Sommer 2013. Das Militär hat Präsident Mursi entmachtet. GegnerInnen der Muslimbrüder jubeln, deren Proteste werden blutig niedergeschlagen. Am Anfang von «Clash» steht die Verhaftung des Journalisten Adam und seines Fotografen Zein. Die beiden werden in einen Kastenwagen gesteckt. AnhängerInnen des Militärs werfen Steine auf diesen Kastenwagen – weil sie meinen, Adam und Zein seien Muslimbrüder. Die Polizei verhaftet auch die Steinewerfenden – weil sie sie für Muslimbrüder hält. Zerrbilder und Missverständnisse. Der Gefangenentransport fährt los und gerät in Zusammenstösse zwischen AnhängerInnen der Muslimbrüder und der Sicherheitskräfte. Einige Demonstrierende werden in den Kastenwagen gepfercht. Zwei Jahre nach den grossen Hoffnungen von 2011 und dem Ruf nach Freiheit auf dem Tahrir-Platz zeigen sich nun die tiefen Risse und die Unversöhnlichkeit in der ägyptischen Gesellschaft.
«Der Kastenwagen ist eine Metapher für Ägypten: Am Anfang der Revolution waren wir alle zusammen, heute sind wir gespalten», so Regisseur Mohamed Diab anlässlich der Premiere von «Clash» in der Westschweiz gegenüber der Zeitung «Le Courrier». So gespalten, dass viele ÄgypterInnen heute die Tyrannei und die Anwendung von Folter akzeptieren.
Es besteht kein Zweifel: Auch bei Mohamed Diab ist nicht viel geblieben von der Euphorie von 2011. Gibt es Hoffnung? «Clash» lässt Momente der Menschlichkeit aufblitzen, ganz leise in den lauten Tumulten der «Clashes» inner- und ausserhalb des Kastenwagens: Die säkular eingestellte Krankenschwester verarztet einen Muslimbruder. Die Insassen lösen sich ab am Platz am Fenster, sodass alle einmal frische Luft schnappen können. Jemand repariert das einzige Handy, damit ein anderer einen einflussreichen General anrufen kann. Der Komödiant mit der Salatschüssel auf dem Kopf stimmt ein melancholisches Lied an.
«Clash» ist durchaus ein politischer Film. So sind die Parallelen zum ägyptisch- kanadischen Al-Jazeera-Journalisten Mohamed Fahmi und dem Fotojournalisten «Shawkan» offensichtlich. Letzterer ist seit bald drei Jahren im Gefängnis, weil er Polizeigewalt dokumentierte. Amnesty hatte sich zuletzt im Rahmen des Briefmarathons für seine Freilassung eingesetzt. «Clash» ist aber vor allem ein Film über das, was Menschlichkeit ausmacht. Zurück bleiben Ratlosigkeit, Trauer, Nachdenklichkeit – und vielleicht ein Funken Hoffnung, der sich an den kleinen Zeichen von Mitgefühl nährt, welche die tiefen Gräben zwischen den Insassen ab und an zu überwinden vermögen.