Die digitale Kommunikation ist der jüngste Kampfplatz der nordkoreanischen Regierung, ihre BürgerInnen zu isolieren und Informationen über die Situation der Menschenrechte im Land zu vertuschen. NordkoreanerInnen dürfen internationale Gespräche nur mit überwachten Festnetztelefonen führen. Der nordkoreanische Mobiltelefonservice funktioniert nur im Inland. Zugriff auf das World Wide Web haben ausschliesslich AusländerInnen und einige wenige privilegierte BürgerInnen.
«Kim Jong-un ist ein Heuchler, wenn er Überwachung mit seinem Kampf gegen den ‹Virus des Kapitalismus› rechtfertigt. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass Menschen eingesperrt werden, nur weil sie versuchen, einem grundlegenden menschlichen Bedürfnis nachzugehen: mit ihrer Familie oder ihren Freunden und Freundinnen in Verbindung zu bleiben», sagt Arnold Fang, Experte für Ostasien bei Amnesty International.
Gefährliche Telefonate
Die meisten Menschen, die aus Nordkorea fliehen, haben keine Möglichkeit, zu ihren Familien nach Hause zurückzukehren. Oft leben beide Seiten mit der Unsicherheit, ob ihre Lieben leben oder tot sind, oder ob sie von den Behörden eingesperrt wurden. Mit chinesischen Handys, die von HändlerInnen eingeschmuggelt und privat auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden, haben NordkoreanerInnen die Möglichkeit, geflohene Angehörige und FreundInnen zu kontaktieren. Allein, wer es versucht, begibt sich in Gefahr, von den Behörden überwacht und verhaftet zu werden.
Wobei das Telefonieren mit sich im Ausland befindenden Personen nicht per se illegal, aber mit nordkoreanischen Mobiltelefonen eben unmöglich ist. Verboten ist der private Handel mit Mobilfunkgeräten aus anderen Ländern. Einzelpersonen, die Anrufe auf verbotenen chinesischen Handys empfangen, können wegen Landesverrats angeklagt werden. Unabhängig vom Inhalt des Gesprächs. Daher machen sich viele NordkoreanerInnen auf den Weg zur chinesischen Grenze, um sich direkt in das chinesische Telefonnetz einzuwählen. «Ich wollte noch einmal die Stimme meines Vaters hören, um sicher zu sein, dass er am Leben ist», erzählt Choi Ji-wool, die eine gefährliche Reise in die Berge unternahm, um ihre Eltern anzurufen.
Hoher Preis
Um nicht entdeckt zu werden, halten die Menschen Gespräche ins Ausland kurz, verwenden Pseudonyme oder machen sich auf den Weg in entlegene Bergregionen. Häufig treten im Ausland lebende Angehörige über einen «Vermittler » mit FreundInnen oder Verwandten in Nordkorea in Kontakt. Das ist jemand, der ein chinesisches Handy besitzt. Die Kosten für einen solchen Vermittler sind hoch, 1000 US-Dollar sind keine Seltenheit. Neben der anspruchsvollen modernen Technik bleibt die alltägliche Überwachung und Bespitzelung von Person zu Person bestehen. Jong-hee, der Nordkorea 2014 verliess, berichtet: «Alle beobachten sich gegenseitig. Es fördert ein Klima der Angst, wenn man sich seiner Freunde nicht mehr sicher sein und diese von Feindinnen nicht mehr unterscheiden kann.»