Seit den umstrittenen und mutmasslich gefälschten Präsidentschaftswahlen im Sommer 2020 hat eine massive Welle der politischen Repression Belarus erfasst. Alexander Lukaschenko will auch nach fast 27 Jahren nicht von der Macht lassen. Sein Sicherheitsapparat geht erbarmungslos gegen die friedlichen Proteste vor. Mehr als 33'000 Menschen wurden allein im Jahr 2020 willkürlich festgenommen. Das belarussische Menschenrechtszentrum Viasna hat mehr als 1000 Fälle staatlicher Folter dokumentiert. Die Bilder der Misshandelten sind kaum zu ertragen und zeigen Körper mit Blutergüssen, Wunden, Schwellungen und Knochenbrüchen.
Die bis heute andauernden Proteste haben das gesamte Land, alle Gesellschaftsschichten und Generationen erfasst. Rentner*innen, Menschen mit Behinderung, Studierende, Ärzt*innen oder Arbeiter*innen – sie alle organisieren regelmässig Demonstrationen und Streiks. Nach den Grosskundgebungen der ersten Monate hat sich die Form der organisierten Proteste im Winter 2020 verändert. Um den Sicherheitskräften Verhaftungen zu erschweren, treffen sich die Menschen nun zu Hunderten in ihren Quartieren zu Protest-Spaziergängen statt zu einer Grosskundgebung. Es vergeht in Belarus kein Tag, ohne dass an unzähligen Orten im ganzen Land gegen das Lukaschenko- Regime demonstriert wird.
All das begann im vergangenen Sommer, als Zehntausende zu den Wahlveranstaltungen der oppositionellen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja strömten, die sich mit Weronika Zepkalo und Maria Kolesnikowa verbündet hatte. Diese drei Frauen wurden quasi über Nacht zu Hoffnungsträgerinnen für ein Ende der Diktatur und einen demokratischen Neuanfang. Die kilometerlangen Schlangen vor den Wahllokalen machten den Wunsch nach Veränderung für alle Welt sichtbar. Das Lukaschenko- Regime holte umgehend zum gewaltsamen Gegenschlag aus. Zepkalo hatte bereits kurz vor den Wahlen das Land verlassen müssen, Tichanowskaja wurde kurz danach ins Exil nach Litauen gezwungen. Kolesnikowa widersetzte sich Anfang September ihrer zwangsweisen Ausschaffung und zerriss ihren Pass an der Grenze zur Ukraine. Seitdem ist sie als eine der politischen Gefangenen inhaftiert.
Bereits einen Tag nach der Verhaftung von Maria Kolesnikowa hatte sich Claudia Roth, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, dazu bereit erklärt, eine Gefangenen-Patenschaft für Kolesnikowa zu übernehmen. Wie sie haben bereits über 170 Abgeordnete aus 13 Ländern Patenschaften für politische Gefangene in Belarus übernommen, um deren Freilassung zu fordern. Unter dem Motto #WeStandBYyou machen die Abgeordneten darauf aufmerksam, das hinter jeder Gefangenenstatistik einzelne Schicksale stehen, einzelne Menschen mit all ihren Hoffnungen und Ängsten, ihren Familien und Freund*innen − und mit dem Wunsch nach Freiheit und Achtung der Menschenrechte in einem demokratischen Belarus.
Auf www.libereco.org finden Sie mehr Informationen zu den Gefangenen-Patenschaften sowie eine Postkarten-Aktion für die politischen Gefangenen.