Inhalt
Rechtswidrige Angriffe und Tötungen
Straflosigkeit
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Recht auf Gesundheit
Recht auf Bildung
Recht auf Wohnen
Unterdrückung Andersdenkender
Proteste und exzessive Gewaltanwendung
Menschenrechtsverteidiger*innen und Recht auf Vereinigungsfreiheit
Medienfreiheit
Rechte von Flüchtenden, Migrant*innen und Binnenvertriebenen
Diskriminierung und Ausgrenzung
Rechte von Frauen und Mädchen
Menschen mit Albinismus
Rechte von LGBTI*-Personen
Klimawandel und Umweltzerstörung
Empfehlungen
Während die bewaffneten Konflikte in Äthiopien, Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo, Kamerun, Mali, Mosambik, Niger, Nigeria, Somalia, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik wüteten, breitete sich die Coronapandemie rasend schnell auf dem Kontinent aus – mit verheerenden Konsequenzen für die Menschenrechte. Die von Pharmaunternehmen und wohlhabenden Ländern verursachte globale Ungleichverteilung von Impfstoffen beeinträchtigte die Bemühungen der Regierungen afrikanischer Staaten, der Pandemie Einhalt zu gebieten. Ende 2021 waren weniger als acht Prozent der 1,2 Mrd. Menschen in Afrika vollständig geimpft. Die Pandemie führte zu Schulschliessungen, unterbrach das Lernen und erschwerte es Kindern und Jugendlichen in Konfliktgebieten, Zugang zu Bildung zu erhalten. In mehreren Ländern kam es trotz der Pandemie zu rechtswidrigen Zwangsräumungen, die Zehntausende Menschen obdachlos machten.
Regierungen nutzten Coronamassnahmen als Vorwand, um das Recht auf Meinungsfreiheit und andere Freiheiten zu unterdrücken. In vielen Ländern des afrikanischen Kontinents waren friedliche Proteste unter Berufung auf Gesundheits- und Sicherheitsbedenken verboten. Wenn sich Menschen dem widersetzten und dennoch auf die Strasse gingen, lösten die Sicherheitskräfte die Kundgebungen mit exzessiver Gewalt auf. Die staatlichen Stellen brachten ausserdem nach wie vor Menschenrechtsverteidiger*innen zum Schweigen und verfolgten sie strafrechtlich. Die Regierungen instrumentalisierten Gesetze gegen staatsgefährdende Aktivitäten, Terrorismus und strafrechtliche Verleumdung, um die Medienfreiheit und Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft zu beschneiden.
Geschlechtsspezifische Diskriminierung und andere Formen der Ungleichheit waren in afrikanischen Ländern nach wie vor fest verankert. Zu den grössten Problemen zählten die ansteigende geschlechtsspezifische Gewalt, der eingeschränkte Zugang zu Dienstleistungen und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, Früh- und Zwangsverheiratungen sowie der Ausschluss schwangerer Mädchen vom Schulbesuch. LGBTI*-Personen wurden wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität drangsaliert, festgenommen und strafrechtlich verfolgt.
Mehrere Länder des afrikanischen Kontinents waren von Dürren betroffen, die aufgrund des Klimawandels besonders extrem ausfielen. In vielen anderen Ländern lösten Umweltschäden Besorgnis aus.
Rechtswidrige Angriffe und Tötungen
In allen bewaffneten Konflikten auf dem afrikanischen Kontinent wurden 2021 Zivilpersonen und zivile Einrichtungen gezielt angegriffen. In der Region Extrême-Nord in Kamerun töteten die bewaffneten Gruppen Boko Haram und Islamischer Staat in Westafrika (ISWAP) bis zum 24. Oktober bei etwa 51 Angriffen mindestens 70 Zivilpersonen. In der Zentralafrikanischen Republik griffen die Armee und deren Verbündete im Februar eine Moschee an und töteten dabei 14 Menschen. Nach Angaben der Mehrdimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA) wurden zwischen Juni und Oktober 228 Zivilpersonen infolge des bewaffneten Konflikts getötet. In Äthiopien waren die Volksbefreiungsfront von Tigray (Tigray People’s Liberation Front – TPLF), die äthiopischen Sicherheitskräfte und Milizen für Massaker an Hunderten Zivilpersonen u. a. in den Städten Bora, Edaga Berhe und Adi-Goshu verantwortlich, häufig entlang ethnischer Kriterien. In Niger griff die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat in der Grosssahara (ISGS) Dorfbewohner*innen und Händler*innen in den Regionen Tillabéri und Tahoua an; von Januar bis März 2021 starben bei drei Angriffen mindestens 298 Zivilpersonen. Im Nordosten Nigerias verübten Boko Haram und der ISWAP mindestens 30 Anschläge, bei denen mindestens 123 Zivilpersonen getötet wurden.
