Waldbrand in einem indigenen Gebiet im Bundesstaat Mato Grosso in Brasiliens Amazonasgebiet, 23. August 2019: Für die illegale Viehzucht wird oft Brandrodung eingesetzt. © Marizilda Cruppe/Amnesty International
Waldbrand in einem indigenen Gebiet im Bundesstaat Mato Grosso in Brasiliens Amazonasgebiet, 23. August 2019: Für die illegale Viehzucht wird oft Brandrodung eingesetzt. © Marizilda Cruppe/Amnesty International

MAGAZIN AMNESTY Amnesty-Magazin August 2022: Indigene Völker Weltweit bedroht

Erschienen in «AMNESTY – Magazin der Menschenrechte» vom August 2022.
Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und weitere ökonomische Interessen haben für die indigene Bevölkerung oft die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage und ihre Unterdrückung oder Vertreibung zur Folge.
«Keinen Millimeter mehr» für Indigene

In Brasilien gibt es rund 900 000 Indigene; rund 14 Prozent der Fläche Brasiliens sind als Schutzgebiete deklariert. Das heisst, der Abbau von Bodenschätzen wäre dort verboten, und bei Infrastrukturprojekten müssten die Indigenen konsultiert werden. Dennoch werden die Gebiete der Indigenen von Holzfäller*innen, Goldsuchenden, Viehzüchter*innen und anderen heimgesucht, die häufig illegal arbeiten. Sie schleppen auch Krankheiten – zuletzt das Coronavirus – in die Gebiete ein. Gewaltsame Übergriffe gegen die Indigenen – darunter Mord und Vergewaltigung – nehmen stark zu. Allein im Jahr 2020 gab es 182 Todesopfer. Präsident Bolsonaro möchte diese Gebiete wirtschaftlich ausbeuten können – so hatte er schon im Wahlkampf gedroht: «Wenn ich Präsident werde, wird es keinen Zentimeter indigenes Gebiet mehr geben.» Später korrigierte er, er habe Millimeter gemeint. Während seiner Amtszeit hat die Abholzung am Amazonas deutlich zugenommen, auch weil die Umweltschutzbehörden geschwächt wurden. Ein umstrittenes Gesetzesvorhaben soll nun in den indigenen Gebieten Bergbau, Abholzung und Agrobusiness erlauben.  Damit würden Minentätigkeiten in Schutzgebieten zugelassen, und das Mitspracherecht der Indigenen würde beschnitten. Eine weitere Gesetzesinitiative, PL 2633, wurde bereits von der Abgeordnetenkammer verabschiedet. Sollte auch der Senat zustimmen, wäre die nachträgliche Legalisierung von Landraub möglich.

Vertreibung für Jagd in Tansania

Mehr als 7000 Massai droht die Vertreibung: Die Regierung Tansanias will Platz für ein Tourismusprojekt schaffen. Das  Gebiet Loliondo im nördlichen Ngorongoro-Distrikt in Tansania grenzt im Westen an den Serengeti- Nationalpark und im Süden an das Ngorongoro- Schutzgebiet. 1992 verpachtete die tansanische Regierung die gesamte «Loliondo-Division» als Jagdgebiet an ein Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Als tansanische Sicherheitskräfte am 9. Juni 2022 mit der Grenzziehung begannen, protestierten Mitglieder der Massai-Gemeinschaft. Die Sicherheitskräfte gingen massiv gegen die Demonstrant*innen  vor. Medienberichten zufolge wurden Dutzende verletzt, unter anderem durch Schusswaffen, andere wurden  ohne Anklage inhaftiert. Der jüngste Einsatz der Sicherheitskräfte ist der vierte Versuch, die Massai, die von der Viehzucht leben, von ihren Weideplätzenzu vertreiben.

Gold-Rush in Indonesien

Auf Papua liegt im Wabu-Block, im zentralen Hochland, eines der grössten Goldvorkommen Indonesiens. In dieser waldigen Region leben unterschiedliche indigene Völker. Im Bericht mit dem Titel «Gold Rush» dokumentiert Amnesty  einen dramatischen Anstieg der Gewalt in den letzten zwei Jahren, einschliesslich Fällen von aussergerichtlichen  Tötungen und grösseren Bewegungseinschränkungen für indigene Papuas. Die Ankündigung der indonesischen Regierung, das riesige Goldvorkommen abzubauen, stellt ein erhebliches Risiko für die Menschenrechte der Papuas dar, die bereits durch die zunehmende Präsenz der Sicherheitskräfte in ihrem Leben und Alltag eingeschränkt sind und sich bedroht fühlen.