Der Kühlschrank ist gut gefüllt, im Ofen backen die ersten Weihnachtsguetzli. In der Schweiz ist es für die meisten selbstverständlich, stets Zugang zu ausreichend Nahrungsmitteln zu haben. Doch leiden weltweit noch immer über 811 Millionen Menschen an Hunger. Der Klimawandel droht die Situation noch zu verschärfen, da die Lebensmittelproduktion durch die klimatischen Veränderungen stark beeinträchtigt wird. Das Welternährungsprogramm geht davon aus, dass bis 2050 zwanzig Prozent mehr Menschen an Hunger und Unterernährung leiden werden als heute.
Dabei ist das Recht auf Nahrung ein fundamentales Menschenrecht. Laut Artikel 11 im internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat jeder Mensch einen grundlegenden Anspruch auf ausreichende Ernährung. Wie der Uno-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in den Anmerkungen zum Pakt schreibt, geht es nicht nur darum, keinen Hunger leiden zu müssen. Jeder Mensch habe das Recht, Nahrungsmittel zu erschwinglichen Preisen erstehen zu können, die gesund und kulturell akzeptabel sind.
Die Staaten dürfen den Zugang zu Nahrungsmitteln nicht behindern und müssen sicherstellen, dass auch niemand anderes dies tut. Sind Menschen nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen – zum Beispiel bei einer Naturkatastrophe oder einer Krise – muss der Staat Hilfe leisten.
Das Recht auf Nahrung wird nicht nur dann verletzt, wenn der Zugang zu Nahrung direkt verweigert wird – so in Konflikten, indem beispielsweise humanitäre Hilfe behindert wird. Auch wenn aufgrund der Hautfarbe, der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts oder anderer Merkmale Nahrungsmittel verweigert oder eingeschränkt werden, ist dies eine Menschenrechtsverletzung. So sind weltweit insbesondere Frauen überproportional von Ernährungsunsicherheit betroffen, weil sie unter anderem beim Zugang zu Land und Krediten diskriminiert werden. Frauen arbeiten auch häufiger in schlecht bezahlten Jobs und sind einem geschlechtsspezifischen Lohngefälle ausgesetzt.
Wo eine ausreichende soziale Sicherheit fehlt, werden Nahrungsmittel für Menschen, die in Armut leben, oft unerschwinglich. Die Staaten sind verpflichtet, alles zu tun, um das Recht auf Nahrung garantieren zu können; sie müssen dem Kampf gegen die Ursachen von Ernährungsunsicherheit höchste Priorität einräumen.
Wenig Produktives vom Ernährungsgipfel
Warum hungern immer mehr Menschen, obwohl mehr Lebensmittel produziert werden als je zuvor? Im September setzte sich der Ernährungsgipfel des Uno-Generalsekretärs (UNFSS) in New York mit dieser Frage auseinander. Nach Ansicht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, António Guterres, sollte das Treffen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Uno-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Doch schon vor dem Gipfel hagelte es Kritik, denn er wurde vom World Economic Forum (WEF) organisiert. Bemängelt wurde, dass globale Konzerne im Fokus stünden, während die Perspektiven hungernder und von Armut betroffener Menschen missachtet würden. Zahlreiche NGOs hatten ihre Teilnahme an einem Vorbereitungstreffen im Sommer deswegen abgesagt.
Welche Ergebnisse brachte der Gipfel? Jedes Land soll für sich Schwachstellen im Ernährungssystem identifizieren und nationale Aktionspläne aufstellen. NGOs, multinationale Konzerne und andere Akteure sollen aufzeigen, wie sie daran mitwirken wollen, dass sich das Ernährungssystem verbessert. Dies geschieht jedoch freiwillig, es gibt keine Verpflichtung.
Die Welthungerhilfe zieht eine zwiespältige Bilanz: «Allein schon die Tatsache, dass sich eine Vielzahl von Akteuren erstmals auf höchster Ebene mit ‹Ernährungssystemen› beschäftigte, ist ein Erfolg», teilte die Organisation mit. Sie kritisierte jedoch, dass der Blick auf das grosse Ganze fehle: «Zwar ist es wichtig und richtig, kontextspezifische Lösungen zu entwickeln, der einseitige Fokus auf Nationalstaaten ignoriert jedoch globale Zusammenhänge.» Ausgeblendet worden seien auch die Machtverhältnisse im globalen Handels- und Finanzsystem.