Auch wahllose Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet und verletzt wurden, waren in allen bewaffneten Konflikten auf dem Kontinent üblich. In der Zentralafrikanischen Republik wurden in der ersten Jahreshälfte mindestens 15 Menschen durch selbst gebaute Sprengsätze in den Tod gerissen. In Äthiopien wurden bei einem Luftangriff des äthiopischen Militärs auf einen Markt im Dorf Edaga Selus in der Region Tigray mehr als 50 Zivilpersonen getötet und zahlreiche weitere verwundet. Ein Artillerieangriff auf ein Wohngebiet der Stadt Debre Tabor in der äthiopischen Region Amhara, der der TPLF zugeschrieben wurde, tötete sechs Menschen. Im bewaffneten Konflikt in der mosambikanischen Provinz Cabo Delgado schoss das private Militärunternehmen Dyck Advisory Group, das von der Regierung als schnelle Eingreiftruppe angeheuert worden war, von Hubschraubern aus wahllos mit Maschinengewehren und warf Sprengstoffe ab, häufig ohne zwischen zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden.
Im Nordosten Nigerias wurden im Februar 2021 mindestens 16 Menschen getötet und 47 weitere verletzt, als die bewaffnete Gruppe Boko Haram Teile der Stadt Maiduguri (Bundesstaat Borno) mit Granaten angriff. Bei einem Luftangriff des Militärs wurden im September in der Ortschaft Buwari (Bundesstaat Yobe) neun Menschen getötet und mehrere weitere verletzt. In Somalia verzeichneten die Vereinten Nationen zwischen Februar und Juli 2021 insgesamt 241 getötete und 295 verletzte Zivilpersonen. 68 Prozent der Getöteten und Verletzten waren auf wahllose Angriffe der bewaffneten Gruppe al-Shabaab zurückzuführen, die übrigen Opfer wurden den Sicherheitskräften, Clanmilizen sowie internationalen und regionalen Streitkräften, einschliesslich der Mission der Afrikanischen Union in Somalia, zugeschrieben.
In nahezu allen Krisenherden setzten die Konfliktparteien sexualisierte Gewalt als Kriegstaktik ein. In der Zentralafrikanischen Republik dokumentierte die MINUSCA von Januar bis Juni 131 Fälle sexualisierter Gewalt, darunter 115 Vergewaltigungen. In der Demokratischen Republik Kongo war sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten nach wie vor weitverbreitet. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden allein in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri zwischen Januar und September 2021 mindestens 1100 Frauen vergewaltigt. In Äthiopien waren die Konfliktparteien für die Vergewaltigung von Frauen und Mädchen in den Regionen Tigray und Amhara verantwortlich. Im Südsudan gingen die Vereinten Nationen von mindestens 63 Fällen konfliktbezogener sexualisierter Gewalt aus, einschliesslich Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen und erzwungener Nacktheit, die von Sicherheitskräften und nichtstaatlichen bewaffneten Akteuren verübt wurden. In Niger vergewaltigten Mitglieder des tschadischen Kontingents der Regionalorganisation G5-Sahel im April in Tera (Region Tillabéri) zwei Frauen und ein elfjähriges Mädchen.
Einige Konfliktparteien setzten Belagerungen und Beschränkungen der humanitären Hilfe als Kriegstaktik ein. In Burkina Faso belagerte die Gruppe zur Unterstützung des Islams und der Muslime (GSIM) das gesamte Jahr 2021 über die Stadt Mansila (Provinz Yagha), was zu Ernährungsunsicherheit unter der Bevölkerung führte. In Mali riegelte die GSIM zahlreiche Dörfer und Gemeinden ab und hinderte die Einwohner*innen daran, sich frei zu bewegen, ihr Land zu bestellen und sich mit Wasser zu versorgen, um sie auf diese Weise zu zwingen, nicht mit der Armee zusammenzuarbeiten. In Äthiopien, Kamerun, der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan erschwerten oder verweigerten bewaffnete Gruppen, Bürgerwehren oder die Regierungen weiterhin den Zugang zu humanitärer Hilfe. Dies trug dazu bei, dass nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 5 Mio. Menschen in Äthiopien, 19,6 Mio. Menschen in der Demokratischen Republik Kongo und 8,3 Mio. Menschen im Südsudan dringenden humanitären Hilfsbedarf hatten, vor allem in Bezug auf Nahrungsmittel und Medikamente.
In mehreren Ländern des afrikanischen Kontinents wurden zahlreiche Menschen bei politischen Unruhen und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen getötet. In Kamerun gab es vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen zwischen ethnischen Gruppen gezielte Angriffe mutmasslicher bewaffneter Separatisten auf Personen, Gesundheitseinrichtungen und Schulen in den anglophonen Regionen North-West und South-West. In Äthiopien forderte die Gewalt zwischen ethnischen Gruppen in den Regionen Afar, Amhara, Benishangul-Gumuz, Oromia und Somali mindestens 1500 Menschenleben. In Nigeria starben bei Gewalttaten zwischen Viehhirt*innen und Bäuer$3innen sowie bei Überfällen von Banditen mehr als 3494 Personen. In Südafrika führten gewaltsame Unruhen nach der Inhaftierung des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma zum Tod von mindestens 360 Menschen.
