Wenn Rebeca Lane irgendwo ein Konzert gibt, wo sie noch nie zuvor aufgetreten ist, ob vor Studierenden in den USA oder in einem Club in Berlin, dann bietet sie vor Beginn gern einen Workshop an, um über die aktuelle Situation in Guatemala zu informieren. «Ich möchte meine Musik in einen Kontext setzen», erklärt sie nach ihrem ersten Auftritt in Berlin im Foyer ihres Backpacker- Hotels. «Und dazu gehört, dass Zentralamerika für Frauen eine der gefährlichsten Gegenden der Welt ist. Guatemala weist eine der höchsten Raten an Frauenmorden weltweit auf.»
Tough und intellektuell
Rebeca Lane ist klein und hat schwarze Locken, trägt einen Nasenring und Tätowierungen auf Armen und Beinen, häufig einen Trainingsanzug und manchmal eine Brille. Damit wirkt sie zugleich street tough und intellektuell, und das ist sie auch, denn die 32-Jährige ist nicht nur Rap-Poetin und Aktivistin, sondern auch studierte Soziologin. Mit ihren Songs erhebt sie die Stimme gegen diese geschlechtsspezifische Form der Gewalt, für die es heute sogar ein eigenes Wort gibt: Femizid.
«Ich war bloss ein Hip-Hop-Fan, der an Festivals teilgenommen und sich viele Jahre in der Szene engagiert hat», erzählt sie. «Dann habe ich Soziologie studiert und Essays über die Hip-Hop-Kultur verfasst, bekam eine eigene Radio-Sendung, und so wurde ich bekannt.» Doch seit sie sich als Feministin bezeichnet, wird sie von der Hip-Hop-Community in Guatemala geschnitten und nicht mehr auf deren Festivals und Events eingeladen. Dafür erfährt sie viel Zuspruch von Frauengruppen, Feministinnen und dem Rest der Musikszene. «Auch im Ausland habe ich viele Fans, bekomme viel Liebe und Aufmerksamkeit», sagt Rebeca Lane.
Erinnerung an den Bürgerkrieg
Bekannt wurde Rebeca Lane mit dem Song «Cumbia de la Memoria», der an die Verbrechen während des 36 Jahre wütenden Bürgerkriegs und die Massaker an der indigenen Maya-Bevölkerung erinnert. Obwohl der Bürgerkrieg in Guatemala offiziell 1996 endete, sind diese Verbrechen nie aufgearbeitet, geschweige denn gesühnt worden. Auch eine Tante von ihr wurde 1981 entführt und blieb seitdem verschwunden. Der Song findet sich auch auf ihrem neuen Album «Alma Mestiza» («Mestizo-Seele»), neben Emanzipationshymnen wie «Este cuerpo es mío» («Dieser Körper gehört mir») und der Reggae-Ballade «Desapericidxs», einer Ode an die «Verschwundenen». Bewusst greift Rebeca Lane für ihren melodischen Hip-Hop auf indigene und andere lokale Einflüsse zurück.
«Ich bringe das afro-lateinamerikanische Erbe zurück in die Hip-Hop-Musik», erklärt sie selbstbewusst. «Wir haben in Lateinamerika eine so reiche Tradition, unsere ganze Musik ist eine Musik des Widerstands.»