Das wird kein gutes Jahr, prophezeiten manche schon im Frühling. Und tatsächlich wurde vieles, das man zuvor nicht für möglich gehalten hatte, im Laufe der letzten Monate schockierende Realität: Millionen Menschen haben ihr Leben, ihre Liebsten, ihre Arbeit, ihr Zuhause, ihren Lebenstraum verloren. Unzählige Menschen kämpfen mit den Folgeschäden der Covid-19-Erkrankung, der Rückkehr traditioneller Rollenbilder und den psychischen Folgen der wochen-, teilweise monatelangen Isolation, Überforderung und Überarbeitung. Wenn wir diese Zeilen schreiben, ist das, was dieses Jahr passiert ist, in vielerlei Hinsicht nach wie vor unfassbar. Doch eines scheint klar: 2020 war kein gutes, nein, es war ein irres Jahr.
Und trotzdem gibt es in diesem Jahr auch Gutes: Menschen, die sich trotz – oder gerade wegen – der Krise für andere und deren Rechte einsetzen. Manchmal mit kleinen Gesten oder gegen grossen Widerstand, mit langem Atem und viel Kreativität. In all den schlechten Nachrichten gingen dieses Jahr positive Entwicklungen manchmal unter. Dem wollen wir gegensteuern. In dieser Ausgabe, die wir gemeinsam mit unseren KollegInnen aus Deutschland und Österreich produziert haben, stellen wir Beispiele vor, die uns hoffnungsvoll stimmen. Denn Covid-19 hat auch gezeigt: Wir müssen nicht so weitermachen wie bisher, wir können für die Zukunft andere Entscheidungen treffen.
Viele Menschen haben nach Ausbruch der Krise selbst angepackt und anderen Hoffnung, Halt und Hilfe gegeben.
Zum Beispiel können wir uns dafür entscheiden, Menschen, die obdachlos sind oder vertrieben wurden, jene Sicherheit zu bieten, die wir für uns selbst und für unsere Liebsten wünschen. Viele Menschen haben nach Ausbruch der Krise selbst angepackt und anderen Hoffnung, Halt und Hilfe gegeben. Wir berichten über Menschen, Gruppen und Projekte, die sich durch Solidarität, Menschlichkeit und gegenseitige Unterstützung auszeichnen. Manche hat die Pandemie zu ihrem Engagement bewegt, andere sind seit Jahrzehnten aktiv für das Wohl anderer und haben sich auch dieses Jahr nicht davon abhalten lassen. Für viele sind wegen Covid-19 die Grund- und Menschenrechte und die Eingriffe in ebendiese so spürbar geworden wie vielleicht noch nie zuvor. Dass sich ein kritischer Blick auf Überwachung und der Einsatz von Technologie nicht ausschliessen, zeigt das seit mehr als zwei Jahren im Einsatz stehende Evidence Lab von Amnesty International. Zum Abschluss wehrt sich der Philosoph Wilhelm Schmid im Interview gegen einen «Totalitarismus der guten Laune» und erklärt, warum die Corona-Krise bei allem Übel auch etwas Positives bewirken kann.
2020 mag kein gutes Jahr gewesen sein. Doch mit guten Entscheidungen können wir dafür sorgen, dass die kommenden Jahre besser werden. Denn nicht zuletzt hat sich in diesem irren 2020 auch gezeigt, wie fundamental Menschenrechte unseren Alltag berühren und dass Freiheit, der Schutz von Leben und Gesundheit, das Recht auf Privatsphäre und Informationen nicht selbstverständlich sind. Wir können uns in Zukunft für eine Politik entscheiden, die genau das anerkennt und unsere Rechte in den Mittelpunkt stellt.
Zu den Beispielen von Engagements trotz oder gerade wegen Corona aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich.