Ohne die Unterstützung unserer Aktivist*innen, Mitglieder und Spender*innen wären die Erfolge in der Menschenrechtsarbeit nicht möglich: Das Amnesty-Team der Schweizer Sektion sagt Merci! (Im Bild sehen Sie allerdings nur einen Teil der Mitarbeiter*innen). © Amnesty Schweiz
Ohne die Unterstützung unserer Aktivist*innen, Mitglieder und Spender*innen wären die Erfolge in der Menschenrechtsarbeit nicht möglich: Das Amnesty-Team der Schweizer Sektion sagt Merci! (Im Bild sehen Sie allerdings nur einen Teil der Mitarbeiter*innen). © Amnesty Schweiz

Menschenrechte Unsere Erfolge 2023

20. Dezember 2023
Das vergangene Jahr war für die Menschenrechte ein eher ein düsteres Jahr. Und doch gab es Erfolge zu verzeichnen, die wir dank Ihrer Unterstützung erreicht haben! Diese Good News motivieren uns, uns weiterhin mit voller Kraft zu engagieren. Wir hoffen, Sie helfen uns auch im 2024 wieder dabei!

Ein schwieriges, ereignisreiches Jahr geht zu Ende, in welchem neue Kriege und Konflikte die Welt erschüttern und in welchem es zu vielen massiven Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Uns geht die Arbeit so schnell nicht aus. Umso erfreulicher ist es zu sehen, dass unsere Arbeit Wirkung hat. Hier eine kleine Auswahl von Erfolgen und Good News, die hoffentlich auch Ihnen das Jahresende etwas versüssen.
Weitere Good News finden Sie hier auf dieser Webseite und vier Mal im Jahr im gedruckten AMNESTY-Magazin.

Gesetzesänderungen

USA

In den Bundesstaaten Illinois und Michigan hat Amnesty International gemeinsam mit anderen Aktivist*innen zur Verabschiedung mehrerer Gesetze zum Schutz vor Waffengewalt beigetragen. lllinois ist nun der neunte US-Bundesstaat, der Angriffswaffen verboten hat. In Michigan werden Käufer*innen von Schusswaffen einer Überprüfung unterzogen.

Argentinien

Der argentinische Kongress hat im Oktober das sogenannte «Olimpia-Gesetz» verabschiedet, mit dem geschlechtsspezifische Gewalt im Internet verhindert und die Täter*innen zur Verantwortung gezogen werden sollen. Amnesty International Argentinien forderte mehrere Jahre lang die Verabschiedung dieses Gesetzes und veröffentlichte Berichte, die belegten, dass eine von drei Frauen in Argentinien bereits Online-Gewalt erlebt hat.

Europäische Union

Am 26. Mai 2023 haben die EU-Länder das Übereinkommen von Ljubljana und Den Haag verabschiedet, das die rechtliche Zusammenarbeit bei der Untersuchung von Straftaten nach dem Völkerrecht festhält. Der Vertrag enthält mehrere von Amnesty International eingebrachte Forderungen, wie zum Beispiel die Ausweitung der Zuständigkeit der Staaten bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Dazu gehören ausserdem die Aufnahme von Folter und Verschwindenlassen als Verbrechen, ein  Abschnitt über die Rechte der Opfer sowie eine umfassende und innovative Bestimmung über die Nichtzurückweisung (non-refoulement).

Europäische Union / Schweiz

Die EU erzielte am 14. Dezember eine Einigung über den EU-Richtlinienentwurf zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten – eine bahnbrechende Rechtsvorschrift, die in der EU tätige Unternehmen dazu verpflichtet, sich mit den Menschenrechten und Umweltschäden ihrer Tätigkeit auseinanderzusetzen. Nun muss die Schweiz handeln: Auch unser Land  braucht ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz, damit problematische Goldraffinerien oder Rohstoffkonzerne wie Glencore sich an Menschen- und Umweltrechte halten und für verursachte Schäden gerade stehen müssen.

