Seitdem ich eine Tochter habe, habe ich mich ab und zu wie eine Flipperkugel gefühlt, hin- und hergeschleudert, bis ich am Ende in einem Loch versank. Erstmals fand ich mich derart seltsam taumelnd, als ich aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkehrte: Da fragte mich einer unumwunden, was ich nun sei: Mutter oder Redaktorin? Ich verstand nicht, was er meinte. War denn nicht einfach etwas dazugekommen? Ein Teil von mir, der mit meiner beruflichen Identität bloss insoweit zu tun hatte, dass ich mein Arbeitspensum deswegen reduzierte, auf 60 Prozent – aber damit doch ganz bestimmt nicht meinen Elan.
Verblüfft erwiderte ich, dass ich mit mehr Freude denn je ins Büro käme, froh, für Stunden von der Verpflichtung befreit zu sein, jede Minute über mein so verletzliches Baby mit Adleraugen und -schwingen zu wachen.
Im Nachhinein war das der Auftakt zu einem grösseren Unterfangen: Fortan ging es nicht nur darum, nachzuweisen, dass ich meinen Job noch immer beherrschte, sondern auch darum, mein Muttersein im Job möglichst gut zu kaschieren. Zum Beispiel mich und die Kollegen glauben zu machen, dass ich alle Zeit der Welt hatte, bevor ich in ein so veraltetes Gedankenkonstrukt wie den Feierabend ging. Das schloss ein, dass ich einerseits willens sein musste, meinen Alltag mindestens in den vier ersten Lebensjahren meiner Tochter wie den Marshallplan zu organisieren, andererseits diesen jederzeit umzustossen, sobald etwas meine Pläne durchkreuzte. Dies konnte durch das Hochschnellen des Fieberthermometers unter der kindlichen Achsel passieren oder nur dadurch, dass die Krippe, für die ich nahezu ein Drittel meines Salärs hinblätterte, zumachte.
Der Stechschritt wurde zu meinem Alltagstempo. Dass ich zugleich lichtschnell in jene Zone unterwegs war, die mit geschlechtsbedingten Stolpersteinen gepflastert war, wurde mir erst bewusst, als ich Jahre später anfing, wieder Atem zu schöpfen. Eine britische Studie ergab, dass das Lohngefälle zwischen Mann und Frau in den beruflichen Biografien von Frauen an zwei Zeitpunkten besonders aufklafft: einmal wenn sie Mütter werden, zum zweiten Mal wenn sie wieder Töchter sind – sich um ihre alten Eltern kümmern.
Doch es bringt nichts, darüber still zu klagen. Es bringt allerdings genauso wenig, die permanente Anstrengung, die es in der Schweiz nach wie vor bedeutet, eine berufstätige Mutter zu sein, als Privatsache abzutun. Weil es keinesfalls von der einzelnen Mutter abhängig ist, von ihrem persönlichen Geschick und/oder ihrer Ambition, ob es gelingt oder nicht, sondern einzig davon, dass man es endlich, endlich zur Gemeinschaftsanstrengung erklären muss: Erst dann nämlich wird es möglich werden, dass man beides schaukeln kann.