Straflosigkeit
In fast allen afrikanischen Ländern genossen Personen, die für völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstösse verantwortlich waren, Straffreiheit. In Burkina Faso wurden zwei Mitglieder der bewaffneten Gruppe Ansaroul Islam wegen terroristischer Straftaten schuldig gesprochen. Die Untersuchung der rechtswidrigen Tötung von 50 Menschen und des Verschwindenlassens von weiteren 66 Personen im Dorf Yirgou (Provinz Sanmatenga) im Januar 2019, die mutmasslich von der bewaffneten Gruppe Kogleweogo verübt worden waren, kam hingegen nicht wesentlich voran. Das Sonderstrafgericht in der Zentralafrikanischen Republik gab bekannt, es habe 25 Haftbefehle erlassen, doch wurde kein einziger vollstreckt. Die Regierung des Landes setzte zwar einen Untersuchungsausschuss ein, um die Taten zu untersuchen, die alle Parteien seit Beginn der Offensive der bewaffneten Gruppe Koalition der Patrioten für den Wandel (CPC) verübt hatten. Der Ausschuss hielt seinen Bericht jedoch unter Verschluss und äusserte sich auch nicht zu möglichen nächsten Schritten.
In der Demokratischen Republik Kongo wurden in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri, Tanganjika und Kasaï mindestens 80 Armeeangehörige und Polizisten wegen schwerer Verbrechen, einschliesslich sexualisierter Gewalt, strafrechtlich verfolgt. Der ehemalige Milizenführer Roger Lumbala wurde in Frankreich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgenommen, die er in der Demokratischen Republik Kongo begangen hatte. Viele andere Personen, die in dem Land völkerrechtliche Verbrechen verübt hatten, blieben jedoch weiterhin straffrei. In Mali fanden Prozesse wegen terroristischer Straftaten statt, doch gab es Bedenken, ob sie den internationalen Standards für faire Verfahren entsprachen. Bei der Untersuchung völkerrechtlicher Verbrechen, die bewaffnete Gruppen und das Militär begangen hatten, gab es hingegen kaum Fortschritte.
In Ruanda wurde Jean-Claude Iyamuremye, dem vorgeworfen wurde, während des Völkermords 1994 ein Anführer der Interahamwe-Miliz in der Gemeinde Kicukiro gewesen zu sein, wegen Völkermords schuldig gesprochen und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Die USA lieferten zwei Personen, die des Völkermords verdächtigt wurden, an Ruanda aus, damit sie sich dort vor Gericht verantworten. Einen weiteren Verdächtigen lieferten die Niederlande aus. Die Regierung des Südsudan verzögerte und blockierte weiterhin die Einrichtung eines mit internationalen und südsudanesischen Richter*innen besetzten Gerichtshofs (Hybrid-Gericht). Im Sudan wurde auch 2021 niemand für die Tötung von mindestens 100 Demonstrierenden am 3. Juni 2019 zur Rechenschaft gezogen. Die staatlichen Stellen kamen weiterhin nicht ihrer Pflicht nach, den früheren Staatspräsidenten Omar al-Bashir und zwei weitere Verdächtige an den Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen, der sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermords und Kriegsverbrechen in Darfur angeklagt hatte.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Recht auf Gesundheit
Die Coronapandemie wütete 2021 weiter und wirkte sich verheerend auf die Menschenrechte aus. Im Laufe des Jahres wurden in ganz Afrika fast 9 Mio. Erkrankte und mehr als 220‘000 Todesfälle gemeldet. Am stärksten betroffen war nach wie vor Südafrika, sowohl was die Zahl der Infizierten als auch die der Toten betraf. Die Bemühungen der Regierungen, die Pandemie zu bekämpfen, war durch die von Pharmaunternehmen und reichen Ländern verursachte globale Ungleichverteilung von Impfstoffen beeinträchtigt. Die Pharmaunternehmen lieferten die Impfstoffe vorrangig an reiche Länder, die mehr Dosen horteten, als sie verbrauchen konnten. Zudem blockierten die reichen Länder die Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte auf Produkte zum Schutz gegen Covid-19 und verhinderten damit einen verstärkten Austausch von Technologien und Know-how, der zu einer höheren Impfstoffproduktion in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen führen würde.
Die afrikanischen Länder erhielten Coronaimpfstoffe hauptsächlich über die COVAX-Initiative der Weltgesundheitsorganisation, den Africa Vaccine Acquisition Trust der Afrikanischen Union und durch Spenden einzelner Länder. Doch weil die Lieferungen allzu oft zu gering ausfielen oder die Liefertermine nicht planbar waren, hatten viele Regierungen Schwierigkeiten, Vertrauen in der Bevölkerung aufzubauen und wirksame Impfkampagnen zu organisieren. In Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Malawi und dem Südsudan trafen Impfstoffe mit kurzem Haltbarkeitsdatum ein, sodass die Behörden entweder Dosen entsorgen oder einen Teil der Lieferung an andere Länder weitergeben mussten. Die Lieferprobleme führten ausserdem dazu, dass Risikogruppen wie ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen nur schlecht erreicht wurden. Auch interne Faktoren wie soziale Ungleichheit, eine geringe Impfbereitschaft und die unsichere Lage in vielen Ländern des Kontinents schmälerten die Wirkung von Impfkampagnen. Am Jahresende waren weniger als 8 Prozent der 1,2 Mrd. Menschen in Afrika vollständig geimpft. Dies war die niedrigste Impfquote weltweit und entsprach nicht im Entferntesten dem angestrebten Ziel der Weltgesundheitsorganisation, 40 Prozent der Bevölkerung zu impfen.