Staaten und Behörden zur Rechenschaft ziehen

Chile

Am 24. Februar nahm ein Gericht in Chile die Ermittlungen wegen Menschenrechtsverletzungen gegen Moisés Órdenes wieder auf. Er war während einer friedlichen Demonstration im Oktober 2019 von Polizeibeamt*innen angegriffen worden. Im Dezember 2022 hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen 7 der 13 beschuldigten Beamt*innen eingestellt, obwohl die Rechtsvertretung von Órdenes beklagte, dass die Ermittlungen bei Weitem nicht ausreichten. Dank Unterstützung von Amnesty International werden diese 7 Beamt*innen nun erneut vor Gericht gestellt.

Argentinien

Der Teenager Blas Correas aus Córdoba war im August 2020 mit Freunden in einem Auto unterwegs, als sie versehentlich falsch in eine Strasse abbogen, wo Polizist*innen warteten. Blas Correas wurde daraufhin von der Polizei erschossen. Nach Ende des Gerichtsverfahrens Anfang des Jahres wurden zwei Polizisten zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Zwei weitere Polizisten wurden freigesprochen. Die übrigen müssen eine vierjährige Haftstrafe verbüssen. Das Gericht entschied, dass es sich um einen Fall von institutioneller Gewalt handelte, und schloss sich der Forderung von Amnesty an, dass die Sicherheitskräfte Schulungen für ihr Personal durchführen sollten.

Sudan

Der Uno-Menschenrechtsrat verabschiedete im Oktober eine Resolution zur Einsetzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für den Sudan. Ziel ist es, die Umstände und Ursachen aller mutmasslichen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und Belege zu sichern. Ausserdem sollen Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht untersucht werden, darunter auch solche, die gegen Geflüchtete begangen wurden.

Syrien

Die Uno-Generalversammlung beschloss die Einrichtung einer unabhängigen und internationalen Institution, die das Schicksal und den Verbleib von Zehntausenden Vermissten und Opfern des Verschwindenlassens in Syrien klären soll. Die Institution wird eine zentrale Anlaufstelle für die Registrierung von solchen Fällen sein und soll den Familien Betroffener die lang erhofften Antworten auf die Frage geben, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Amnesty International hat die syrischen Familien und Überlebenden unterstützt, die sich federführend für die Schaffung eines solchen Gremiums eingesetzt haben, indem Amnesty Treffen zwischen ihnen und den Mitgliedstaaten ermöglichte, um diese davon zu überzeugen, die Einrichtung der neuen Institution zu unterstützen.

Slowakei

Im April hat die Europäische Kommission die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt (EuGH), weil sie nach wie vor nicht wirksam gegen die Segregation von Rom*nja-Schüler*innen vorgeht und damit gegen die Antirassismusrichtlinie verstösst. Dies ist das erste Mal, dass die Kommission ein Land wegen Verstosses gegen diese Richtlinie an den Gerichtshof verwiesen hat. Die Richtlinie garantiert Gleichstellung und Nichtdiskriminierung ohne Unterschied der ethnischen Herkunft bei einer Reihe von sozioökonomischen Gütern und Dienstleistungen.

Todesstrafe

Malaysia

Am 4. Juli traten in Malaysia Gesetzesänderungen zur Aufhebung der obligatorisch vorgeschriebenen Todesstrafe für bestimmte Verbrechen in Kraft. Für sieben Straftaten wurde damit die Todesstrafe vollständig abgeschafft. Die Gerichte erhielten die Befugnis, die Urteile von mehr als 1000 Menschen im Todestrakt zu überprüfen und nach eigenem Ermessen zwischen der Todesstrafe oder einer Haftstrafe und Auspeitschungen zu entscheiden. Doch auch Auspeitschungen gehören zu den grausamen Strafen, die nach internationale Menschenrechtsnormen verboten sind. Vor dem Hintergrund, dass das offizielle Hinrichtungsmoratorium von 2018 noch in Kraft ist, haben diese Reformen das Potenzial, die Zahl der verhängten Todesurteile zu senken. Sie sind ein wichtiger Meilenstein auf Malaysias Weg zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Ghana

