, sollte das Menschenrechtskomitee sich auch von Beginn weg für einen funktionierenden Entschädigungsmechanismus stark machen – denn es steht ausser Frage, dass wegen der WM 2034 Menschen zu Schaden kommen werden.»

Amnesty International Schweiz sieht auch die Schweizer Regierung in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass Menschenrechtsverletzungen bei Sportgrossanlässen künftig verhindert werden können. Amnesty International Schweiz hat dem Bundesrat daher heute eine Petition übergeben, die griffige Massnahmen einfordert, um sicherzustellen, dass Sportverbände ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Gemäss den Uno-Richtlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitlinien für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, trägt die Schweiz als Sitzstaat der Fifa und anderer internationaler Sportverbände eine Mitverantwortung dafür, dass diese die Menschenrechte im Rahmen ihrer kommerziellen Aktivitäten einhalten. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, setzt die Schweiz heute ausschliesslich auf freiwillige Massnahmen. Die heutige Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien ohne nennenswerte Menschenrechtsgarantien zeigt erneut auf, dass sowohl die Fifa-Menschenrechtspolitik wie auch die freiwilligen Massnahmen der Schweiz nicht greifen.