Die Coronapandemie machte einmal mehr deutlich, dass die Gesundheitssysteme der afrikanischen Staaten seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert waren. Vor allem die dritte Pandemiewelle stellte für die bereits zuvor unzureichende Gesundheitsversorgung in den meisten Ländern eine massive Belastung dar. In Somalia konnten über weite Strecken des Jahres Coronapatient*innen aus den zentralen und südlichen Regionen des Landes nur in einem einzigen Krankenhaus in der Hauptstadt Mogadischu behandelt werden. In der südafrikanischen Provinz Gauteng waren im Juli sowohl die privaten als auch die staatlichen Krankenhäuser zu 91 Prozent ausgelastet und hatten Mühe, die Situation zu bewältigen. In der Demokratischen Republik Kongo, in Nigeria, der Republik Kongo und in Togo legte das Gesundheitspersonal die Arbeit nieder oder hielt Sitzstreiks ab, um auf die desolate Lage des Gesundheitswesens aufmerksam zu machen und seit Monaten ausstehende Gehälter einzufordern. In Kamerun, Südafrika und vielen weiteren Ländern schwächten Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit finanziellen Mitteln zur Pandemiebekämpfung die Gesundheitssysteme noch zusätzlich.
Recht auf Bildung
Schulschliessungen und andere pandemiebedingte Unterbrechungen der schulischen Bildung stellten weiterhin ein grosses Problem dar. Im Tschad sank der Anteil der Mädchen an weiterführenden Schulen aufgrund von Schulschliessungen und sehr vielen Früh- und Zwangsheiraten von 31 Prozent im Jahr 2017 auf 12 Prozent im Jahr 2021. In Südafrika stieg die Zahl der Schulabbrecher*innen bis Mai 2021 auf etwa 750‘000 und war damit mehr als dreimal so hoch wie vor der Pandemie, als 230‘000 Schüler*innen keinen Abschluss machten. In Uganda, wo die Schulen im Februar 2021 schrittweise wieder geöffnet, im Juni aber erneut geschlossen wurden, ging die nationale Planungsbehörde davon aus, dass mehr als 30 Prozent der Schüler*innen nicht zur Schule zurückkehren würden.
In Ländern mit bewaffneten Konflikten war der Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen noch durch weitere Probleme massiv beeinträchtigt. In Burkina Faso, Kamerun und Niger verboten Boko Haram, GSIM, ISGS und andere bewaffnete Gruppen nach wie vor «westliche Bildung» und verübten Kriegsverbrechen, indem sie Schulen angriffen. Zudem hielten Drohungen und Gewalt weiterhin viele Lehrkräfte davon ab, ihrer Arbeit nachzugehen. Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) betraf die anhaltende Schliessung von 2682 Schulen in Burkina Faso 304‘564 Schüler*innen und 12‘480 Lehrkräfte. In der Zentralafrikanischen Republik attackierte oder besetzte die bewaffnete Gruppe CPC von Januar bis Juni mindestens 37 Schulen. In Niger waren nach Angaben von UNICEF im Juni 377 Schulen in der Region Tillabéri geschlossen und landesweit mehr als die Hälfte der 7- bis 16-Jährigen in keiner Schule angemeldet.
Recht auf Wohnen
In mehreren Ländern gab es 2021 trotz der Pandemie rechtswidrige Zwangsräumungen, die Zehntausende Menschen obdachlos machten. In Ghana, Kenia und Nigeria liessen die Behörden insbesondere in städtischen Zentren Hunderte Häuser in ihrer Ansicht nach illegalen Siedlungen abreissen. Andernorts standen wirtschaftliche Interessen hinter den Zwangsräumungen. So wurden in Uganda im Bezirk Kiryandongo mehr als 35‘000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben, um Platz für die industrielle Landwirtschaft zu schaffen. In Simbabwe wurden Tausende Dorfbewohner*innen in Chisumbanje von ihrem Land vertrieben, damit ein Kraftstoffunternehmen seine Zuckerrohrplantage erweitern konnte.