Am 25. Juli 2023 stimmte das Parlament Ghanas für eine Änderung des Strafgesetzes, mit der die Todesstrafe für Verbrechen wie Mord, Völkermord, Piraterie und Schmuggel abgeschafft wird. Bis heute haben 23 von 55 afrikanischen Ländern die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft.

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Technologie

Global

Im März deckte das Security Lab von Amnesty International einen ausgeklügelten Hacking-Angriff einer Spionagefirma auf, die Googles Android-Betriebssystem und auch iPhones ins Visier nimmt. Die Ergebnisse wurden Apple und der Threat Analysis Group von Google vorgelegt. Google, Apple und andere betroffene Hersteller*innen konnten daraufhin Sicherheitsupdates veröffentlichen, die Milliarden von Android-, Chrome- und Linux-Nutzer*innen vor den bei diesem Angriff verwendeten Exploit-Techniken schützen.

231009_Predator_Teil-2_293896.jpg Die Überwachung durch die Spyware Predator geht sehr weit; Überwachungstechnologien agieren oft ohne Aufsicht oder echte Rechenschaftspflicht ihrer Hersteller. © Colin Foo

Überwachungstechnologie

Das Disrupting Surveillance Team, das sich bei Amnesty International Tech mit Überwachungstechnologie beschäftigt, hat in Zusammenarbeit mit dem Mediennetzwerk European Investigative Collaborations zwei Berichte veröffentlicht, die die weltweite Verbreitung von Überwachungstechnologien und das Versagen der Regierungen und der EU bei der ordnungsgemässen Regulierung der Branche aufzeigen. Die Predator Files bringen Licht ins Dunkel der Intellexa-Allianz und ihrer Überwachungsprodukte, darunter die hochgradig invasive Spionagesoftware Predator. Seit Veröffentlichung der Predator Files unterstreichen UN-Expert*innen und EU-Abgeordnete die Forderungen nach weiteren Untersuchungen, strengeren Exportkontrollen und einem weltweiten Verbot hochinvasiver Spionageprogramme. Nationale Regierungen haben Schritte unternommen, um Ermittlungen zu Intellexa aufzunehmen und strengere Vorschriften für die Verwendung und Verbreitung von Spionageprogrammen zu erlassen.

Südkorea

Nach einem neunjährigen Gerichtsverfahren hat der Oberste Gerichtshof Südkoreas entschieden, dass Google offenlegen muss, ob es persönliche Informationen wie die E-Mail-Adressen koreanischer Menschenrechtsaktivist*innen, darunter Amnesty International Korea, an US-Geheimdienste weitergegeben hat. Das Urteil nimmt multinationale Unternehmen wie Google in die Verantwortung für die Datenschutzrechte ihrer Nutzer*innen.

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Menschenrechte von LGBTI*

Iran

Die iranische Aktivistin Zahra Sedighi-Hamadani wurde 2022 wegen ihres Einsatzes für LGBTI*-Rechte zum Tode verurteilt. Amnesty-Unterstützer*innen forderten die iranischen Behörden auf, sie freizulassen. Nach über einem Jahr im Gefängnis ist sie nun endlich freigekommen. 

Taiwan

Die taiwanesische Regierung bewegte sich einen grossen Schritt in Richtung Gleichstellung von LGTBI*: Sie kündigte an, gleichgeschlechtliche Ehen zwischen Taiwaner*innen und Menschen aus Ländern, in denen gleichgeschlechtliche Ehen noch nicht erlaubt sind, zuzulassen. In einem weiteren wichtigen Schritt hat die Regierung Taiwans verheirateten gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern gestattet. Amnesty International Taiwan hat mit lokalen Gruppen Kampagnen für die Rechte von LGBTI* durchgeführt.

