Oft finden diese Debatten aber ohne die Stimmen von Sexarbeiter*innen statt. «Der weibliche Körper darf nicht käuflich sein», lautet eines der Argumente, das in diesem Zusammenhang oft zu hören ist. Das finde ich auch. Das finden vor allem auch Sexarbeiter* innen. Aber ist legale Sexarbeit wirklich mit dem Verkaufen des Körpers gleichzusetzen?
Eine der Sexarbeiter* innen, die bei unserem Stück mitwirkten, lachte bloss darüber und meinte, sie verkaufe eine zeitlich begrenzte Dienstleistung, sicher nicht ihren Körper! Sie kann das sehr wohl differenzieren. Sexarbeit ist eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen, und sie hat sich dafür entschieden. Natürlich hätte sie sich auch für eine Altenpflegestelle in einem Privathaushalt entscheiden können oder für die Traubenlese oder für nächtliche Büroreinigung. Viel anderes wäre ihr als Migrantin nicht zur Auswahl gestanden.
Sexarbeit empfindet sie nicht als schlimm, die Diskriminierung und Stigmatisierung durch die Gesellschaft, die damit einhergehen, allerdings schon. Ein Sexkaufverbot, wie es in vielen Ländern unter dem Vorwand, damit Frauen beschützen zu wollen und Menschenhandel vorzubeugen, eingeführt wurde, hat zur Folge, dass Sexarbeiter*innen wie sie ihrer Arbeit im Versteckten nachgehen müssen. Damit sind sie jedoch umso mehr rechts- und schutzlos kriminellen Strukturen ausgeliefert. Denn letztlich ist jede Form der Kriminalisierung schädlich für Sexarbeiter*innen, auch wenn sie «nur» den Kund*innen gilt.
Wir entladen die Diskussion lieber am weiblichen Körper, denn diesen glauben wir immer noch beherrschen zu können.
Es findet tatsächlich Menschenhandel im Zusammenhang mit Sexarbeit statt, aber das ist auch in anderen Branchen der Fall: im Baugewerbe, in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe. Doch darüber wird nicht so emotional debattiert, und genau das sollten wir tun. Aber auf die Erdbeeren im Winter wollen wir nicht verzichten und auf die schnelle Autobahn in den Süden auch nicht.
Wir entladen die Diskussion lieber am weiblichen Körper, denn diesen glauben wir immer noch beherrschen zu können. Das Deckmäntelchen der Moral legen wir als Tarnung darüber und meinen es doch nur gut. White Feminism!
Der gleiche Mechanismus lässt sich bei der Abtreibungsregulierung beobachten: In einer patriarchalen, neoliberalistischen Haltung hat weibliche Selbstbestimmung keinen Platz, ob es nun um Sexarbeit, Abtreibung oder das Tragen eines Kopftuchs geht.
Verbote um den weiblichen Körper dienen als Regulierungsinstrumente einer patriarchalen Gesellschaft, und wie schon Simone de Beauvoir bemerkte, sind die Rechte der Frau nie selbstverständlich, denn es bedarf immer bloss einer politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Krise, um sie wieder infrage zu stellen.