«Das alles», sagt Sade Marika und macht dabei eine ausschweifende Armbewegung. «Dieses ganze Land gehört nun Kiribati.» Das Gebiet, über das der drahtige Mann blickt, reicht vom einige Kilometer entfernten Südpazifik bis hin zu den wolkenverhangenen Berggipfeln, die auf der anderen Seite in etwa gleicher Entfernung in den Himmel steigen. Dazwischen ist vor allem dichter Urwald.
Mehr als 2000 Hektar umfasst das Stück Land, das entspricht etwa der Fläche von Liestal. Der kleine Inselstaat Kiribati hat das Gebiet vor vier Jahren im Fidschi-Inselreich gekauft. Auf Fidschi sind hauptsächlich die küstennahen Gemeinden vom steigenden Meeresspiegel betroffen, während sich die zerklüfteten Vulkanberge im Innern der beiden Hauptinseln auf über 1300 Meter erheben. Auf den Atollen Kiribatis hingegen ist alles küstennah – und vor allem maximal ein paar Meter über dem Meeresspiegel. Das Leben dort wird für die knapp 115'000 EinwohnerInnen immer schwieriger. Das steigende Meer drängt die Menschen zunehmend auf dem ohnehin knappen Land zusammen und lässt das Trinkwasser versalzen.
Grosse Pläne
Sade Marika ist der Dorfvorsteher der 270-Seelen-Gemeinde Naviavia auf Fidschi. Das Dorf ist eingerahmt von Kokospalmen und einem kleinen Fluss. Ein paar Männer haben sich in der Abendsonne zum Palavern versammelt. Rundherum zwitschern die Vögel. Kinder warten auf das Nachtessen, während ein Dutzend junger Männer Rugby spielen.
Doch die Zukunft ist ungewiss. Denn die kleine Gemeinde liegt mitten in dem Gebiet, das jetzt dem Staat Kiribati gehört. Und der hat hier viel vor. «Man hat uns gesagt, sie werden hier Landwirtschaft betreiben, vor allem Maniok und andere Wurzeln anbauen», erklärt Sade Marika. Fragt man Reteta Rimon, Kiribatis Botschafterin in Fidschi, dann erfährt man, dass das wohl nur ein Teil der Wahrheit ist. «Es gibt Überlegungen, unseren Fischereisektor auszubauen», sagt die elegante Dame. Die 33 Inseln und Atolle, aus denen Kiribati besteht, sind über eine Fläche von 3,5 Millionen Quadratkilometern verteilt, dazwischen liegen einige der reichsten Thunfischfanggebiete des Pazifischen Ozeans. Kiribati verpachtet zwar die Fanglizenzen, aber den grossen Profit machen andere. Die Regierung liebäugelt deshalb mit einer eigenen Hochseefischfangflotte und Fischereiindustrie. Aber dafür braucht es Platz, grosse Mengen Süsswasser und andere Rohstoffe. Alles Dinge, die auf Kiribati selbst nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen, die es aber rund um Naviavia gibt.
Dort übt man sich noch in vorsichtigem Optimismus. «Wir hier im Pazifik sind doch irgendwie alle vom selben Schlag», sagt Efraimi Tangenagitu. Aber sein rundes Gesicht wirkt etwas angespannt. Als die Pläne Kiribatis den DorfbewohnerInnen unterbreitet wurden, gab es Bedenken, ob das Zusammenleben gut klappen würde, schon allein wegen der unterschiedlichen Sprachen. Gefragt, ob sie mit dem Verkauf einverstanden sind, wurden sie hier sowieso nie. Das Land gehörte der anglikanischen Kirche. Die hatte den BewohnerInnen von Naviavia lediglich ein Nutzungsrecht eingeräumt. Nach dem Verkauf bleiben ihnen jetzt noch gut 120 Hektar zur Bewirtschaftung. Das Leben wird sich hier durch den Klimawandel grundlegend ändern.