Australien

Der australische Bundesstaat Queensland hat im Juni Gesetze verabschiedet, die die Aktualisierung von Geburtsurkunden erleichtern. Trans*, nicht-binäre und gender-diverse Menschen sind nun nicht mehr gezwungen, sich einer chirurgischen «Geschlechtsangleichung» zu unterziehen, bevor sie die Angabe zu ihrer Geschlechtsidentität in ihren Ausweisdokumenten anpassen können.

China

Ein Gericht in Hongkong hat dem LGBTI*-Aktivisten Jimmy Sham, der seit 2018 um die Anerkennung seiner gleichgeschlechtlichen Ehe kämpft, die er im Ausland geschlossen hatte, in einem von drei Punkten Recht gegeben. Es hat die Regierung aufgefordert, innerhalb von zwei Jahren einen rechtlichen Rahmen für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen bereitzustellen. Das Urteil, zu dem auch eine Kampagne von Amnesty International beigetragen hat, war ein wichtiger Schritt nach vorn für die LGBTI*-Community in Hongkong.

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Frauenrechte

Die Kampagne für ein konsensbasiertes Sexualstrafrecht war ein langer Marathon. © Amnesty International

Schweiz

«Durch das neue Sexualstrafrecht wird die sexuelle Selbstbestimmung besser geschützt.» Cyrielle Huguenot, Verantwortliche für Frauenrechte bei Amnesty International Schweiz

Am 1. Juni kam es endlich zur Abstimmung im Nationalrat, welche die Revision der Vergewaltigungsdefinition im Rahmen der Sexualstrafrechtsreform nach jahrelangen Beratungen im Parlament abschliesst. Die «Nein heisst Nein»-Lösung, die das Ausnutzen eines Schockzustands beinhaltet, wird den Zugang zur Justiz für die zahlreichen Betroffenen sexualisierter Gewalt verbessern. «Durch die Neudefinition der Artikel 189 und 190 des Strafgesetzbuches wird das Sexualstrafrecht endlich modernisiert, indem die sexuelle Selbstbestimmung besser geschützt wird», sagte Cyrielle Huguenot, Verantwortliche für Frauenrechte bei Amnesty International Schweiz.

Europa

Am 1. Juni genehmigte der EU-Rat nach jahrelangen Verhandlungen und Lobbyarbeit von Amnesty International und Partnerorganisationen aus der Zivilgesellschaft sowie Aktivist*innen den Beitritt der EU zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention). Dies ist ein historischer Moment für die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt in der EU.

Ukraine

Am 20. Juni 2022 razifierte das ukrainische Parlament die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt . Die Ratifizierung ist ein entscheidender Schritt im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt in der Ukraine.

Lettland

Lettland hat im November die Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von häuslicher und anderer Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach jahrelangem Einsatz von Amnesty International ratifiziert.

Mehr zum Thema Frauenrechte

KlimaGerechtigkeit

Australien

Nach dem unermüdlichen Einsatz von Student*innen aus dem Pazifikraum, unterstützt von Tausenden von Amnesty-Aktivist*innen und von weiteren Organisationen, hat Australien als eines von 132 Ländern die sogenannte Vanuatus Initiative unterstützt.  Dies bedeutet, dass der Internationale Gerichtshof ein Rechtsgutachten über die Verpflichtungen der Regierungen zum Schutz der Menschenrechte heutiger und künftiger Generationen vor den Auswirkungen des Klimawandels erlassen wird.