Als hoffnungsvolles Zeichen konnte gelten, dass Gerichte in Kenia und Uganda das Recht auf angemessenen Wohnraum bekräftigten und rechtswidrige Zwangsräumungen scharf verurteilten. Der Oberste Gerichtshof in Kenia entschied, dass die 2013 erfolgte Räumung von City Carton, einer informellen Siedlung in der Hauptstadt Nairobi, gegen das Recht der Bewohner*innen auf Wohnraum verstossen habe. Das Verfassungsgericht von Uganda stellte fest, die für die Erhaltung der Tierwelt zuständige Behörde (Uganda Wildlife Authority) habe die indigene Gemeinschaft der Batwa rechtswidrig von ihrem angestammten Land im Mgahinga-Wald im Südwesten des Landes vertrieben.
Unterdrückung Andersdenkender
Proteste und exzessive Gewaltanwendung
In ganz Afrika nutzten Regierungen Coronamassnahmen unvermindert als Vorwand, um das Recht auf freie Meinungsäusserung und andere Rechte zu unterdrücken. Die erste Reaktion vieler Regierungen auf die Pandemie bestand darin, friedliche Proteste unter Berufung auf Gesundheits- und Sicherheitsbedenken zu verbieten, so z. B. in Côte d’Ivoire, Kamerun und im Tschad. In Ländern wie Eswatini und dem Südsudan nahmen die Behörden Organisator*innen von Protesten im Vorfeld fest und schalteten das Internet ab, möglicherweise in der Absicht, geplante Proteste dadurch zu verhindern. Wenn sich Menschen über die Demonstrationsverbote hinwegsetzten, lösten die Sicherheitskräfte die friedlichen Proteste, an denen Hunderte oder Tausende Menschen teilnahmen, unter Einsatz exzessiver Gewalt auf. In mehr als zwölf Ländern, darunter Angola, Benin, Eswatini, Guinea, Nigeria, Sierra Leone, Sudan und Tschad, wurden Menschen getötet, weil die Sicherheitskräfte mit scharfer Munition schossen. In Eswatini führte die gewaltsame Auflösung von Protesten, die demokratische Reformen forderten, im Zeitraum Mai bis Oktober zu 80 Toten und mehr als 200 Verletzten. Im Sudan starben mindestens 53 Menschen, als die Sicherheitskräfte Proteste gegen den Militärputsch unter Einsatz scharfer Munition niederschlugen.
Friedliche Demonstrierende wurden zudem willkürlich festgenommen und strafrechtlich verfolgt. Im Tschad wurden mindestens 700 Menschen festgenommen, die gegen das Wahlverfahren und später gegen die Einsetzung der Übergangsregierung protestierten. In der Demokratischen Republik Kongo blieben drei Aktivisten inhaftiert, die in der Provinz Nord-Kivu mit einer friedlichen Sitzblockade gegen Misswirtschaft in der örtlichen Gesundheitsverwaltung protestiert hatten. In Eswatini wurden mindestens 1000 Teilnehmende prodemokratischer Proteste willkürlich festgenommen, darunter 38 Minderjährige.
Menschenrechtsverteidiger*innen und Recht auf Vereinigungsfreiheit
Auf dem afrikanischen Kontinent bedurfte es nach wie vor grosser Courage, die Menschenrechte zu verteidigen. Die Behörden versuchten, Menschenrechtsverteidiger*innen zum Schweigen zu bringen oder zu kriminalisieren. Benin, die Demokratische Republik Kongo, Eswatini, Kenia, Niger, die Republik Kongo, Ruanda, Sambia, der Senegal, Simbabwe und Tansania gehörten zu den Ländern, die Menschenrechtsverteidiger*innen ebenso wie regierungskritische Aktivist*innen festnahmen und mit Strafverfahren schikanierten.
In der Demokratischen Republik Kongo wurden zwei Whistleblower in Abwesenheit zum Tode verurteilt, die aufgedeckt hatten, dass Personen und Einrichtungen, die internationalen Sanktionen unterlagen, von Finanztransaktionen profitiert hatten. In Ruanda verurteilte ein Gericht Yvonne Idamange zu 15 Jahren Gefängnis, weil sie auf ihrem Youtube-Kanal die Politik der Regierung kritisiert hatte. In Niger, der Republik Kongo, Sambia und anderswo zogen die Behörden den strafrechtlichen Tatbestand der Verleumdung heran, um kritische Stimmen einzuschüchtern und mundtot zu machen. In Eswatini schikanierte man Kritiker*innen mit konstruierten Anklagen auf der Grundlage von Gesetzen gegen Terror und staatsgefährdende Aktivitäten.
Einige Menschenrechtsverteidiger*innen mussten ihr Engagement sogar mit dem Leben bezahlen. In Kenia wurde die Umweltschützerin Joannah Stutchbury im Juli 2021 in ihrem Haus erschossen, nachdem sie zuvor Morddrohungen erhalten hatte. In Somalia wurden zwei Journalisten getötet.
