Amtliche Bezeichnung: Schweizerische Eidgenossenschaft
Bundespräsident: Guy Parmelin
Hintergrund
Nach einer 20-jährigen Kampagne der Zivilgesellschaft nahm das Parlament im September 2021 einen Vorschlag der Regierung zur Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution (NMRI) an. Die Einzelheiten der Statuten und der Finanzierung der Institution mussten noch ausgearbeitet werden. Die NMRI wird ihre Arbeit voraussichtlich im Jahr 2023 aufnehmen.
Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen
Recherchen von Amnesty International deckten Übergriffe von privatem Sicherheitspersonal auf Menschen in Bundesasylzentren auf und dokumentierten strukturelle Mängel in der Verwaltung der Zentren. Amnesty International sprach mit 14 Asylsuchenden, darunter zwei Kinder, die berichteten, dass sie Misshandlungen ausgesetzt waren, darunter Schläge und Verweigerung medizinischer Behandlung. Die Regierung gab interne und externe Untersuchungen in Auftrag, bei denen in mindestens drei von sieben Fällen unverhältnismässige Gewaltanwendung festgestellt wurde. Die externe Untersuchung empfahl, die Auslagerung der Sicherheitsaufgaben an private Unternehmen zu überprüfen, gab jedoch keine eindeutigen Empfehlungen zum Schutz von Whistleblower*innen und zur Schaffung eines unabhängigen Beschwerdemechanismus ab.
Kinderrechte
Der Uno-Ausschuss für die Rechte des Kindes stellte fest, dass die Schweiz mit der Abschiebung einer Mutter und ihres Sohnes nach Bulgarien gegen zehn verschiedene Artikel des Übereinkommens über die Rechte des Kindes verstossen hatte.
Waffenhandel
Im September 2021 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das den Waffenexport strenger regelt. Es verbietet Waffenlieferungen an Staaten mit internen bewaffneten Konflikten sowie an Staaten, die die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzten.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Am 1. April 2021 räumte die Polizei ein Protestlager in der Nähe von Eclépens. Von 150 vorübergehend festgenommenen Umweltaktivist*innen wurden 43 zu Haftstrafen verurteilt. Die Aktivist*innen hatten friedlich durch Akte des zivilen Ungehorsams demonstriert. Die Verurteilungen schränkten ihre Rechte auf freie Meinungsäusserung, Gewissensfreiheit und friedliche Versammlung unangemessen ein.
Diskriminierung
Frauenrechte
Das Parlament setzte die Revision des Sexualstrafrechts fort. Der öffentliche Konsultationsprozess ergab eine noch nie dagewesene Mobilisierung für ein Gesetz, das den Vergewaltigungstatbestand neu und beruhend auf fehlender Einwilligung definiert.
Im März 2021 wurde eine Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot von einer knappen Mehrheit angenommen, obwohl Bedenken bestanden, dass das Verbot eine einzelne Religionsgemeinschaft diskriminiert und gegen die Frauenrechte, die Meinungsfreiheit und die Religionsfreiheit verstösst. Die neue Regelung verbietet das Tragen von Burka, Niqab und anderen Formen der Gesichtsverhüllung.
Rechte von LGBTI*
Bei der Volksabstimmung im September 2021 stimmte eine grosse Mehrheit der Bevölkerung der gleichberechtigten Ehe für gleichgeschlechtlichen Paare zu, einschliesslich des Zugangs zu Samenspenden für lesbische Paare.
Unternehmensverantwortung
Nachdem die meisten Kantone die Konzernverantwortungsinitiative im Jahr 2020 ablehnten, beschloss das Parlament einen viel schwächeren Gegenvorschlag, der sich hauptsächlich auf die Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange konzentrierte. Die Verordnung trat am 1. Januar 2022 in Kraft und wurde von der Zivilgesellschaft kritisiert, da sie die Einhaltung der Menschenrechte durch Schweizer Unternehmen vermutlich nicht vollständig garantieren wird.
Recht auf ein faires Gerichtsverfahren
Im Juni 2021 nahm die Schweiz ein neues Antiterrorgesetz an, das der Bundespolizei weitreichende Befugnisse einräumt, meist ohne vorherige richterliche Kontrolle und ohne ordnungsgemässe Verfahrensgarantien. Die Massnahmen – einschliesslich der Verwendung von Fussfesseln, Kontaktverboten, Rayonverboten und präventivem Hausarrest – drohten das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person, das Recht auf ein faires Verfahren und die Kinderrechte zu verletzen. Viele der Massnahmen könnten bereits auf Kinder ab zwölf Jahren angewendet werden.
Recht auf Privatsphäre
In einer erfreulichen Entwicklung für den Schutz des Rechts auf Privatsphäre wurden im November 2021 in den Städten Zürich und Lausanne Anträge eingereicht, die ein Verbot des Einsatzes von Gesichtserkennungstechnologien forderten.
Veröffentlichungen von Amnesty International
- Amnesty fordert Ende von Menschenrechtsverletzungen in Bundesasylzentren
- Amnesty International fordert weitergehende Schritte gegen Gewalt in Bundesasylzentren
- Kinderrechte: Die Schweiz wird von der Uno für ihre Versäumnisse angeprangert
- Schweiz: Haftstrafe gegen Umweltaktivist*innen: Unverhältnismässig und menschenrechtswidrig
- Ja zur «Ehe für alle»: Ein Meilenstein für die Gleichstellung
- Vernehmlassung: Verordnung zum Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative: «Anleitung zum Wegschauen»
- Eidg. Abstimmung zum PMT: Polizei erhält Freipass zur Verfolgung von Personen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren
- Schweiz: Grundrechte schützen – Gesichtserkennung stoppen!