230930143237_PascaleAmez.jpg Rund 60'000 Demonstrant*innen forderten am 30. September eine rasche Umsetzung des Klimaschutz-Gesetzes. © Pascale Amez

Schweiz

59,1 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung haben sich an der Abstimmung vom 18. Juni klar dafür ausgesprochen, dass die Schweiz die Treibhausemmissionen bis 2050 auf Netto-Null senkt. Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, beteiligten sich Zehntausende Menschen an der Klimademonstration vom 30. September in Bern. Mit dabei war auch Amnesty Schweiz: Sie rief mit 140 Organisationen dazu auf, beim Klimaschutz vorwärts zu machen, da durch den Klimawandel verschiedene Menschenrechte gravierend verletzt werden.

Mehr zum Thema Klima und Umwelt

Wieder in Freiheit – Freigesprochen

USA

Majid Khan, Ahmed Rahim Rabbani, Abdul Rahim Rabbani, Ghassan al-Sharbi und Said Bakush wurden nach jahrelanger willkürlicher Inhaftierung zwischen Februar und April aus dem Gefangenenlager Guantánamo Bay entlassen.

«Wenn du weisst, dass es jemanden gibt, der für dich da ist, der für dich kämpft, der deine Freilassung fordert, hilft dir das, dich als Mensch zu fühlen.» Mansoor Adayfi, ehemaliger Guantànamo-Häftling

Der ehemalige Gefangene Mansoor Adayfi, der 2016 nach Serbien freigelassen wurde, konnte im Juni zum ersten Mal seit 21 Jahren wieder ins Ausland reisen und auf einem Podium in Norwegen sprechen, nachdem Amnesty International ihm geholfen hatte, von der jemenitischen Regierung einen Pass zu erhalten. «Ich möchte Amnesty International für all die Arbeit danken, die sie im Namen der ehemaligen Guantánamo-Häftlinge und im Namen der Menschheit geleistet haben», sagte Mansoor. «Ich hörte zum ersten Mal von Amnesty International, als unsere Rechtsbeistände in Guantánamo uns Berichte und Briefe brachten. Wenn du weisst, dass es jemanden gibt, der für dich da ist, der für dich kämpft, der deine Freilassung fordert, hilft dir das, dich als Mensch zu fühlen. Es gibt dir Hoffnung.» 

Türkei

Die Amnesty-Vertreter*innen Taner Kılıç, İdil Eser, Günal Kurşun und Özlem Dalkıran, die im Juli 2020 aufgrund haltloser Anschuldigungen verurteilt worden waren, wurden von einem Gericht in Istanbul endgültig freigesprochen. Die lange überfällige Entscheidung des Gerichts ist eine grosse Erleichterung. Amnesty International kommentierte den Freispruch so: «Sechs Jahre lang haben wir zugesehen, wie die Mühlen der Ungerechtigkeit mahlen: Die unbegründeten Anschuldigungen gegen diese vier mutigen Menschenrechtsverteidiger*innen wurden von mehreren Gerichten als Tatsache akzeptiert. Das heutige Urteil offenbart den wahren Zweck solcher politisch motivierter Strafverfolgungen: die Gerichte als Waffe zu benutzen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.» Im Juli legte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen Taners Freispruch ein. Taner, İdil und Özlem legten wiederum Rechtsmittel gegen die Begründung (Mangel an Beweisen) ihrer Freisprüche ein. Diese Rechtsmittel sind noch hängig.

Auch die Urteile von Mücella Yapıcı und Hakan Altınay wurden aufgehoben und sie wurden im September aus der Haft entlassen. Die beiden waren – gemeinsam mit fünf Mitangeklagten, unter ihnen Osman Kavala – 2022 im Rahmen des sogenannten «Gezi-Prozesses» wegen mutmasslicher Beihilfe zu einem «versuchten Umsturz der Regierung» zu je 18 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im neuen Jahr müssen sie erneut vor Gericht erscheinen. Die fünf Mitangeklagten in diesem Fall sind noch im Gefängnis.

