Kerzenmahnwache zum 30. Jahrestag des Tiananmen-Aufstandes in Honkong, 4. Juni 2019 © CC/Etan Liam
Kerzenmahnwache zum 30. Jahrestag des Tiananmen-Aufstandes in Honkong, 4. Juni 2019 © CC/Etan Liam

China – Hongkong Amnesty Hongkong arbeitet «im Exil» – Neuer Hauptsitz der Sektion in der Schweiz

Medienmitteilung 15. April 2025, Bern – Medienkontakt
Amnesty International hat die Gründung einer neuen Hongkonger Sektion «im Exil» angekündigt, nachdem ihre Büros nach der Niederschlagung der Menschenrechtsbewegung in der Stadt 2021 geschlossen worden waren. Amnesty International Hong Kong Overseas (AIHKO) wird von Aktivist*innen aus der Hongkonger Diaspora geleitet, die von internationalen Zentren wie Australien, Kanada, Taiwan, Grossbritannien und den USA aus tätig sind. Ihren offiziellen Sitz hat die neue Sektion in der Schweiz.

«Die Eröffnung von Amnesty International Hong Kong Overseas (AIHKO) markiert ein neues Kapitel im verstärkten Engagement von Amnesty International für die Menschenrechte in Hongkong und ihre Unterstützung für die Hongkonger Diaspora in aller Welt», sagte Chi-man Luk, neuer Exekutivdirektor von AIHKO.

«Dass sich Amnesty Hongkong hier niederlässt, ist Zeugnis davon, dass die Schweiz im Allgemeinen ein positives Umfeld für die Zivilgesellschaft und den Schutz der Menschenrechte bietet und eine wichtige Rolle in der Verteidigung und Ausübung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit weltweit innehat» Alexandra Karle, Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz

«Die Zerschlagung der Zivilgesellschaft in Hongkong ist eine Tragödie für die Stadt, mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen und Medien wurden geschlossen oder mussten fliehen. Aber seit der Schliessung von Amnesty International Hongkong vor drei Jahren ist unser Engagement nur noch grösser geworden. Wir sind nun bereit, unsere Bemühungen zu intensivieren, indem wir mit der Hongkonger Diaspora eine neue Gemeinschaft von Unterstützer*innen aufbauen.»

Menschenrechtskrise in Hong Kong

In Folge der Proteste der Pro-Demokratie-Bewegung in Hongkong wurden seit 2019 mehr als 10’000 Menschen, darunter viele Student*innen verhaftet. Über 300 Personen wurden wegen angeblicher «Gefährdung der nationalen Sicherheit» eingesperrt. Prominente Aktivist*innen, darunter der Rechtsanwalt Chow Hang-tung und der Medienanwalt Jimmy Lai, sind wegen ihres friedlichen Engagements zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Beide werden von Amnesty International als «Gewissensgefangene» bezeichnet.

Die Behörden in Hongkong haben neue repressive Gesetze und ein ganzes Arsenal von Repressionsmitteln eingeführt. Sogar im Ausland werden Kritiker*innen ins Visier genommen, indem Kopfgelder auf sie ausgesetzt und ihnen Pässe entzogen werden.

Joey Siu, AIHKO-Vorstandsmitglied und eine von 19 Hongkong-Aktivist*innen, auf die die Polizei ein Kopfgeld ausgesetzt hat, sagte: «Die Drohungen haben uns nur stärker gemacht. Sie erinnern uns daran, dass selbst denjenigen, die Hongkong verlassen haben, nicht in Freiheit leben können. Um wirklich frei von Unterdrückung zu sein, müssen wir weiterhin für die Menschenrechte einstehen, sowohl in Hongkong als auch in der ganzen Welt.»

Erste Sektion von Amnesty, die vollständig «im Exil» arbeitet

AIHKO ist die erste Sektion von Amnesty International, die vollständig «im Exil» gegründet und betrieben wird. Sie folgt auf den Exodus von Hunderttausenden von Hongkonger*innen, die auf der Suche nach Sicherheit und Freiheit ins Ausland gezogen sind.

«Der Aufenthalt im Ausland bietet uns ein gewisses Mass an Schutz und ermöglicht es uns, freier zu sprechen und uns zu engagieren. Wir haben die Verantwortung, mehr zu tun, um Menschen zu unterstützen, die in Hongkong geblieben sind», sagte Fernando Cheung, AIHKO-Vorstandsmitglied und ehemaliger Abgeordneter in Hongkong.

AIHKO reiht sich ein in eine wachsende Zahl von Organisationen, die aufgrund des schrumpfenden Raums für die Zivilgesellschaft und die freie Meinungsäusserung ausserhalb von Hongkong tätig geworden sind.

Offizieller Sitz in der Schweiz

AIHKO ist offiziell in der Schweiz registriert. Die Sektion wird sich darauf konzentrieren, für die Menschenrechte der Hongkonger Bevölkerung einzutreten, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen und eine starke Diaspora-Gemeinschaft auf der ganzen Welt zu fördern.

«Dass sich Amnesty Hongkong hier niederlässt, ist Zeugnis davon, dass die Schweiz im Allgemeinen ein positives Umfeld für die Zivilgesellschaft und den Schutz der Menschenrechte bietet und eine wichtige Rolle in der Verteidigung und Ausübung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit weltweit innehat», sagte Alexandra Karle, Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz.

«Es erinnert aber auch daran, dass diese Rechte nicht immer und überall garantiert sind und wir als Gesellschaft dazu Sorge tragen müssen. Die offizielle Schweiz tut gut daran, in den global unsicheren Zeiten eine Vorreiterrolle einzunehmen. Sie muss Minderheiten im Inland schützen vor transnationaler Repression wie sie insbesondere China nachweislich ausübt. International sollte die Schweiz verstärkt multilaterale Instrumente und Plattformen nutzen, um die Menschenrechte zu verteidigen, humanitäres Leid zu lindern und die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit voranzubringen», sagte Alexandra Karle.

Hintergrund

Die Lokalsektion von Amnesty International in Hongkong hat ihre Tätigkeit am 31. Oktober 2021 eingestellt, während das Regionalbüro, das Teil des internationalen Sekretariats von Amnesty International ist, seine Tätigkeit in die anderen Büros der Organisation im asiatisch-pazifischen Raum und in Europa verlegt hat.

Amnesty International versteht unter einem Gewissensgefangenen eine Person, die ausschliesslich aufgrund ihrer Überzeugungen, ihrer Identität oder ihres sonstigen Status inhaftiert ist und die unter den Umständen, die zu ihrer Inhaftierung geführt haben, keine Gewalt angewendet oder Gewalt oder Hass befürwortet hat.