In mehreren Ländern wurden Gesetze und Massnahmen eingeführt oder umgesetzt, die den Handlungsspielraum von NGOs beschnitten. In Togo setzte die Regierung die Erteilung und Verlängerung von Lizenzen für NGOs aus. In Uganda mussten 54 Organisationen ihre Tätigkeit einstellen, die nach Ansicht der Regierung gegen die Gesetze bezüglich NGOs verstoßen hatten. In Simbabwe wurden NGOs angewiesen, den Behörden Arbeitspläne vorzulegen, bevor sie in der Hauptstadt Harare tätig werden konnten. Nachdem das zuständige Gericht entschieden hatte, dass diese Richtlinie verfassungswidrig sei, wurde im Amtsblatt eine Änderung des Gesetzes über private gemeinnützige Organisationen veröffentlicht, wonach Organisationen, die im Verdacht standen, Politiker*nnen in Wahlkämpfen finanziell oder anderweitig zu unterstützen, geschlossen werden konnten.
Medienfreiheit
Die Regierungen schränkten die Medienfreiheit nach wie vor stark ein. In Angola, Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo, in Madagaskar, im Senegal, in Tansania, Togo und anderen Ländern wurden Zeitungen sowie Radio- und Fernsehsender verboten. In Ghana, Sambia und weiteren Ländern drangen staatliche Kräfte in Medienhäuser ein, unterbrachen Live-Sendungen und zerstörten Privateigentum. So verübten z. B. in Sambia Unbekannte im Juni 2021 einen Brandanschlag auf den Radiosender Kalungwishi im Bezirk Chiengi. In Nigeria protestierten Medienorganisationen mit der Kampagne «Information Blackout» gegen zwei Gesetzentwürfe, die die Medienregulierung verschärfen und den Zugang zu Informationen untergraben würden.
In Eswatini, Niger, Nigeria, Sambia, im Senegal, Südsudan, in Uganda und anderen Ländern wurde das Internet zeitweise abgeschaltet oder ganz blockiert und Soziale Medien wurden gesperrt. Im Juni 2021 blockierten die nigerianischen Behörden Twitter, nachdem das Unternehmen einen umstrittenen Tweet von Präsident Buhari gelöscht hatte, der gegen die Regeln des sozialen Netzwerks verstoßen hatte.
Rechte von Flüchtenden, Migrant*innen und Binnenvertriebenen
Die anhaltenden bewaffneten Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent zwangen auch 2021 Millionen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Allein in der Demokratischen Republik Kongo betraf dies im Laufe des Jahres 1,5 Mio. Menschen, die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in dem Land stieg damit auf 5 Millionen. In Somalia, wo in den vergangenen Jahren bereits mehr als 2,6 Mio. Menschen vertrieben worden waren, flohen zwischen Januar und August 573‘000 Personen aus ihrer Heimat. Zu den wenigen Ländern, die Flüchtlinge aufnahmen, zählten Äthiopien, die Demokratische Republik Kongo, Kamerun, Kenia, Niger, Ruanda, der Sudan und der Tschad. An der Spitze der Aufnahmeländer auf dem afrikanischen Kontinent lag Uganda mit 1,5 Mio. Flüchtlingen. Paradoxerweise nahmen Länder wie Äthiopien und die Demokratische Republik Kongo Flüchtlinge auf, während gleichzeitig zahlreiche Menschen aus diesen Ländern flohen.
In fast allen afrikanischen Flüchtlingslagern und Lagern für Binnenvertriebene waren die humanitäre Situation und die Sicherheitslage weiterhin kritisch. In der Regel mangelte es an Nahrungsmitteln, Wasser, Unterkünften, Schulen und Gesundheitseinrichtungen. In einigen Fällen war dies der Tatsache geschuldet, dass humanitäre Organisationen keinen oder nur unzureichenden Zugang zu den Lagern hatten. Im März 2021 forderte die kenianische Regierung das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge auf, die Flüchtlingslager Kakuma und Dadaab binnen 14 Tagen zu schliessen. Später wurde das Ultimatum zurückgezogen und die Schliessung der Lager auf Juni 2022 verschoben. In Niger griff der ISGS Siedlungen malischer Flüchtlinge in Intikane (Region Tahoua) an und tötete zahlreiche Menschen. In Tansania setzten Polizei und Geheimdienst in Zusammenarbeit mit dem burundischen Geheimdienst Flüchtlinge weiterhin mit Gewalt, willkürlichen Festnahmen, strikter Internierung und Abschiebedrohungen unter Druck, nach Burundi zurückzukehren.
Diskriminierung und Ausgrenzung
Rechte von Frauen und Mädchen
Geschlechtsspezifische Diskriminierung und Ungleichheit waren in afrikanischen Ländern nach wie vor fest verankert. Zu den grössten Problemen zählten die steigende geschlechtsspezifische Gewalt, der eingeschränkte Zugang zu Dienstleistungen und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, die anhaltende Praxis der Früh- und Zwangsverheiratung und der Ausschluss schwangerer Mädchen vom Schulbesuch.
Die im Zuge der Coronapandemie verhängten restriktiven Lockdowns trugen dazu bei, dass sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt auf dem gesamten Kontinent drastisch zunahm. In Südafrika erreichte sie ein krisenhaftes Ausmass: Die offizielle Kriminalitätsstatistik verzeichnete 2021 einen Anstieg der Sexualdelikte um 74,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allein im ersten Halbjahr 2021 wurden mindestens 117 Frauen Opfer von Femiziden.