China

Der taiwanesische Staatsbürger Morrison Lee konnte endlich in seine Heimat zurückkehren, nachdem er zu Unrecht wegen Straftaten angeklagt worden war, die die nationale Sicherheit Chinas gefährden sollten. Während seiner Tortur wurde er gezwungen, im Fernsehen ein Geständnis abzugeben – eine gängige Praxis der chinesischen Regierung, um gegen Aktivist*innen und Menschenrechtsanwält*innen vorzugehen


292992_Cecillia-Chimbiri-and-Joanah-Mamombe-.jpg Cecillia Chimbiri und Joanah Mamombe freuen sich über die vielen Unterstützungsbriefe, die sie im Rahmen des Briefmarathons erhielten. © Amnesty Simbabwe

Simbabwe

Joanah Mamombe und Cecillia Chimbiri wurden von einer der Anklagen freigesprochen, denen sie sich gegenüber sehen, nachdem sie 2020 eine regierungskritische Demonstration in der Hauptstadt Harare angeführt hatten und anschliessend festgenommen wurden. Für die beiden war dies ein bedeutender Schritt nach vorn, der es ihnen ermöglichte, sich von ihrer Tortur zu erholen. Im Rahmen des Briefmarathons 2022 von Amnesty International setzten sich Unterstützer*innen aus der ganzen Welt für sie ein, während Amnesty International Simbabwe sie während ihrer Prozesse begleitete. 

Ruanda

Elias Bizimungu, ein 33-jähriger Journalist und Mitglied der Jugendbewegung LUCHA, wurde zu Beginn zweitägiger friedlicher Proteste gegen die ruandische Unterstützung  festgenommen. Nachdem er vor ein Militärgericht gestellt und verurteilt worden war, startete Amnesty International eine Kampagne zu seiner Freilassung. Er wurde schliesslich von einem zivilen Gericht freigesprochen und im Juni freigelassen.

Angola

«Ich kann immer noch nicht glauben, dass die grösste Menschenrechtsorganisation der Welt beschlossen hat, sich meines Falles anzunehmen.»  Tanaice Neutro, Aktivist aus Angola

Tanaice Neutro, ein angolanischer Aktivist, der seine Musik für seinen Protest nutzt, wurde im Januar 2022 festgenommen. Nach einem Jahr unrechter Haft machte Amnesty auf seine Lage aufmerksam und startete eine Kampagne für ihn. Die Bemühungen unserer Unterstützer*innen wurden im Juni mit seiner Freilassung belohnt. Tanaice sagte: «Ich kann immer noch nicht glauben, dass die grösste Menschenrechtsorganisation der Welt beschlossen hat, sich meines Falles anzunehmen. Ich bin dankbar für die Unterstützung, die Amnesty mir und meiner Familie gegeben hat.»

Jemen

Am 1. Juli wurden Mohammed al-Salahi und Mohammed al-Junaid nach fast fünfjähriger Inhaftierung aus dem Haftzentrum des Geheimdienstes der Huthi in Hodeidah freigelassen. Während ihrer Inhaftierung waren sie einer Reihe schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen sowie Verweigerung des Zugangs zu ihrem Rechtsbeistand. Amnesty International hatte sich seit 2018 für ihre Freilassung eingesetzt.

Solidaritätsvideo für Mohamed Baker im Rahmen des internationalen Briefmarathons von 2021

Ägypten

Nach vier Jahren willkürlicher Haft wurde der Menschenrechtsanwalt Mohamed Baker nach einer Begnadigung durch den Präsidenten freigelassen. Er war allein wegen seiner Menschenrechtsarbeit inhaftiert.

Afghanistan

Der afghanische Bildungsaktivist Matiullah Wesa wurde am 26. Oktober freigelassen, nachdem er fast sieben Monate im Gefängnis verbracht hatte, weil er sich als Leiter der Nichtregierungsorganisation PenPath für das Recht von Mädchen auf Bildung einsetzt. Er hatte die Politik der Taliban kritisiert, die es Mädchen untersagt, weiterführende Schulen zu besuchen. Amnesty International startet eine Urgent Action und setzte sich bis zu seiner Freilassung für Matiullah Wesa ein. 