Einige Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt führten zu öffentlichen Protesten und politischen Forderungen. Im Tschad gingen Frauen auf die Strasse und protestierten gegen sexualisierte Gewalt und eine Kultur der Straffreiheit für die Täter, nachdem in den Sozialen Medien Aufnahmen kursierten, die die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen zeigten. In Südafrika löste die Ermordung der 23-jährigen Jurastudentin Nosicelo Mtebeni durch ihren Freund Entsetzen aus. Man fand ihre zerstückelte Leiche in einem Koffer und in Plastiksäcken.
Obwohl die geschlechtsspezifische Gewalt zunahm, gab es auf dem gesamten Kontinent weiterhin nicht genügend Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten für die Überlebenden. Dasselbe galt für Leistungen und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Die Praxis der Früh- und Zwangsverheiratung bestand in vielen Ländern unverändert fort. In Namibia wurde bekannt, dass die Eltern einer Vierjährigen das Mädchen bereits zwei Jahre zuvor mit einem 25-jährigen Mann verheiratet hatten. In Äquatorialguinea war schwangeren Mädchen weiterhin der Schulbesuch untersagt. In Tansania kündigte das Bildungsministerium im November 2021 an, man werde ein entsprechendes Verbot aufheben.
In Côte d’Ivoire und Madagaskar wurden Gesetzentwürfe eingebracht, um bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Diskriminierung zu bekämpfen. Im Sudan billigte das Kabinett die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker über die Rechte der Frauen in Afrika (Maputo-Protokoll) sowie des Uno-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW). Zu den positiven Entwicklungen zählten auch ein Urteil zugunsten von Überlebenden sexualisierter, geschlechtsspezifischer Gewalt in Nigeria sowie die Begnadigung und Freilassung von zehn Mädchen und Frauen, die in Ruanda wegen Schwangerschaftsabbrüchen inhaftiert waren.
Menschen mit Albinismus
Im östlichen und südlichen Afrika mussten Menschen mit Albinismus und ihre Familien noch immer um ihr Leben fürchten. In Malawi gab es 2021 weitere gewaltsame Angriffe auf Menschen mit Albinismus. Im Februar 2021 wurde ein Mann getötet, im August fand man die Leiche eines weiteren Mannes. In Sambia verstümmelten Angreifer im Juni 2021 ein zweijähriges Kind und im Juli einen neunjährigen Jungen.
Rechte von LGBTI*-Personen
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI*) wurden nach wie vor wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität drangsaliert, festgenommen und strafrechtlich verfolgt. In der Stadt Cotonou in Benin wurden drei trans Frauen von einer Gruppe von Männern gezwungen, sich auszuziehen, und wurden anschliessend geschlagen und ausgeraubt. Aufnahmen des Übergriffs kursierten in den Sozialen Medien. Auch im Senegal wurden Angriffe auf LGBTI* gefilmt und weiterverbreitet, während konservative Gruppen Kundgebungen organisierten und forderten, einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen zu kriminalisieren. In Kamerun wurden zwei trans Frauen u. a. wegen «versuchter Homosexualität» zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt und bis zur Entscheidung im Rechtsmittelverfahren auf freien Fuss gesetzt. In Namibia wurde eine trans Frau von der Polizei beschuldigt, ihre Identität vorgetäuscht zu haben, um einer Strafverfolgung zu entgehen. Sie wurde in Gewahrsam transfeindlich belästigt. Ein neues Gesetz im nigerianischen Bundesstaat Taraba sah eine lebenslange Haftstrafe für transgeschlechtliche Personen vor.
In den kenianischen Flüchtlingslagern Kakuma und Dadaab wurden LGBTI* regelmässig schikaniert und angegriffen. Im April 2021 starb Chriton Atuherwa, nachdem er bei einem Brandanschlag im Lager Kakuma schwere Verbrennungen erlitten hatte. Sein Tod machte deutlich, dass die kenianische Regierung bei Weitem nicht genug tat, um lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Flüchtlinge vor Angriffen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zu schützen.
In Kamerun durchsuchte die Polizei die Büroräume von Colibri, einer Organisation zur HIV/Aids-Prävention und -Behandlung in Bafoussam (Region Ouest), und nahm 13 Personen fest, denen sie homosexuelle Handlungen vorwarf. Die Inhaftierten wurden zwangsweise HIV-Tests und Analuntersuchungen unterzogen, bevor man sie einige Tage später wieder freiliess. In Ghana wurde ein Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, der zum Ziel hatte, LGBTI* noch stärker zu kriminalisieren. Die Polizei durchsuchte und schloss die Büros der Organisation LGBTI* Rights Ghana und nahm 21 Aktivist*innen, die ein Seminar abhielten, wegen rechtswidriger Versammlung fest. Die Anklage gegen sie wurde später fallen gelassen. Das madagassische Innenministerium verbot eine jährlich stattfindende LGBTI*-Veranstaltung.
Positiv zu vermerken war, dass das Berufungsgericht in Botswana ein Urteil des Obersten Gerichtshofs bestätigte, dass ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt hatte, welches einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen unter Strafe stellte. In Uganda gab Cleopatra Kambugu bekannt, sie habe als erste trans Frau einen Personalausweis und einen Reisepass erhalten, in denen ihr weibliches Geschlecht eingetragen sei.
Klimawandel und Umweltzerstörung
Mehrere Länder waren von schweren Dürren betroffen, die aufgrund des Klimawandels noch extremer ausfielen als in der Vergangenheit. In Angola verursachten geringe Niederschläge die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Weil es an Nahrungsmitteln, Wasser und angemessener sanitärer Versorgung mangelte, erreichte die Unterernährung ein bisher ungekanntes Ausmass. Besonders stark betroffen waren Frauen, Kinder und ältere Menschen. Der Süden Madagaskars wurde von einer schweren Dürre heimgesucht, unter der vor allem die Menschen litten, die von Landwirtschaft, Viehhaltung und Fischfang für den Eigenbedarf lebten. Südafrika erklärte im Juli 2021 die Provinzen Ostkap, Nordkap und Westkap aufgrund der dort herrschenden Dürre zu Katastrophengebieten.
In Ländern wie Botswana, der Demokratischen Republik Kongo, Ghana, Namibia, der Republik Kongo und Südafrika gab es Kritik an der fortschreitenden Umweltzerstörung. Das kanadische Öl- und Gasunternehmen ReconAfrica erhielt in Botswana und Namibia weiterhin Lizenzen, um in ökologisch sensiblen Gebieten des Okavango-Flussbeckens Probebohrungen vorzunehmen, obwohl sich die Erkundung negativ auf das Klima und die Rechte der Bevölkerung, einschliesslich der indigenen Gemeinschaften, auswirkte, was auch vom UNESCO-Welterbekomitee kritisiert wurde. Im Süden der Demokratischen Republik Kongo kam es zu schwerer Verschmutzung der Flüsse Tshikapa und Kasaï sowie ihrer Nebenflüsse. Nach Angaben der Regierung war dafür ein Leck bei einem flussaufwärts gelegenen Unternehmen verantwortlich, das im Norden Angolas Diamanten abbaute und verarbeitete. Die Umweltkatastrophe führte zum Tod von mindestens 40 Menschen, Hunderte litten an schwerem Durchfall, und in den Flüssen existierten danach keine Lebewesen mehr.
Empfehlungen
Trotz einiger positiver Entwicklungen war 2021 ein schwieriges Jahr für die Menschenrechte in Afrika. Die Regierungen und die massgeblichen nichtstaatlichen Akteure müssen entschiedene Massnahmen ergreifen, um die vielen Probleme anzugehen, die im Laufe des Jahres deutlich wurden.
Alle an bewaffneten Konflikten beteiligten Kräfte müssen die Zivilbevölkerung schützen und insbesondere ihre gezielten und wahllosen Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur umgehend einstellen. Zudem müssen sie alles Notwendige unternehmen, um den Schutz von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen zu gewährleisten und deren uneingeschränkten Zugang zu humanitärer Hilfe, einschliesslich Nahrung, Wasser und Unterkünften, sicherzustellen.
Die Regierungen müssen ihre Bemühungen zur Bekämpfung der Straflosigkeit verstärken, indem sie völkerrechtliche Verbrechen gründlich, unabhängig, unparteiisch, wirksam und transparent untersuchen und die mutmasslich Verantwortlichen vor Gericht stellen.
Angesichts unzureichender Impfstofflieferungen sollten die Regierungen weiterhin vorrangig Risikogruppen und Menschen in schwer zugänglichen Gebieten impfen. Ausserdem müssen die Regierungen auf afrikanischer wie internationaler Ebene zusammenarbeiten, um ihre nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, und sie müssen die öffentlichen Budgets für das Gesundheitswesen offenlegen.
Die Regierungen müssen unverzüglich Massnahmen ergreifen, um die Rechte von Frauen und Mädchen auf Gleichberechtigung, Gesundheit, Information und Bildung zu schützen und ihnen ein Leben frei von geschlechtsspezifischer Gewalt und Diskriminierung zu ermöglichen. Dafür müssen sie u. a. gewährleisten, dass Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt auch während der Coronabeschränkungen Zugang zu Polizeischutz und Justiz, zu Unterkünften, Beratungsstellen und kommunalen Hilfsangeboten haben.
Die Regierungen müssen die gegen Menschenrechtsverteidiger*innen und Aktivist*innen gerichteten Repressalien und Einschüchterungen umgehend einstellen, alle gegen sie erhobenen Anklagen fallen lassen und alle, die willkürlich festgenommen oder inhaftiert wurden, unverzüglich und bedingungslos freilassen. Sie müssen die Medienfreiheit respektieren, indem sie u. a. sicherstellen, dass die Medien unabhängig arbeiten können.