Pakistan

Nach einer rechtswidrigen Razzia in ihrem Haus wurde Mahal Baloch im Februar zusammen mit ihren Kindern und anderen Familienmitgliedern festgenommen. Amnesty International reagierte sofort mit der Veröffentlichung einer Urgent Action für Mahal Baloch. Nach der Freilassung ihrer Familie hielt man Mahal noch bis Mai ohne Anklage in Haft. Dann wurde sie gegen Kaution freigelassen. Die Polizei behauptete, Mahal Baloch gehöre einer bewaffneten Separatistengruppe an, die schon früher Selbstmordattentate verübt habe, und sie habe ein Geständnis abgelegt. Während ihrer Inhaftierung war Mahal Baloch das Ziel einer Verleumdungskampagne und wurde von den Behörden gezwungen, in Fernsehinterviews aufzutreten.

 

Video aus der Kampagne für Yasaman Aryani im Jahr 2019

Iran

Im Februar wurden Yasaman Aryani und Monireh Arabshahi aus dem Gefängnis entlassen, nachdem sie 4 Jahre ihrer 16-jährigen Haftstrafe verbüsst hatten. Sie waren 2019 willkürlich inhaftiert worden, weil sie sich gegen die diskriminierenden Zwangsverschleierungsgesetze des Iran ausgesprochen hatten. Amnesty International hat eine Urgent Action für die sofortige Freilassung von Yasaman und Monireh gestartet, und ihre Geschichte war auch Teil des Briefmarathons 2019.

Nach einem grob unfairen Prozess wurden die Demonstranten Arshia Takdastan, Mehdi Mohammadifard und Javad Rouhi zum Tode verurteilt, weil sie den Tod der im Gewahrsam verstorbenen 22-jährigen Jina Mahsa Amini angeprangert hatten. Amnesty International reagierte sofort und veröffentlichte eine Urgent Action, in der Amnesty die Aufhebung des Todesurteils forderte. Im Mai 2023 hob der Oberste Gerichtshof ihre Verurteilungen und die Todesurteile auf. Später im selben Monat teilte Arshias Rechtsbeistand auf Twitter mit, dass er gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen worden war.

Die französisch-iranische Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah wurde im Juni 2019 im Iran verhaftet. Sie wurde dort wegen «Gefährdung der nationalen Sicherheit» zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen diesen Vorwurf hat sie sich immer verwehrt. Nach Forderungen von Amnesty International wurde sie freigelassen und konnte im Oktober 2023 nach Frankreich zurückkehren. Nach ihrer Freilassung dankte Fariba Adelkhah Amnesty International: «Das alles liegt nun hinter mir. Was bleibt, sind all die Gesten der Freundschaft und des Engagements, der Einsatz von mir bekannten und unbekannten Menschen.»

last but not least:

230427_Start-Inklusions-Initiative_355_WEB.jpg Noch nicht in trockenen Tüchern: Sammeln Sie Unterschriften für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. © Jonathan Liechti

Rechte von Menschen mit Behinderungen

In der Schweiz wurde die «Inklusions-Initiative» für die tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen lanciert. Die Initiative wird von Amnesty Schweiz unterstützt, denn die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind Menschenrechte – sie werden in der Schweiz allerdings noch ungenügend umgesetzt. Bis Ende Dezember wurden bereits mehr als 80'000 Unterschriften gesammelt – ein äusserst positiver Sammelerfolg! Um das Ziel der 100'000 gültigen Unterschriften  in der Schweiz so rasch wie möglich zu erreichen, ist unser aller Einsatz weiterhin gefragt: Machen Sie mit und unterschreiben Sie noch heute und sammeln Sie Unterschriften – in der Familie, im Freundeskreis, auf der Strasse und/oder verteilen Sie Unterschriftenbogen und Karten! 
Unterschriftenbogen (PDF, A4) zum Download